Luzern: Franziska Bitzi Staub möchte Roth beerben

CVP-Topkandidatin: «Das wäre ein Traumjob»

Hat beste Chancen auf das frei werdende Büro im Luzerner Stadthaus: Franziska Bitzi Staub.

(Bild: zVg)

Die CVP kann auf ihre Wunschkandidatin zählen: Franziska Bitzi Staub ist mächtig interessiert, als Nachfolgerin des abrupt zurückgetretenen Stefan Roth in den Stadtrat gewählt zu werden. zentralplus weiss, was für sie spricht und wer sonst noch kandidieren könnte.

Der Rücktritt von Stefan Roth aus dem Luzerner Stadtrat hat Freund und Feind überrascht. Am 15. September wird sich der Finanzdirektor und Stadtpräsident aus der Exekutive verabschieden, weil ihm die Abwahl als Stapi zu fest zugesetzt hat (hier geht’s zum Interview und Kommentar).

Nun muss die CVP-Führung ruckzuck ein paar fähige und willige Kandidaten aus dem Hut zaubern. Wer mit Politikern spricht, kommt rasch auf eine klare Favoritin: Franziska Bitzi Staub. Sie sei kompetent, erfahren, ehrgeizig. «Eine Topkandidatin», schwärmt etwa CVP-Mann Albert Schwarzenbach. Bitzi selbst räumt auf Anfrage von zentralplus unumwunden ein: «Dieses Amt interessiert mich wirklich sehr, das wäre ein Traumjob. Ein Exekutivamt finde ich sehr reizvoll.»

Erst seit zwei Jahren in neuem Job

Bitzi Staub ist 43-jährig, verheiratet und kinderlos. Seit 2004 sitzt die Rechtsanwältin für die CVP im Stadtparlament, wo sie als Fraktionschefin amtet. Bitzi ist auch Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK). Seit Herbst 2014 amtet die Luzernerin in Zug als Generalsekretärin der Direktion des Innern. Zuvor war sie Leiterin Rechtsdienst im Finanzdepartement des Luzerner Regierungsrats Marcel Schwerzmann (mehr Infos siehe Box).

«Ich habe bereits mit meiner Chefin gesprochen und ihr gesagt, dass mich das reizen würde.»

Franziska Bitzi Staub

Allerdings komme der Zeitpunkt für sie sehr überraschend, sagt Bitzi. Sie sei davon ausgegangen, dass Stefan Roth auch bei einer Abwahl als Stadtpräsident im Stadtrat bleibe. «Ich hätte mir eine Kandidatur deshalb ab 2020 vorstellen können.» Zumal sie in Zug einen «sehr interessanten Job mit einem super Team» habe. «Meine Arbeit macht mir sehr viel Spass.» Nach nur zwei Jahren schon wieder zu wechseln, sei für sie ein unangenehmer Gedanke.

Keine Lust auf lange Wartezeit

Dass Bitzi das Stadtratsamt enorm reizen würde, zeigt sich auch in folgender Aussage: «Wenn jetzt jemand anders für Stefan Roth in den Stadtrat gewählt wird, ist das Amt für mindestens acht Jahre besetzt.» So lange möchte sie also nicht warten. Und was sagt ihre Chefin, die Zuger Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard, zum Ganzen? «Ich habe bereits mit meiner Chefin gesprochen und ihr gesagt, dass mich das reizen würde. Sie ist selber Politikerin genug, um zu wissen, dass sich solche Gelegenheiten manchmal ganz plötzlich ergeben.»

Natürlich würde sich Bitzi am meisten für die Finanzdirektion interessieren. «Das ist sicher mein Steckenpferd. Ich kenne mich in diesem Bereich mit der ganzen Bandbreite an Themen aus.» Allerdings sehe sie als Generalsekretärin in Zug auch in viele andere Themenbereiche und könne sich deshalb auch jede andere Direktion vorstellen.

Das könnte theoretisch ein Thema werden. Denn den vier weiterhin amtierenden Luzerner Stadträten Adrian Borgula (Verkehr, Umwelt und Sicherheit, Grüne), Martin Merki (Soziales, FDP), Manuela Jost (Bauen, GLP) und Beat Züsli (Bildung und Kultur, SP) steht es frei, die Direktionsverteilung nochmals zu überdenken.

Franziska Bitzi Staub.

Franziska Bitzi Staub.

(Bild: zVg)

Keine ebenbürtigen Rivalen in Sicht

Wenn sich Bitzi zur Nomination entscheidet – wovon aufgrund ihrer Aussagen schwer auszugehen ist –, scheint ihre Wahl schon fast besiegelt. Denn innerhalb der CVP ist kein Kandidat auszumachen, der auf Augenhöhe mit der ehrgeizigen Rechtsanwältin ist.

«Ich könnte mir eine Kandidatur sehr gut vorstellen.»

Roger Sonderegger, CVP-Grossstadtrat

Was nicht heisst, dass es keine Interessenten gibt. So sagt CVP-Grossstadtrat und Nachwuchstalent Roger Sonderegger (38): «Ich könnte mir eine Kandidatur sehr gut vorstellen. Stadtrat zu sein, wäre ein sehr interessanter Job, allerdings auch eine grosse Herausforderung.»

Start als Gerichtsschreiberin

Franziska Bitzi Staub hat in St. Gallen Rechtswissenschaften studiert und 1998 mit dem Lizenziat abgeschlossen. 2001 erwarb sie das Anwaltspatent und 2008 absolvierte sie die Ausbildung zur Mediatorin in Wirtschaft, Arbeitswelt und öffentlichem Bereich.

Ihre berufliche Laufbahn begann Bitzi Staub als Gerichtsschreiberin beim Amtsgericht in Sursee, danach als Anwältin in einer Kanzlei und später in einem Unternehmensrechtsdienst. Danach wechselte sie ins Luzerner Finanzdepartement und anschliessend nach Zug. Nebenberuflich ist sie seit 15 Jahren Verwaltungsrätin der Entlebucher Bank.

Auch Fraktionskollegin Mirjam Fries (52) winkt auf Anfrage nicht gleich ab: «Dieser Rücktritt kommt für uns alle sehr überraschend. Für eine Kandidatur wäre ich grundsätzlich offen.» Auch mit ein paar weiteren Interessenten dürfte zu rechnen sein.

Chancen hätte womöglich CVP-Parteipräsidentin Andrea Gmür-Schönenberger. Doch die Neo-Nationalrätin nimmt sich gleich selbst aus dem Rennen. «Ich schaue mein Amt als Nationalrätin als Privileg an und stehe deshalb nicht zur Verfügung.»

Mitte September wird nominiert

Untätig ist Gmür deswegen jedoch nicht. Zusammen mit Vizepräsidentin Letizia Ineichen sowie Peter Zosso leitet sie den parteiinternen Ausschuss zur Kandidatensuche. «Wir haben nach diversen Gesprächen diesen Donnerstag eine Kandidatenliste erstellt.» Diese werde man nächsten Dienstag an der Parteileitungssitzung besprechen und anschliessend über das weitere Vorgehen informieren. «Konkrete Namen werden noch keine genannt. Jedoch wollen wir dann den Zeitplan bekannt geben.»

«Sie wäre sicher eine spannende Kandidatin.»

CVP-Parteipräsidentin Andrea Gmür über Bitzi Staub

Ziel sei es, am 15. oder 16. September die Nominationsversammlung durchzuführen. Gmür bestätigt aber, dass sowohl mit Bitzi als auch Sonderegger und Fries Gespräche geführt wurden. Zur Personalie Bitzi sagt Gmür: «Sie wäre sicher eine spannende Kandidatin. Ich gehe davon aus, dass sie sich das überlegen wird.»

Dass Bitzi Ambitionen auf ein Exekutivamt hegt, hat sie schon 2011 bewiesen. Damals hätte sie für die Luzerner Regierungsratswahlen kandidieren wollen. Sie unterlag aber parteiintern der Surseerin Esther Schönberger. Allerdings nur knapp mit 264 gegen 238 Stimmen.

Parteien zollen Respekt, aber …

Bitzi hat nebst ihrer Qualifikation noch aus anderen Gründen beste Chancen, als Stadträtin Stefan Roth zu beerben. Sie gilt bei den anderen Parteien als integre Finanzpolitikerin, nicht zu fest links, nicht zu fest rechts. Politisch legt Bitzi gemäss ihrem Smartspider Wert auf eine liberale Wirtschaftspolitik, eine restriktive Migrations- und Finanzpolitik, aber auch auf einen angemessenen Umweltschutz. Wenig Gewicht haben für sie ein ausgebauter Sozialstaat sowie eine offene Aussenpolitik.

«Ich habe Respekt vor dem Wahlkampf, denn Politik ist manchmal sehr unberechenbar.»

Franziska Bitzi Staub

Mehrere von zentralplus angefragte Politiker von SVP, FDP und SP trauen Bitzi das Amt zu und bestreiten ihre Qualitäten nicht. Zudem hat sie als Frau im derzeit männerlastigen Stadtrat grössere Chancen als ein Mann. Damit scheint das Kind also schon fast geschaukelt. Auch wenn diverse Parteien wie die SVP oder die Linken eine eigene Kandidatur nicht ausschliessen wollen.

Dass aktuell bereits jetzt alles auf eine Wahl von Bitzi hindeutet, «macht mir fast ein bisschen Angst», sagt die umworbene Politikerin. «Ich habe Respekt vor dem Wahlkampf, denn Politik ist manchmal sehr unberechenbar.» Wie unberechenbar, wird sich schon bald zeigen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Silvio Bonzanigo
    Silvio Bonzanigo, 04.09.2016, 08:43 Uhr

    Pia Maria Brugger – lächelnd auf die Pole-Position gerollt

    Die CVP hat sich aus der Schockstarre nach dem ansatzlos verkündeten Rücktritt des städtischen Finanzdirektors erholt und präsentiert im Moment vier Frauen für die Nachfolge von Stefan Roth. Der bisher einzige Mann, Roger Sonderegger, hat sich zurückgezogen. Stand heute interessieren vor allem die Kandidaturen von Caroline Kuhn und Pia Maria Brugger. Die vorschnell zur Topfavoritin gekürte Fraktionschefin Franziska Bitzi ist ihre Krone jedenfalls schon wieder los. Die langjährige und jeweils mit Bestresultaten gewählte Kantonsrätin und ehemalige Parteipräsidentin dürfte als ausgebildete Ökonomin mit Managementnachdiplom und auch dank ihres weitverzweigten Netztwerkes unterdessen die Nase vorn haben.

    Caroline Kuhn wird von einer Gruppe um alt Grossratspräsident Anton F. Steffen portiert und steht für den konservativen Flügel der CVP ein. Ob die mit der Übernahme des schweizerischen Parteipräsidiums durch Gerhard Pfister neu etwas mehr rechts verortete Partei bereits den Nachvollzug übt und eher rechte Kandidaturen bevorzugt, ist aufgrund der politisch wenig prägenden Sommerpause unklar. Als wohl unüberwindliches Hindernis für eine Nomination von Caroline Kuhn gilt aber das Fehlen jeglicher Parlamentserfahrung. Eine Gruppe Littau schickt zudem die Grossstadträtin und Betriebsökonomin Mirjam Fries ins Rennen.

    Brugger spricht sechs Sprachen ….

    Völlig gegenteilig präsentiert sich die Ausgangslage für die runner-up der Stunde, Pia Maria Brugger. Sie ist mit einem prallvollen Rucksack an politischen und beruflichen Führungsfunktionen unterwegs, verfügt über eine überragende Sozialkompetenz und könnte die Finanzdirektion – wie in Stadt- und Rathaus es sich alle wünschen – sehr kurzfristig übernehmen. Obwohl die Kandidatin sechs Sprachen spricht, will ich sie auf Deutsch provozieren: «Könnten sie möglicherweise für die Aufgabe überqualifiziert sein?» Pia Maria Brugger lacht laut auf, und sie tut das während des Gesprächs mehrmals, ist unbeschwert, sympathisch. «Für diese Aufgabe kann man gar nicht überqualifiziert sein. Die heutigen Anforderungen an die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Stadt Luzern sind derart enorm, dass ich um jedes Wissen und um jede Erfahrung aus meiner beruflichen und politischen Laufbahn froh sein werde», diktiert sie druckreif in den Block. «Aber sie sassen doch gar nie im Stadtparlament», bohre ich weiter. Bestimmt fällt Pia Maria Bruggers Entgegnung aus: «Als Parteipräsidentin arbeitete ich stets eng mit den jeweiligen Fraktionschefs zusammen. Bestimmte Dossiers kannte ich wohl besser als einzelne Mitglieder der Fraktion.» Ein letzter Versuch: «Das abrupte Ende ihrer Anstellung in Ebikon kann verunsichern.» Jetzt lächelt Pia Maria Brugger nicht mehr, wird ernst. «Genau deshalb bin ich letzte Woche an die Öffentlichkeit getreten. Ich konnte überzeugend darlegen, dass die Trennung jeder Dramatik entbehrt und keinerlei arbeitsrechtlichen Unregelmässigkeiten vorliegen. Mit Ebikon fühle ich mich nach wie vor sehr verbunden und erhalte den Kontakt zu vielen Personen aufrecht.»
    Wie verortet sich Pia Maria Brugger innerhalb der CVP? «Ich bin keine Anhängerin von Smartvote-Profilen, die kaum Differenzierungen gestatten. Ich lasse da lieber die vielen Ermunterungen auf die Bekanntgabe meiner Kandidatur sprechen, die alle Schattierungen der CVP einschlossen, darüber hinaus aber auch sehr viele parteifremde Wähler.» «Und welche Qualität wollen Sie sich noch bis zum allfälligen Amtsantritt aneignen?» «Ich will noch besser zuhören lernen», sagt Pia Maria Brugger. «Hillary Clinton wir oft kritisiert, aber im Zuhören können ist sie ein echtes Vorbild. Diese Fähigkeit wäre mir gelegentlich auch bei der Erziehung meiner Tochter zustatten gekommen», schliesst sie unser Gespräch und lächelt ein letztes Mal.

    …. und Bitzi hat drei Probleme

    Wenig einladend präsentiert sich die Situation für die ehemalige Kronfavoritin Franziska Bitzi. Der Juristin und Kadermitarbeiterin im Kanton Zug kommt der Zeitdruck in die Quere, unter der die Vakanz in der Stadtluzerner Finanzdirektion steht. Franziska Bitzi hat eine halbjährige Kündigungsfrist, von welcher der Kanton Zug wohl auch aus Präjudizgründen nur ungern abweichen wird.
    Als CVP-Fraktionschefin im Grossen Stadtrat trägt sie schliesslich Mitverantwortung am Verlust von zwei Mandaten bei den letzten Wahlen.
    Hartnäckig halten sich weiter in der Öffentlichkeit wie in Netzwerken wenig schmeichelhafte Urteile über ihre Sozialkompetenz, in den Worten des bekannten Luzerner Politbloggers Herbert Fischer: «Sie gilt als besserwisserisch, pedantisch, schulmeisterlich, mitunter auch als arrogant.» Eine Kollegialbehörde wie den Stadtrat könnte ein solches Verhalten sehr belasten. Die Gefahr, dass Franziska Bitzis Kandidatur für den Stadtrat schon parteiintern endet wie bereits 2011 ihre Kandidatur für den Regierungsrat, ist also nicht von der Hand zu weisen.

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