Ton um Luzerner Finanzreform wird immer rauer

«Das Gejammer stimmt uns nachdenklich»

In der Luzerner Politik geht es wieder einmal um viel Geld. Entsprechend verhärtet sind deshalb die Fronten. (Bild: AdobeStock)

Das Bundesgericht hat den Kanton Luzern bei der Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18) in einem wichtigen Punkt zurückgepfiffen. Einzelne Gemeinden wollen nun viel Geld. Entsprechend rau wird der Umgangston – sowohl zwischen den Gemeinden als auch den Parteien.

Nach dem Bundesgerichtsurteil zur Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18) des Kantons Luzern fordern die Gemeinden, die gegen den darin verordneten Steuerfussabtausch geklagt und Recht bekommen haben, eine finanzielle Entschädigung vom Kanton. Zudem kritisieren sie Finanzdirektor Reto Wyss (CVP) für dessen Einschätzung des Verdikts aus Lausanne stark (zentralplus berichtete).

Konkret fordern die Gemeinden – unter anderen die Stadt Luzern –, dass sie künftig 50 Prozent der Einnahmen durch die Sondersteuern des Kantons erhalten. Zudem wollen sie am Kantonsanteil der direkten Bundessteuern beteiligt werden – und zwar mit der Hälfte der Mehreinnahmen, die seit der nationalen Steuerreform (Staf) bei den Kantonen anfallen. Die kantonale AFR18 und die nationale Staf waren vom Volk im Mai 2019 angenommen worden.

GLP vermisst den Respekt seitens des Kantons

Nachdem das Bundesgericht entschieden hat, liegt der Ball also bei der kantonalen Politik. Eine Umfrage bei den Parteien zeigt, dass die Meinungen meilenweit auseinanderklaffen, was die Forderungen der Nein-Gemeinden betrifft. Und wie so oft, wenn es um viel Geld geht, wird der Umgangston auch in diesem Fall rauer.

«Dass der Finanzdirektor den Entscheid des Bundesgerichts zum Steuerfussabtausch quasi als Schönheitsfehler abtut, zeugt von eher wenig Respekt gegenüber den klagenden Gemeinden.»

Claudia Huser, Fraktionschefin GLP

Gross ist der Ärger bei den Grünliberalen: «Wir hatten den Eingriff in die Gemeindeautonomie schon vor der Abstimmung über die AFR18 kritisiert. Dass einzelne Gemeinden nun so reagieren, ist deshalb verständlich», sagt Fraktionschefin Claudia Huser.

Vor allem ärgert sie sich über die Kommunikation von Finanzdirektor Reto Wyss: «Dass der Finanzdirektor den Entscheid des Bundesgerichts zum Steuerfussabtausch quasi als Schönheitsfehler abtut, zeugt von eher wenig Respekt gegenüber den klagenden Gemeinden», so Huser. Sie vermisse eine Diskussion auf Augenhöhe.

Rasches Handeln gefordert

Ins gleiche Horn stösst SP-Kantonsrat Michael Ledergerber: «Die Gemeinden sind durch die AFR18 finanziell sehr stark gefordert. In dieser Situation sind ihre Ansprüche nachvollziehbar und zu unterstützen.» Denn durch den verfassungswidrigen Eingriff in die Steuerautonomie der Kommunen seien diese überhaupt in die Situation geraten. Die zwei Forderungen nennt Ledergerber «pragmatische Massnahmen», die sofort umgesetzt werden könnten.

Auch die Grünen erachten die Forderungen insofern als angemessen, als die Nein-Gemeinden während der Ausarbeitung der Reform ihre Bedenken erfolglos eingebracht hätten, sich aber gegen die grosse Anzahl der Landgemeinden nicht hätten durchsetzen können. Parteipräsident Maurus Frey glaubt im Zuge der AFR18 deshalb einen Graben zwischen der Luzerner Landschaft und dem urbanen Zentrum zu erkennen.

«Die Reaktion ist einfach ein Trötzle

SVP Kanton Luzern

Er verlangt, dass der Regierungsrat in einem ersten Schritt «den Missstand und die Problematik um die AFR18» anerkennt. Danach müsse sehr rasch etwas geschehen, da mit jedem verstrichenen Jahr bei den betroffenen Gemeinden viel Geld verloren gehe. Der Kanton will in drei Jahren einen Bericht zu den finanziellen Folgen der Reform vorlegen. Frey dauert das zu lange.

SVP fürchtet um das Gesamtkonstrukt der Reform

Ganz anders tönt es bei der SVP. Man habe zwar Verständnis, wenn die entsprechenden Gemeinden nun versucht sind, aus dem Bundesgerichtsurteil Kapital zu schlagen und auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. «Die Reaktion ist aber einfach ein Trötzle», schreiben Fraktionschef Urs Dickerhof und Parteipräsidentin Angela Lüthold-Sidler. Denn nach der Beurteilung der Gesamtsituation komme man zu anderen Schlüssen als die Stadt Luzern und deren Mitstreiterinnen.

«Wir finden es bedenklich, wenn man einen Volksentscheid nicht akzeptieren kann. Aber noch bedenklicher ist es, wenn man den zusätzlichen Gerichtsentscheid auch nicht akzeptieren will. Das Gejammer stimmt uns als demokratische Partei nachdenklich», so Dickerhof und Lüthold-Sidler. Damit spricht man bei der SVP die Tatsache an, dass das Reformprojekt als solches vom Bundesgericht im Grundsatz als legitim beurteilt wurde, weshalb die geäusserten Forderungen fehl am Platz seien.

Sind die Nein-Gemeinden Rosinenpickerinnen?

Oder anders gesagt: «Da es sich bei der AFR18 um ein Gesamtkonstrukt handelt, das vom Volk angenommen wurde, würde man ein Flickwerk erhalten, wenn man zugunsten der betroffenen Gemeinden daran rumbasteln und auf deren Forderungen eingehen würde», so die Befürchtung der SVP.

«Der Steuerfussabtausch lässt sich problemlos von den übrigen Teilen der Reform trennen.»

FDP Kanton Luzern

Der Volkspartei stösst weiter sauer auf, dass es sich bei den klagenden Gemeinden um diejenigen handle, die 2019 grosse Gewinne geschrieben haben. Ausserdem dürften Anpassungen erst nach dem Wirkungsbericht erfolgen und für alle gleichermassen gelten, «und nicht nur für ein paar wenige».

Die FDP relativiert und die CVP schweigt

Auch nicht sonderlich problematisch schätzt die FDP die Lage nach dem Urteil aus Lausanne ein, da die Aufhebung des Mantelerlasses für die Richter nicht infrage kommt. «Zwar verletzt es die verfassungsmässig garantierte Finanzautonomie der Gemeinden. Dadurch verlören aber die zahlreichen übrigen Gesetzesänderungen des Mantelerlasses AFR18 nicht ihren Sinn und Zweck. Der Steuerfussabtausch lässt sich problemlos von den übrigen Teilen der Reform trennen», hält die FDP-Geschäftsstelle fest.

Von der CVP, der grössten Fraktion im Kantonsrat, ging auf Anfrage keine Stellungnahme ein. Ihre Position in der Causa dürfte aber nicht ganz einfach zu finden sein, da die Partei neben dem Finanzdirektor des Kantons mit Franziska Bitzi auch die Säckelmeisterin der Stadt Luzern und somit zwei der Hauptprotagonisten in diesem Drama stellt. Bitzi hatte wiederholt ihren Unmut über das Vorgehen beim Kanton kundgetan.

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