Expansion von Billigkette sorgt für Unruhe

Dänischer Preisdrücker mischt Luzern auf

An prominenter Lage am Reusssteg wird bald die dänische Ladenkette «Tiger» ihre erste Schweizer Filiale eröffnen. (Bild: bra)

Die Haushaltskette «Tiger» eröffnet in der Stadt Luzern ihre erste Schweizer Filiale. Skandinavisches Design zu tiefsten Preisen – ein Konzept, wie man es von Ikea kennt. In der Stadt bläst dem Neuzuzüger aber eine steife Brise entgegen.

In der Stadt Luzern wird der Detailhandel erneut aufgemischt. Dort, wo der ehemalige «Colonys»-Laden war, an der Ecke Krongasse bei der Reussbrücke in Luzern, zieht neu die dänische Ladenkette «Tiger» ein. Das Accessoires- und Haushaltswarengeschäft gilt als «Preisdrücker». Die Tiger-Stores hätten das erreicht, schreibt die britische Presse, was Lidl bei den Lebensmitteln gelungen sei: die etablierten Anbieter mit günstigen Preisen aufzumischen.

In den US-Shops kosten 90 Prozent der Produkte weniger als 15 Dollar, darunter Teekannen, Tassen oder Handtücher. Tiger-Läden gelten in den USA als die 1-Dollar-Shops des dänischen Designs, schreibt der «Tages-Anzeiger». In England machten sie als Antwort auf Ikea Furore.

Kreationen gewinnen Preise

Nun kommt Tiger mit der ersten Schweizer Filiale nach Luzern. Vor kurzem wurde eine entsprechende Firma gegründet. Der Shop soll Anfang März eröffnen. «Zwei bis drei weitere Läden werden dieses Jahr in der Schweiz hinzukommen», sagt Tina Schwarz, Sprecherin von Tiger.

«Es ist schade, dass ein Günstig-Laden direkt an der Reuss aufmacht.»

Franz Stalder, City-Vereinigung

Tiger-Produkte werden – ähnlich wie bei Ikea – in Eigenregie designt und vorwiegend in Asien produziert. Die Kreationen sind offenbar begehrt. Sie gewinnen Designpreise am Laufmeter. Man findet Kerzen, Tassen, Teller, Spielzeuge, ausgefallene Selfie-Sticks oder prägnante Kerzenständer – nichts wirklich Lebensnotwendiges, aber gut angepriesen. Und eben: besonders günstig.

Ein Beispiel eines Tiger-Shops in Irland. Die Läden werden immer nach dem gleichen Konzept eingerichtet.

Ein Beispiel eines Tiger-Shops in Irland. Die Läden werden immer nach dem gleichen Konzept eingerichtet.

(Bild: zvg)

Zebra, die Dachgesellschaft hinter den Tiger-Shops, zählt heute rund 600 Läden in 27 Staaten. Der Umsatz kletterte im letzten Geschäftsjahr um satte 44 Prozent auf rund 350 Millionen Franken.

«Die Welt spielt verrückt»

Franz Stalder, Präsident der City-Vereinigung steht der Neueröffnung kritisch gegenüber. Er möchte die Tiger-Kette per se nicht schlecht reden, stört sich aber gewaltig daran, dass mitten in der Altstadt eine weitere internationale Ladenkette einzieht. «Es ist schade, dass ein Günstig-Laden direkt an der Reuss aufmacht. Das passt ja gar nicht zur Stadt.»

Der Zuzug von Tiger sei kein gutes Zeichen für die Stadtentwicklung. «Am idyllischen Reussufer sollten eigentlich eher hochwertige Waren angeboten werden. Aber leider bestimmt nach wie vor der Eigentümer der Liegenschaften, wer ins Haus kommt.» Und hier spielen die Marktkräfte: «Die Eigentümer wollen Sicherheit und einen möglichst lange währenden Mietvertrag mit den Geschäften.»

Darüber hinaus fragt sich der Präsident der städtischen Detailhändler, wie solche Produkt-Preise, wie sie Tiger anbietet, überhaupt zustande kommen. «Die Welt spielt verrückt.» Es sei ein Beispiel für die vorherrschende Billig-Mentalität nach dem Motto «Geiz ist geil». Die Verkaufspreise in den Verkaufsgeschäften wie auch im Internet seien «ins Bodenlose gesunken».

«Ein Hardcore-Preisdrücker passt eigentlich nicht zum Premium-Image, das wir anstreben.»

Peter Bucher, Wirtschaftsbeauftragter Stadt Luzern

Zum Hintergrund: Die City-Vereinigung wünscht sich seit Längerem mehr Sensibilität seitens der Liegenschaftsbesitzer. Doch der Einfluss der Stadt auf den Branchenmix ist begrenzt. Letzten Herbst hat sich der Stadtrat mit den Liegenschaftsbesitzern der Altstadt getroffen. Ziel war es, sich über die gegenseitigen Bedürfnisse auszutauschen. Während die Hausbesitzer mit der Wahl einer internationalen Kette ihre Mieteinnahmen optimieren, ist die Stadt an einem möglichst vielfältigen Branchenmix interessiert, so der städtische Wirtschaftsförderer Peter Bucher. Er fügt hinzu: «Ein Hardcore-Preisdrücker passt eigentlich nicht zum Premium-Image, das wir anstreben.»

Die Stadt wolle unter dem Projekt «Forum attraktive Innenstadt» eine Plattform schaffen, «um auch die Einkaufs- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu stärken». Ein Papiertiger? Nein, so der Wirtschaftsförderer, aber das Ganze sei noch in der Anfangsphase.

Eine «bescheidene Bereicherung»

Auch Alexander Gonzalez vom Wirtschaftsverband der Stadt Luzern hat den Neuzuzug beobachtet: «Wir bewegen uns in einem freien, liberalen Marktumfeld. So möchte ich nicht einzelne Läden oder Konzepte beurteilen oder kritisieren.»

Er persönlich wünsche sich aber, dass der Branchenmix in der Stadt Luzern nicht nur quantitativer Natur, sprich möglichst viele verschiedene Läden, sondern auch qualitativer Natur ist. Im Fall Tiger sei er eher kritisch. «Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Laden möglicherweise einen Zeitgeist trifft. Ikea und Aldi lassen grüssen. Ich denke aber, dass das Geschäft für die Besucher von Luzern eine eher bescheidene Bereicherung sein dürfte.»

«Jeder Vermieter und Ladenbesitzer kann machen, was er will. Solange er nicht gegen Gesetze verstösst.»

Albert Schwarzenbach, CVP-Grossstadtrat

Günstige Preise? «Ein starkes Argument»

Auch CVP-Grossstadtrat Albert Schwarzenbach setzt sich für einen abwechslungsreichen Branchenmix in der Stadt Luzern ein. «Aus liberaler Sicht muss ich sagen: Jeder Vermieter und Ladenbesitzer kann machen, was er will. Solange er nicht gegen Gesetze verstösst.» Ob aber der neue Tiger-Shop zur Attraktivität der Altstadt beitragen wird, daran habe er seine Zweifel. Letztlich werde der Konsument entscheiden. «Und günstige Preise sind erfahrungsgemäss ein wirklich starkes Argument.»

Das sieht das auch Tina Schwarz, Sprecherin von Tiger, so. Sie versteht die verschiedenen Bedenken, dass der Laden vielleicht nicht in die idyllische Luzerner Altstadt passen könnte. Aber: «Wir sind in 27 verschiedenen Ländern tätig und treffen auf ganz unterschiedliche Kulturen. Und wir sind sehr erfolgreich.» Der Kunde werde entscheiden, was er möge und was nicht. «Unsere Preise werden tief sein. Das Konzept wird gut ankommen.» Da ist sich Schwarz sicher.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Lina710
    Lina710, 19.02.2016, 16:27 Uhr

    Ich kenne die Tiger-Läden seit Jahren aus Dänemark und über deren Preise und Produktionsbedingungen kann und soll man sicher diskutieren. Ich frage mich aber schon etwas, was sich Herr Bucher denn unter «Premium-Image» der Stadt Luzern vorstellt. Vielleicht das 100. Uhren- und Schmuckgeschäft, für das sich wohl kaum ein Einheimischer zum Lädele in die Stadt verirrt?

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  • Profilfoto von ramatula
    ramatula, 19.02.2016, 11:07 Uhr

    Ich kenne die Tiger-Läden aus dem Ausland: Was dort angeboten wird unterscheidet sich nicht gross, von den Produkten, die auf der anderen Seite der Brücke in der Kramgasse schon lange angeboten werden. Zum Beispiel beim Geschäft Butler – die Qualität ist vergleichbar, die Waren jedoch tatsächlich noch etwas origineller. Natürlich kommen in all diesen Geschäften die Waren aus China und werden weder ethisch korrekt noch umweltfreundlich produziert. Eine löbliche Ausnahme ist zum Beispiel der Changemaker in der selben Strasse.

    Den Anspruch auf hochwertige Produkte und hohe Preise kann die City-Vereinigung nur erfüllen, wenn sie in Zukunft konsequent auf regionale Waren oder Fair-Trade-Produkte setzt. Sie könnte sich zum Beispiel für eine Fair Trade Town einsetzen, wie das z.B. Glarus schon macht. Auch in der Berner Altstadt gibt es eine Initiative in diese Richtung: www.fairtradetown.ch

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  • Profilfoto von celine
    celine, 18.02.2016, 18:45 Uhr

    Können so billige Produkte überhaupt nachhaltig, ethisch korrekt produziert sein? Wohl kaum, zu den Preisen. Mich stört diese Geiz-ist-geil-Mentalität enorm. Hauptsache billig. Ist etwas billig, überlege ich mir auch nicht lange, ob ich dies nun wirklich brauche oder nicht, schliesslich kostet es ja fast nichts.

    Wenn wir langfristig in einer lebenswerten Welt mit intakter Umwelt leben wollen, müssen wir anfangen, uns Gedanken über unseren Konsum zu machen und beginnen, umzudenken und anders und vor allem weniger zu konsumieren.

    PS: Der Changemaker, gleich in der Nähe über die Brücke bietet nachhaltige, faire Ware, unter anderem auch Haushaltsware, an.

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