Die Luzerner Boomgemeinden im Direktvergleich

Das Duell Kriens vs. Emmen – mit einem knappen Sieger

Emmer «Schoggiturm» gegen das neue Krienser Stadthaus: Wer hat die Nase vorn?

(Bild: Montage zentralplus)

Beide boomen, beide wachsen und treten mit neuem Selbstvertrauen auf. Doch welche Gemeinde bietet mehr: Kriens oder Emmen? Ein Vergleich in zehn Punkten.

Es boomt im Norden und Süden der Stadt Luzern, zwei Orte mit je rund 30’000 Einwohnern treten mit strotzendem Selbstverständnis auf. Mit gutem Grund: Emmen und Kriens wachsen, bauen und gedeihen.

Ausdruck davon ist, dass sich Kriens seit diesem Jahr Stadt nennt und im Zentrum eine moderne neue Verwaltung bezogen hat (zentralplus berichtete). Im Fall von Emmen sind es die Kunsthochschule, das Musicalhaus oder die aktuelle Zwischennutzung «NF 49», welche der Gemeinde, die partout keine Stadt sein will, neue Urbanität verleihen.

Zeit für eine Gegenüberstellung in zehn Punkten: Wer hat mehr zu bieten – Kriens oder Emmen? So viel vorweg: Es ist ein knappes Rennen.

1. Politik

Beim Verwaltungsgebäude punktet Kriens: Das neue Stadthaus macht eindeutig mehr her als der sanierungsfällige Emmer «Schoggiturm» von 1972. Zudem hat Kriens mit dem neuen Pilatussaal ein adäquates Zuhause für die Sitzungen der 30 Einwohnerräte. Emmen hat zwar ein stattliches 40-köpfiges Parlament, dieses muss aber abwechslungsweise in einem Altersheim mit suboptimaler Akustik und im Musicaltheater tagen.

Kriens hat mit Bildungsvorsteherin Judith Luthiger-Senn immerhin eine Frau im Gemeinderat, in Emmen ist die Regierung Männersache. Spannend auch: In Kriens wie Emmen ist die SVP klar wählerstärkste Partei, jedoch in beiden Gemeinderäten nicht vertreten.

In der Politik haben Emmen wie Kriens nationale Aushängeschilder zu bieten: Emmen etwa die Nationalräte Felix Müri (SVP) oder Prisca Birrer-Heimo (SP, geboren in Emmen). Kriens hat Yvette Estermann (Kriens) und Michael Töngi (Grüne). Auch der abtretende Ständerat Konrad Graber (CVP) hat Kriens als Heimatort und die Regierungsräte Paul Winiker (SVP) und Marcel Schwerzmann (parteilos) wohnen in Kriens.

Punkt für Kriens.

2. Kultur

Klar, neben dem Angebot in der Stadt Luzern haben beide Gemeinden einen schweren Stand, gerade was die Musik und das Theater betrifft. Aber unterschätzen darf man das Angebot nicht.

Emmen hat mit dem Le Théâtre, das zuvor in Kriens war, immerhin die einzige professionelle Musicalbühne der Zentralschweiz. Zudem mit dem «Akku» eine tipptopp geführte Plattform für neue Kunst und Industriearchitektur, mit dem Maxx einen Kinopalast sowie eine eigene Kunstsammlung. Und vor allem hat Emmen noch ganz viel Potenzial: Die Kultur floriert und spriesst seit Neustem auch in der Zwischennutzungsbrache «NF 49» mitten auf dem Seetalplatz. Es gehen die Kreativen in der «Kunsti» ein und aus und im Frühling findet mit dem Stück «Gedächtnispalast» von Annette Windlin in der Viscosistadt wieder eine Grossproduktion statt (das Luzerner Theater war auch schon zu Gast).

Kriens muss sich nicht verstecken: Mit dem Kulturquadrat Schappe hat es in einer ehemaligen Seidenspinnerei im Zentrum einen feinen neuen Kulturraum erhalten und hat mit dem Museum im Bellpark seit 1991 einen Ort für Fotografie, Geschichte und Kunst mit nationaler Ausstrahlung. Es gibt Sehenswürdigkeiten wie das Schloss Schauensee, das als Wahrzeichen mit Schlossgarten über der Stadt thront, oder die Wallfahrtskirche Hergiswald.

Nicht zu vergessen: Auch das Tanz-, Theater- und Musikhaus Südpol, daneben die Musikhochschule im Bau und das neue Probenhaus des Sinfonieorchesters liegen auf Krienser Boden – und auch das Musikfestival B-Sides auf dem Sonnenberg. Aber als «Krienser Kultur» zählt das nicht.

Also: knapper Punkt für Emmen.

3. Wirtschaft

Emmen und Kriens sind wirtschaftlich etwa gleichauf: Beide haben rund 1’500 Betriebe, Emmen hat etwas mehr Beschäftigte mit 0,54 Beschäftigten pro Einwohner, zugleich aber auch etwas mehr Arbeitslose.

Emmen hat den Militärflugplatz mit Patrouille Suisse sowie den Tiger- und F/A-18-Flugstaffeln. Dieser bietet inklusive der Ruag allein etwa 1’400 Arbeitsplätze, beschert der Gemeinde aber auch einigen Fluglärm. Zudem hat Emmen industrielle Vorzeigebetriebe wie Schmolz und Bickenbach (früher Swiss-Steel) oder die Monosuisse, die aber bei Weitem nicht mehr so bedeutend wie früher ist. Kriens ist mit zwei Dritteln der Betriebe eher auf Dienstleistungen ausgerichtet sowie auf Tourismus mit der Pilatusbahn.

Von den 100 grössten Arbeitgebern der Zentralschweiz befinden sich fünf in Kriens: Stiftung Brändi, Maréchaux, ISS Schweiz, Andritz Hydro, Pilatus-Bahnen. Deren sechs sind es in Emmen: Ruag, CKW, Valora, Also, Stiftung für Schwerbehinderte Luzern, Anliker.

Kriens hat mit dem Pilatusmarkt das viertgrösste Einkaufszentrum der Zentralschweiz, das Emmen Center ist das zweitgrösste hinter der Mall of Switzerland, zudem gibt’s das Wohncenter.

Knapper Punkt für Emmen.

4. Wappen, Logo, Claim und Webauftritt

Kriens zeigt im Wappen den heiligen Gallus mit schwarzer Kutte, Nimbus, Abtstab und einem Laib Brot. Neben ihm ein schwarzer Bär mit Baumstumpf. Emmen beschränkt sich auf drei weisse Angelhaken auf schwarzem Grund.

Auf ein Logo verzichtet Emmen im Gegensatz zur Stadt Kriens: Sie hat mit dem Wechsel zur Stadt auch ihr 20-jähriges Logo durch ein neues «K» in den Farben Grün, Gelb und Schwarz ersetzt, das die Werte «urban, lebenswert, naturnah» verkörpern soll (zentralplus berichtete). Kriens preist sich neu mit dem Claim «Stadtleben am Pilatus» an, auch auf einen solchen verzichtet Emmen.

Werfen wir noch einen Blick auf die Webauftritte: Kriens hat ihren auf Anfang 2019 erneuert, Emmen hat 2016 ihren Webauftritt umgekrempelt. Beide wirken modern, übersichtlich und aufgeräumt. Man findet schnell News, Termine und Essenzielles wie die GA-Reservationen – da unterscheiden sich die Auftritte auf den ersten Blick nicht gross.

Der Krienser Auftritt wirkt aber durchdachter und eine Spur hochwertiger, zudem hat emmen.ch keine Mobile-Ansicht. Emmen setzt zwar auf sympathische Selfies und Quotes aus der Bevölkerung auf der Startseite, jedoch scheint die Rubrik ziemlich verwaist.

Vorteil Kriens.

5. Urbanität

Klar, Kriens nennt sich jetzt Stadt, aber das tut auch Willisau. Das echte urbane Feeling bietet tatsächlich eher Emmen mit seinen Banlieue-Wohntürmen, dem eigentümlichen Mix aus Geschäften verschiedenster Branchen sowie der stolzen industriellen Vergangenheit in der Viscosistadt. Der Übernamen Emmenbronx kommt nicht von ungefähr.

Auch das Krienser Zentrum hat sich stark gewandelt und es blieb in den letzten Jahren kein Stein auf dem anderen, aber trotz neuen Gebäuden und der Vorzeige-Genossenschaftssiedlung Teiggi bleibt es da agglomässig flauschig. Ein Krienser Paradox ist ja, dass die eigentliche Urbanität am Stadtrand stattfindet: mit den rasant wachsenden Grosssiedlungen Mattenhof oder Schweighof – sowie dem auf ewig nicht mehr zu rettenden Verkehrs-Gewerbe-Geflecht namens Schlund.

Punkt für Emmen.

Diesen Samstag fand die Eröffnungsparty der Zwischennutzung auf dem Seetalplatz statt.

Mitten auf der Brache des Seetalplatzes findet die Zwischennutzung «NF 49» statt.

(Bild: Robin Schnider)

6. Freizeit/Natur

Wo Emmen mit der industriellen Vergangenheit und mit Kampfflugis punktet, hat Kriens Ausflugsziele en masse: Es ist Ausgangspunkt ins Eigenthal für Wanderer und Langläufer, es gibt den verwunschenen Hochwald bei der Krienseregg und natürlich sowieso den Pilatus mit allerlei Attraktionen, Schlittelspass und vielen Asiaten. Dazu kommt der wunderbare Sonnenberg mit dem historischen Bähnli … Kriens liegt zudem am europaweiten Wallfahrts-Jakobsweg, der aus ganz Europa ins spanische Santiago de Compostela führt. Die Etappe in Kriens führt von Luzern via Kapelle Hergiswald nach Werthenstein.

Wohin geht man in Emmen zur Erholung? Die Gemeinde bietet einen Planeten- und Holzskulpturenweg entlang der Reuss. Zudem gibt es viele Freizeitanlangen oder etliche Indoor-Angebote wie die Adventure-Rooms für Rätselfreunde.

Einen Seezugang bieten beide Gemeinden nicht, Emmen aber immerhin die Reuss und Kleine Emme. Und für den Badeplausch gibt’s an beiden Orten Hallen- sowie Freibad – es fehlt also an nichts.

Punkt für Kriens wegen der Berge.

7. Zahlensalat

Kriens nennt sich zwar «zweitgrösste Stadt im Kanton Luzern», aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit: Emmen hat mehr Einwohner, will aber partout keine Stadt sein. Und die SVP fordert sogar ein Wachstumsverbot.

Wenn wir schon bei den Zahlen sind: Emmen ist kleiner und daher dichter bebaut, hat mehr Ausländer, aber weniger Einfamilienhäuser als Kriens. Und Krienser gehen fleissiger wählen als Emmerinnen. Zudem ist Kriens mit einer durchschnittlichen Höhe von 755 Metern über Meer höher gelegen als Emmen (441). Der höchste Punkt von Kriens liegt übrigens bei der Fräkmüntegg mit 1470 m ü.M.

Kriens ist grösser, Emmen hat mehr Einwohner: unentschieden.

Zahlen in der Übersicht (Quelle Lustat, jeweils die aktuellsten Zahlen):

 Vergleich in Zahlen

Emmen

Kriens

Einwohner30’22827’110
Fläche (in Quadratkilometern)20,3727,3
Einwohner/Quadratkilometer1506,5988,9
Bevölkerungswachstum seit 10 Jahren11,9 %7 %
Ausländeranteil34,2 %18,2 %
Personen pro Haushalt2,232,19
Einfamilienhäuser1’2701’560
Leerwohnungsziffer1,87 %3,57 %
Neue Wohnungen im Jahr 201644077
Autos pro 1’000 Einwohner496429
Wahlbeteiligung Nationalratswahlen 201539,7 %45,4 %
Nettoschuld pro Einwohner5’118 Fr.4’592 Fr.

8. Sport

Im Fussball sind der FC Emmenbrücke (3. Liga) und der SC Emmen (2. Liga) aktiv. Aber auch Volleyball und vor allem Handball haben Tradition: Aus dem ATV Emmenbrücke und dem HC Emmenstrand entstand 2009 der gemeinsame Verein Handball Emmen (Herren NLB, Frauen 1. Liga). Handball Emmen ist der zweitgrösste Handballverein in der ganzen Schweiz. Zudem gibt es erfolgreiche Nischenvereine wie den Einradclub oder die Beachkings.

Der Krienser Sport ist dominiert vom SC Kriens: Dieser kickt wacker in der Challenge League und hat eine der grössten Nachwuchsabteilungen der Schweiz. Zudem hat der Club mit dem neuen schmucken Kleinfeld den Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft gelegt. Weiter in Kriens: der Handballclub HC Kriens-Luzern, der zur nationalen Spitze gehört und mit der Pilatusarena in Zukunft eine moderne Halle für 4’000 Zuschauer erhält. Auch Velo-, Tennis- und Turnvereine gibt’s in Kriens.

Emmen hat 51 Sportvereine, Kriens deren 33. Emmen hat mehr Breite, Kriens eindeutig mehr Spitze – Vorteil Kriens.

9. Gastronomie

Gut speisen kann man in Kriens wie auch in Emmen – ein paar Beispiele.

In Kriens soll es in der Pizzeria da Marcello eine der besten Pizzas weit und breit geben, man kann im Mister Khan mongolisch à discretion essen, und es gibt Restaurants mit Aussicht wie auf der Fräkmüntegg oder auf dem Sonnenberg.

Emmen hat das grössere Angebot: Fastfood aus allen Ecken der Welt, das Prélude im Lé Théâtre, Raucherspunten wie das «Bahnhof», Fleischspezialitäten im Ferus oder gehobene Gastronomie im Restaurant Kreuz. Zudem eröffnet nächstes Jahr als neuer kulinarischer Treffpunkt das renovierte Tramhüsli.

Auch lokale Micro-Brauereien findet man hier wie da. Kriens hat das neue Mons-Bier, das in der Teiggi gebraut wird. Allerdings hat Emmen mit MNBrew einen Vorsprung und bietet schon eine schöne Auswahl, etwa äusserst schmackhafte Pale Ales. Einziger kleiner Minuspunkt in unserem Ranking: Gebraut wird in Rothenburg.

Knapper Vorsprung für Emmen.

Hier wird das eigene Bier gebraut.

Blick in die Bier-Brauerei in der Krienser Teiggi.

(Bild: jwy)

10. Erschliessung

An die Autobahn sind beide angeschlossen, also beide prima gelegen. Emmen liegt «ziemlich genau in der Mitte zwischen Hamburg und Rom», wie die Gemeinde schreibt.

Emmen grenzt an sechs andere Gemeinden, Kriens nur an fünf – dafür an einen anderen Kanton (Nidwalden).

Auch die Busverbindung ist ebenbürtig: Für Kriens ist die Linie 1, für Emmen der 2er die Lebensader nach Luzern. Es sind die beiden Linien mit den höchsten Frequenzen (7,5-Minuten-Takt) und den grossen Doppelgelenkbussen. Mit dem neuen 5er gibt es zudem eine Art direkte Völkerverständigung zwischen den Gemeinden.

Trotzdem gewinnt in Sachen ÖV Emmen mit dem nun vergrösserten Bahnhof und dem neuen Bushub. Da kann der Bahnhof Mattenhof einfach nicht mithalten, auch wenn Kriens die historische und hübsch knarzende über 100-jährige Sonnenbergbahn zu bieten hat.

Mit dem Velo sind beide Gemeinden von Luzern aus bequem zu erreichen: Emmen mit dem schönen Veloweg der Reuss entlang, Kriens über die Velostrasse oder den Velo-Highway «Freigleis».

Punkt für Emmen.

Fazit

Knapper 6:5-Sieg für Emmen. Natürlich ist der Vergleich eine Spielerei und sehr subjektiv. Beide Gemeinden machen der Stadt Luzern auf vielen Gebieten Konkurrenz. Und in beiden Orten wird in Zukunft noch viel passieren.

Es bleibt aber der leichte Vorteil für Emmen, weil da die Entwicklung rund um die Viscosistadt erst gerade begonnen hat. Man denke nur an die Hochschule Luzern – Design und Kunst, die bald komplett nach Emmen zügelt, oder die Kantonsverwaltung, die dereinst ihren zentralen Hauptsitz eröffnet. Jetzt müssen die Emmer nur noch die Finanzen in den Griff bekommen …

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