Zuger Wahlen 2014

CSP will drei linke Stadtratssitze verteidigen

Die CSP der Stadt Zug tritt im Herbst mit Vroni Straub-Müller zur Stadtratswahl an. Um im übrigen Kanton zuzulegen, fehlen die finanziellen Mittel. (Bild: mag)

Vor vier Jahren jagte die Christlichsoziale Partei der CVP bei der Stadtratswahl einen Sitz ab. Damit stellte die CSP mit Andreas Bossard und Vroni Straub-Müller überraschend zwei der fünf Stadträte. Wie kam es dazu? Und welche Anliegen vertritt diese Partei überhaupt? zentral+ traf den abtretenden Stadtrat Andreas Bossard zum Gespräch.

Es war vor vier Jahren die grosse Überraschung: Bei der Wahl in den Stadtrat erreichte die Christlichsoziale Partei (CSP) zwei Sitze. Sie jagte der CVP, von der sich die CSP im Jahr 1998 trennte, ihren einzigen Sitz ab und wurde so für die CVP zur «Institution non grata». Mit dem bisherigen Andreas Bossard und der neu gewählten Vroni Straub-Müller wurde die CSP zur stärksten Partei in der Exekutive der Stadt Zug. Die bürgerlichen Parteien kündeten kurz darauf an, die alte Zusammensetzung bei den nächsten Wahlen wieder herzustellen.

Wie kam es zu diesem Sitzgewinn der CSP? Und welche Anliegen vertritt diese Partei überhaupt? Andreas Bossard streicht im Gespräch die Bedeutung der linken Mehrheit im Stadtrat hervor. Mit seinem Rücktritt bringt er das Kandidatenkarussell für die kommenden Wahlen im Herbst erst ins Rotieren. Er gefährdet mit diesem Entscheid nicht nur die Mehrheit der Linksparteien im Stadtrat, sondern auch die Zukunft seiner eigenen Partei.

zentral+: Hat die CSP mit zwei Stadträten ihren Höhepunkt erreicht?

Andreas Bossard: Das kann man sagen. Wir kämpfen aber nicht nur für uns. Die SP und die Alternativen betrachten wir als Verbündete. Wir wollen bei den kommenden Wahlen zusammen mit den Alternativen und der SP im Zuger Stadtrat wieder drei Sitze erreichen. Die linke Mehrheit ist uns wichtig. Ob ein Stadtrat zu den Alternativen, zur SP oder zur CSP gehört, ist mir nicht so wichtig. Die CSP wird in Zukunft im Stadtrat einen Sitz belegen. Dieser ist aber zwingend. Dabei ist unsere Partei auf eine Persönlichkeit angewiesen, die im Stadtrat mitbestimmt. Das durfte ich zwölf Jahre machen. Ich beende meine Tätigkeit mit einem guten Gefühl.

Was zeichnet Vorstösse und Initiativen der CSP aus?

Wir betreiben eine andere Politik, nicht gegen die Wirtschaft. Wir sind ja auch auf sie angewiesen, sie finanziert viele Projekte mit. Aber im Alltag ist unsere Politik menschlich und geht nicht nur über das Portemonnaie. Bei ethischen Fragen sind wir einfach fortschrittlicher, das muss man sehen. Es ist uns nicht egal, was in der Welt passiert. Was zum Beispiel mit Asylbewerbern geschieht. Das sind nicht einfach Parasiten, die nach Zug kommen und die man alle in denselben «Kübel» werfen kann. Man muss jeden einzelnen Fall eines Asylbewerbers genau anschauen. Wir leisten unseren Anteil, damit diese in der Schweiz untergebracht werden können. Wir weigern uns nicht wie andere Gemeinden im Kanton Zug, die keine oder nur sehr wenige Asylbewerber aufnehmen. Wir kommen unserer Pflicht nach.

«Es ist uns nicht egal, was in der Welt passiert. Was mit Asylbewerbern geschieht. Das sind nicht einfach Parasiten, die nach Zug kommen und die man alle in denselben «Kübel» werfen kann.»

Andreas Bossard, Zuger Stadtrat und Mitglied der CSP

Ist die CSP mit diesen beiden Sitzen im Stadtrat überrepräsentiert?

Da haben sie nicht ganz Unrecht. Es wäre am Gerechtesten, wenn jede Partei des linken Flügels je einen Sitz belegt hätte, also die SP, die CSP und die Alternativen. Schlussendlich entscheidet aber der Souverän über die Köpfe.

Wie kann die CSP ihren Rücktritt überleben?

Vroni Straub ist eine sehr starke Figur. Sie war im Kantonsrat Mitglied der Fraktion der Alternativen und wurde bei der letzten Stadtratswahl von ihnen unterstützt. Sie hat es damals natürlich auch aufgrund der Streitigkeiten innerhalb der CVP geschafft. Vroni Straub ist im Bildungsdepartement sehr gut eingebettet. Unser Anliegen ist es, bei den Wahlen im kommenden Herbst im städtischen Parlament stärker zu werden. Wir hoffen, dass wir das umsetzen können.

Es gibt Zuger, die sagen, die CSP sei ihnen ein Rätsel. Können sie sich vorstellen, weshalb?

Weil wir vor vier Jahren bei den Wahlen als kleine Partei zwei Sitze erreicht haben und die CVP leer ausging. Das schockierte einen Teil der Bürgerlichen der Stadt Zug. Diese beschlossen kurz darauf, dass dies nur vier Jahre dauern dürfe. Wir wurden während dieser Zeit von dieser Seite in einem Dauerwahlkampf konstant angegriffen, haben aber das Gefühl, dass die letzten vier Jahre erfolgreich verliefen. Im Gegensatz zur vorhergehenden Amtsperiode, die schwierig war im Stadtrat. Es gab damals viele Wechsel und Querelen.

Warum kam es zum Bruch mit der CVP?

Der Wirtschaftsflügel der Zuger CVP wurde Ende der 90er-Jahre immer stärker. Christlichsoziale Anliegen hatten nur noch wenig Platz. Es gab praktisch nur in der Stadt noch eine solche Vereinigung. So kam es bei den Wahlen 1998 zur Abspaltung. Die CVP hatte damals zwei Sitze im Stadtrat, einen Konservativen und einen Christlichsozialen. Ich wurde als zu linker Kandidat abgelehnt. Die CVP ging eine Listenverbindung mit der SVP ein. Für uns hatte es somit im ‹Schiff CVP› keinen Platz mehr. Es kam zur Trennung. 2002 kandidierte die CSP dann zusammen mit der SP und den Alternativen. Dolfi Müller und ich wurden gewählt.
Gesamtschweizerisch ist die CVP die typische Mittepartei. In der Stadt Zug ist die Ausrichtung der CVP im politischen Spektrum weiter rechts. Ich bedaure es, dass die CVP zu einer WVP wurde, einer Wirtschaftlichen Volkspartei. Andere Ortssektionen der Zuger CVP sind noch eher in der politischen Mitte anzusiedeln.

«Für uns hatte es im ‹Schiff CVP› keinen Platz mehr.»

Andreas Bossard

Arbeitet die CSP heute noch mit der CVP zusammen?

Auf nationaler Ebene arbeitet die CSP mit der CVP-Schweiz zusammen. Die CSP Schweiz ist verbunden mit der schweizerischen CVP. In der Stadt Zug ist die CSP für die CVP eine Institution non grata. Wenn ich an eine Parteiversammlung für ein Referat eingeladen werde, nehme ich diese natürlich an. Die CVP-Mitglieder sind einfach verhalten kritisch gegenüber uns, aber das halte ich gut aus.

Wo liegt die CSP im politischen Spektrum?

Mitte-Links. Wir werden aber zwischendurch als sehr links betrachtet. Soziale Anliegen, die Bewahrung von Grünzonen, nicht einfach allem nachgeben, nicht nur für die Wirtschaft denken, das wird konsequent als links bezeichnet.

Was unterscheidet die CSP dann von der SP und den Alternativen?

Einerseits die Entstehungsgeschichte. Die Christlichsozialen politisieren in Zug seit 1929. Andererseits das christliche Gedankengut. Wir setzen uns im christlichen Sinne sozial ein. Das macht die SP sicher auch. Grundsätzlich ergänzen wir einander. Das war auch der Erfolg bei den Wahlen vor vier Jahren. Die CSP zieht Wähler an, die sonst vielleicht nicht links wählen würden. Für viele Personen gehören wir noch zur Mitte. Das unterscheidet uns.

Eines ihrer politischen Credos ist: «Zug soll den Menschen und nicht den internationalen Firmen gehören.» Allerdings vertreiben die hohen Mieten Zuger aus ihrer Heimatstadt.

Wir wollen nicht alle vertreiben, die es sich nicht leisten können, in der Stadt Zug zu wohnen. Wir haben sehr wenig Sozialdossiers im Vergleich mit anderen ähnlich grossen Städten, weil diese bei uns gar nicht mehr wohnen können. Sie ziehen weg. Wir haben etliche Sozialwohnungen. Die Stadt verfügt über 400 städtische Wohnungen. Linke Kreise erzwangen damals mit einer Initiative die Schaffung von neuem günstigem Wohnraum. Die Bevölkerungsstruktur ist jetzt noch ausgeglichen. Die teuren Wohnungen, die jetzt gebaut werden, verändern dieses Gefüge jedoch langsam. 

Aber noch einmal: Die hohen Mieten vertreiben sozial schwache Personen aus Zug!

Das ist leider so und nicht gut. Die Stadt wird dadurch einseitig. Wir haben sehr viele Personen die zuziehen. Diese interessieren sich wenig, was in Zug läuft. Pro Jahr kommen rund 1800 Personen neu nach Zug. Demgegenüber stehen etwa 1400 Abmeldungen. Viele dieser Personen engagieren sich nicht in Vereinen. Wichtig ist, dass es einen Kern von Personen gibt, die in der Stadt wohnen, sich engagieren, sich einsetzen für eine gute Stadt. Das braucht es einfach.

Hat die CSP – die Linke generell – in den letzten vier Jahren im Bereich Sozialer Wohnungsbau nicht zu wenig bewegt?

Nein. Wir haben uns innerhalb von verschiedenen Gremien immer engagiert, den Sozialen Wohnungsbau voranzutreiben. Die Christlichsozialen haben vor vielen Jahren sogar die Wohnbaugenossenschaft Familia gegründet, die noch heute über Wohnungen verfügt und auch baut. Alle Vorlagen im Zusammenhang mit günstigem Wohnungsbau haben wir immer unterstützt.

Im anstehenden Wahlkampf werden die Finanzen der Stadt Zug und der Stadttunnel sicher eine Rolle spielen. Wie steht die CSP zu diesen Themen?

Ohne die unsäglichen Steuersenkungen hätten wir eigentlich genügend Mittel. Die Stadt hat dadurch pro Jahr über 20 bis 25 Millionen Franken Steuereinnahmen verloren. Gleichzeitig wurde der Finanzausgleich neu geregelt. Die Stadt Zug leistet dazu 70 Millionen jährlich. Die Zuger Gemeinden sind schweizweit die Einzigen, die finanziell zum Finanzausgleich beitragen müssen. Das wurde uns vom Kantonsrat so diktiert. In den anderen Geberkantonen müssen das die Gemeinden nicht. Um diese Beträge leisten zu können reicht es nicht, Firmen und vermögende Personen anzulocken. Deshalb schrieben wir in den letzten Jahren auch rote Zahlen. Wir versuchen das jetzt zu korrigieren, damit wir weniger bezahlen müssen. So könnten wir das Defizit auffangen.

Ende der 80er-Jahre war ich noch gegen den Stadttunnel. Die aktuelle Variante ist sehr ausgereift und landschaftlich eingebettet. Das würde unsere Innenstadt unglaublich aufwerten. Die Altstadt versinkt im Moment im Verkehr. Wir haben die gleiche Menge Verkehr in der Neugasse wie der Gotthardtunnel – täglich 22’000 Autos. Wir haben jeweils am Morgen und am Abend Stau. Am Gotthard ist dies nur am Wochenende der Fall. Für die Stadt Zug wäre die Realisierung des Stadttunnels hervorragend. Deshalb ist die CSP auch dafür. Bedingung ist aber, dass die Innenstadt aufgewertet und für den Durchgangsverkehr gesperrt wird.

Die CSP ist stark auf die Stadt Zug fokussiert. Wie sieht es in den anderen Gemeinden und im Kantonsrat aus? Wie sehen dort die Bestrebungen aus?

Wir haben in allen Gemeinden Mitglieder. Trotz der Konzentration auf die Stadt sind wir eine kantonale Vereinigung. Untersektionen in anderen Gemeinden wären schön. Im Rückblick betreiben wir dennoch eine effektive Politik. Sogar die Bürgerlichen bringen Vorschläge, die wir zehn Jahre zuvor schon einmal thematisiert haben. Man muss Ideen mehrmals lancieren, damit sie umgesetzt werden.

Ist dieser Fokus der CSP auf die Stadt Zug ein Problem?

Wir haben gar nicht die Energie, uns in anderen Gemeinden einzumischen. Zudem weiss ich nicht, ob das akzeptiert würde. Das muss durch eine Person angestossen werden, die vor Ort aktiv ist. Wir haben in Baar und Cham Personen, die sich engagieren. Dem sind aber auch Grenzen gesetzt. Es braucht auch die entsprechenden finanziellen Mittel, um etwas aufzugleisen.

Was will die CSP in Zug in den nächsten vier Jahren bewegen?

Weiterhin eine gute soziale Politik für alle betreiben. Zug soll weiterhin ein guter Wohnort sein. Den Verdrängungseffekt wollen wir stoppen. Es ist eine leidige Geschichte: Sobald wir in Zug bauen, werden die Wohnungen unglaublich teuer. Für einfache Leute muss man einen Ersatz finden. Ein Zuger muss zwar nur einmal im Jahr tiefe Steuern zahlen, dafür zwölf Mal hohe Mieten. Ihm bleibt am Schluss viel weniger im Portemonnaie übrig als jemandem, der auf dem Luzerner Land oder im Jura wohnt. Dagegen können wir kämpfen, in dem wir günstiges Bauland zur Verfügung stellen. Da kann man aber niemanden zwingen, nur ermuntern. Und das machen einzig öffentliche Körperschaften.

«Ein Zuger muss zwar nur einmal im Jahr tiefe Steuern zahlen, dafür zwölf Mal hohe Mieten.»

Andreas Bossard

Zum Schluss: Wer wird ihr Nachfolger?

Sicher ein Kandidat aus den linken Kreisen. Am liebsten eine Frau. Wir haben zu wenige Frauen in den Exekutiven im ganzen Kanton Zug. Ginge es nach den Bürgerlichen, würden wieder nur Männer die Ämter besetzen.

Das heisst, die Reihe wäre jetzt an den Alternativen?

Ja. Sie haben über Jahrzehnte gute Politik betrieben und stellten noch nie ein städtisches Exekutivmitglied. Ich würde es ihnen gönnen.

Linke Mehrheit gefährdet

Die drei linken Parteien – die Alternativen, die SP und die CSP – kamen bei den letzen Wahlen 2010 auf einen Wähleranteil von 40 Prozent. Gewählt wurden aber mit Dolfi Müller (SP), Andreas Bossard und Vroni Straub-Müller (beide CSP) drei linke Stadträte. Gut möglich, dass die bürgerlichen Parteien bei der anstehenden Wahl den verlorenen Sitz der CVP mit Urs Raschle zurückgewinnen. Die Linken Parteien verfügen seit den 90er-Jahren über zwei Sitze in der Exekutive der Stadt Zug. Die Christlichsoziale Partei (CSP) verfügt über rund 150 Mitglieder. Ihre finanziellen Mittel muss sie mit Mitglieder- und Mandatsbeiträgen zum grössten Teil selber auftreiben.

Vroni Straub-Müller hat ihre erneute Kandidatur für den Zuger Stadtrat bereits bestätigt. Die Kandidaten für den Grossen Gemeinderat der Stadt Zug und den Kantonsrat nominiert die CSP am 26. Juni.

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