Luzerner Busse in Chile, Kinshasa und Bulgarien

Darum sind VBL-Busse wahre Weltenbummler

Hier machen sich zwei Busse auf die Reise von Luzern nach Chile. (Bild: zvg / VBL)

Die blau-weissen Busse der VBL sind aus dem Strassenbild der Stadt Luzern nicht wegzudenken. Man begegnet ihnen aber auch in anderen Teilen der Welt – beispielsweise in Südamerika oder Afrika. Aber wie kommen die dahin? Und warum? zentralplus hat sich auf Spurensuche begeben.

In der Facebook-Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn…» macht derzeit ein Bild die Runde, das grün-weisse Busse in den Strassen der chilenischen Stadt Valparaiso zeigt. Soweit nichts Ungewöhnliches. Aufmerksame Augen erkennen aber sowohl die Form, wie auch den Schriftzug «Passepartout – Verkehrsverbund LU, OW, NW» auf den Glastüren.

Kommt das bekannt vor? Genau: Auf den Strassen Chiles fahren Busse der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL). Und das schon seit einigen Jahren, wie Sämi Deubelbeiss, Mediensprecher der VBL, auf Anfrage erklärt.

Ein neues Leben an der Wärme

Am nebelverhangenen Morgen des 14. Novembers 2014 haben die letzten zwei Trolleybusse ihre lange Reise von Luzern nach Chile angetreten. Sie wurden auf dem Seeweg aus dem tristen Wintergrau in den warmen Süden jenseits des Äquators transportiert. Insgesamt hat die VBL zehn Busse zu einem symbolischen Preis von 5000 Franken pro Gefährt nach Südamerika verkauft. In Luzern waren sie seit 1989 im Einsatz. Am Komfort der Busse hat man in Valparaiso wenig geändert – am auffälligsten dürfte die Farbe sein. Die Busse wurden nämlich mit den ortsüblichen Farben des öffentlichen Verkehrs versehen: Grün-Gelb.

In Luzern waren die Busse auf den Linien 1 und 8 für rund 25 Jahre im Einsatz – bis sie im Zuge einer Flotten-Aufstockung ausgemustert wurden. Die zehn «Ausland-Luzerner» dürften das Stadtbild der chilenischen Hafenstadt noch eine ganze Weile prägen – gemäss der Medienmitteilung von 2014 plant der Trolleybus-Betrieb von Valparaiso die Busse noch bis spätestens 2054 im Einsatz zu haben.

Der Verkauf nach Chile war nicht der erste Fall, in dem die VBL altes Rollmaterial ins Ausland veräussert hatte.

Auf nach Osten

So hat die VBL schon im Juni 2004 elf Gelenkbusse an die beiden bulgarischen Städte Varana und Burgas am Schwarzen Meer verkauft. Im Gegensatz zu den Bussen, die nach Chile geschifft wurden, haben die Fahrzeuge für Bulgarien die Reise auf den Schienen angetreten.

Gewinn macht die VBL mit dem Verkauf kaum. Handelt es sich beim Verkauf dieser alten Busse also eher um eine billige Form der Entsorgung? Das sei keineswegs eine kostengünstige Art, altes Rollmaterial zu entsorgen, sondern «eine sinnvolle Weiterbenützung von Rollmaterial, das den Ansprüchen unserer Kunden nicht mehr genügt, andernorts aber noch nachhaltig nutzbringend eingesetzt werden kann», schrieb die VBL am 30. März 2005 – einen Tag, bevor zwei weitere Busse im Rahmen eines Entwicklungsprojekts auf die Reise geschickt wurden – nach Afrika.

Nächstes Ziel: Kinshasa

Wenige Monate, nachdem ihre «Brüder» nach Bulgarien ausgewandert waren, wurden Ende März 2005 zwei Busse des Typs Mercedes O 405 ins Ausland geliefert. Reiseziel: Die Millionenstadt Kinshasa in der Republik Kongo. Dies im Rahmen eines Entwicklungsprojekts, das die VBL «unterstützt und von langer Hand vorbereitet» hatte, wie sie damals schrieb. Der Weitereinsatz der «Kilometer-Millionäre», wie die VBL die Busse nannte, würde nicht nur den Passagieren vor Ort, sondern auch zukünftigen Angestellten des kongolesischen Busbetriebs zugutekommen.

Die Fahrzeuge seien zwar technisch gesehen nicht mehr auf dem neusten Stand, würden aber «gemessen an den Gefährten, die sich dort im Verkehr bewegen, zu den umweltfreundlichsten Fortbewegungsmitteln der weiteren Umgebung zählen», hiess es weiter.

Warum der Aufwand?

Aber warum nimmt die VBL die Mühen auf sich, diese Busse um die halbe Welt zu transportieren? «Auszurangierende Fahrzeuge, die einen genügend hohen Verkaufswert aufweisen, werden nach Möglichkeit veräussert», heisst es in der Medienmitteilung von 2004. Das liegt auch daran, dass die VBL keinen Platz hat, die Fahrzeuge weiter aufzubewahren – für museale Zwecke beispielsweise.

Darum will die VBL solche Fahrzeuge für Entwicklungsprojekte wie jenes in Kinshasa zur Verfügung stellen, wenn «die entsprechenden Projekte seriös sind und eine geeignete beziehungsweise professionelle Projektträgerschaft dahinter steckt.»

Es kann also gut sein, dass auch in Zukunft Luzerner Busse die Reise in die grosse weite Welt antreten, wo sie ein zweites Leben führen und Luzerner Touristen an ihre Heimat zu erinnern können.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von sandroluzern
    sandroluzern, 07.02.2021, 17:47 Uhr

    An dieser Stelle möchte ich auf die Flickr-Galerie von vbl-historic zu diesem Thema verweisen: https://www.flickr.com/photos/vbl-historic/galleries/72157690683526322/
    Dort gibt es Bilder der «ausgewanderten» vbl-Busse zu sehen und auch einige vbl-Trams in ihrer zweiten Heimat Genf gibt es zu entdecken.
    Wer übrigens noch einmal mit einem vbl-Anhänger fahren will, kann dies entweder in Deutschland in Siegen oder auch einfach im Berner Oberland in Lauterbrunnen tun.

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  • Profilfoto von Trolley
    Trolley, 01.02.2021, 07:34 Uhr

    > In Luzern waren die Busse auf den Linien 1 und 8 für rund 25 Jahre im Einsatz

    Tatsächlich waren diese Busse – zumindest in diesem Jahrhundert – auf fast allen Trolleybuslinien im Einsatz: mit Anhänger auf der 1, 6 und 8 – ohne Anhänger auf der alten 4, 5 und 7. Einzig auf der Linie 2 habe ich sie nie im regulären Einsatz gesehen.

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