Reaktionen auf Marschhalt der Luzerner Regierung

Das Ende der Spange Nord ist die grosse Chance für Bus, Zug und Velo

Velostrassen statt Stadtautobahn? Geht es nach den Gegnern der Spange Nord, ist die neue Mobilitätsstrategie auf Langsamverkehr ausgerichtet.

Die Spange Nord und ähnlich grosse Strassenbauprojekte für das Auto haben in Luzern einen schweren Stand. Die Zukunft der Mobilität im Kanton braucht eine neue Strategie. Für die Linken ist die Stossrichtung klar: Mit dem «gesparten» Geld soll der ÖV und das Velo gefördert werden.

Am Dienstag teilte die Luzerner Regierung mit: Die Spange Nord ist definitiv vom Tisch, die abgespeckte Variante Reussportbrücke liegt auf Eis (zentralplus berichtete). Damit erhält Luzern auf die Schnelle sicher keinen Autobahnzubringer. Der Bund hat schon vor einiger Zeit bekräftigt, dass der Bypass auch ohne dieses Projekt realisiert werden kann.

Ob der Zubringer samt Autobahnanschluss Lochhof überhaupt je realisiert wird, steht aktuell in den Sternen. Bevor er einen weiteren Entscheid trifft, will der Luzerner Regierungsrat nun über die Bücher gehen und die kantonale Mobilitätsstrategie neu aufgleisen. Aus den Reaktionen von Verbänden und Parteien lässt sich die Stossrichtung ablesen, in welche Richtung das Projekt «Zukunft Mobilität» entwickelt werden könnte.

Linke Parteien: Service public, Langsamverkehr und Klimaziele statt Strassenbau

Die IG Reussport Nein erwartet nun etwa, dass die geäusserten Befürchtungen der betroffenen Gemeinden sowie der Bevölkerung ernst genommen werden. Das Kantonsparlament solle dem Planungsbericht, der die Abkehr der Spange Nord besiegelt, zustimmen. «Die Diskussionen rund um die künftige Verkehrspolitik des Kantons Luzern sind damit nicht vom Tisch», schreibt die IG in einer Medienmitteilung. «Aber es zeigt sich, dass die Zeit für solche überdimensionierten Strassenprojekte abgelaufen ist und dass es für die Mobilitätsbedürfnisse während der Stosszeiten sinnvollere Lösungen gibt, als neue Strassen zu bauen.»

«Ein Ausbau der Strassen liegt nicht drin.»

Judith Schmutz, Grüne

Doch was kommt danach? Dazu äussern sich die Grünen: «Es braucht jetzt alternative Massnahmen, um der Zunahme des motorisierten Individualverkehrs entgegenzuwirken», sagt ihre Kantonsrätin Judith Schmutz, Mitglied der Verkehrskommission. «Der Verkehr muss auf den heutigen Strassenkapazitäten funktionieren können. Ein Ausbau der Strassen liegt nicht drin.»

Die Grünen fordern konkret die Erarbeitung einer Gesamtverkehrslösung ohne Autobahnanschluss Lochhof und ohne Basisausbau. Stattdessen soll die Förderung des öffentlichen Verkehrs und des Fuss- und Veloverkehrs aufgezeigt werden.

Die «gesparten» 200 Millionen Franken sollen investiert werden

Schmutz’ Kollege in der Verkehrskommission, SP-Kantonsrat Hasan Candan, sieht das ganz ähnlich: «Die Förderung von ÖV, Velo und vernetzter Mobilität erhalten nun oberste Priorität. Sie gehören nun stark ausgebaut, um den Service public zu erhalten und die Klimaziele zu erreichen.»

Visualisierung der «Reussportbrücke», zu der es in der Vernehmlassung keine klare Meinung gab. (Bild: Visualisierung Swiss Interactive AG)

Candan betont, was aus seiner Sicht bisher schiefgelaufen ist: «Der Mehrverkehr auf dem Land und in der Agglomeration ist auf den ständigen Leistungsabbau des ÖV und die verfehlte Raum- und Siedlungsentwicklung zurückzuführen.» Geht es nach der SP, sollen die für die Spange Nord projektierten 200 Millionen Franken in die «dringende Attraktivierung» des öffentlichen Verkehrs, von Velowegen und Fussverbindungen auf dem Land, der Agglomeration und den urbanen Zentren investiert werden, um diese Entwicklung zu korrigieren.

Ihre Forderungen können die SP, Grüne und die IG Reussport Nein mit breiter Brust vortragen. Denn auch der Luzerner Stadtrat, alle betroffenen Quartiervereine, Agglomerationsgemeinden wie Ebikon, Emmen, Horw, Root, die regionalen Entwicklungsträger LuzernPlus und Region West sowie Organisationen äusserten Kritik an den Projekten Spange Nord und Reussportbrücke. Zudem unterstützten letzten Herbst 73 Prozent der Stimmberechtigten in der Stadt Luzern die Initiative der SP «Spange Nord stoppen – lebenswerte Quartiere statt Stadtautobahn» (zentralplus berichtete).

Eine gemeinsame Forderung: Planungssicherheit schaffen

Auf der anderen Seite befürworteten die bürgerlichen Parteien CVP und FDP in der Vernehmlassung die Reussportbrücke, während die SVP am ursprünglichen Spange-Nord-Projekt festhalten wollte. Ebenso äusserten sich die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz, der KMU- und Gewerbeverband Kanton Luzern sowie die City-Vereinigung Luzern positiv, genauso wie die Mobilitätsorganisationen TCS und der ACS.

Dennoch: Der Widerstand war für die Luzerner Regierung offenbar zu gross. Einig sind sich alle, dass die Mobilität der Zukunft auf einer «zuverlässigen Planung» basieren soll. Diese ist nun Aufgabe von Bau- und Mobilitätsdirektor Fabian Peter (FDP), der dies in Ruhe angehen will: «Wir haben genug Zeit, um das Resultat des Projekts ‹Zukunft Mobilität› abzuwarten», sagte er gegenüber zentralplus. «Diese Zeit müssen wir uns nehmen.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von paul
    paul, 06.04.2021, 19:48 Uhr

    da bin ich ja gespannt wie es weiter geht. stau am morgen und stau am abend….. und es werden immer mehr leute….. und der öv ist im vergleich zum auto viel zu teuer…..und nicht alle fahren velo…. spange nord nööö , aber was ist die neue lösung? bin sehr gespannt.

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    • Profilfoto von Thomas Scherer
      Thomas Scherer, 07.04.2021, 11:54 Uhr

      Korrekt, es fahren nicht alle Velo. Aber es könnten sich mehr Menschen in den Sattel schwingen.
      Es fahren zu viele aus Bequemlichkeit Auto, nur wenige aus Notwendigkeit. Wenn nur schon einige davon – Stichwort Eigenverantwortung – statt des Autos den Bus, das Velo oder die Füsse nähmen, wären die Staus aufgelöst. Ohne Kosten. Nur mit etwas gutem Willen. Den vermisse ich bei sehr, sehr vielen.

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