Die Luzerner Hoteldirektorin Brigitte Heller kritisierte die Essensverschwendung am Buffet, produzierte Schlagzeilen und stellte damit unabsichtlich ihre Gäste aus dem Reich der Mitte an den Pranger. Nun haben chinesische Medien die Botschaft ebenfalls aufgenommen. Ob die Kritik gut ankommt?
Brigitte Heller sorgte mit ihrer Aktion Anfang Mai für grosses Aufsehen – bis über die Landesgrenzen hinaus. Die Chefin des Hotels Monopol und des Hotels Alpina Luzern sagte der Essens-Verschwendung den Kampf an: Ihre Kundschaft, darunter viele chinesische Gäste, sollen nur so viel Essen vom Buffet auf ihre Teller häufen, wie sie auch essen können. Das kam offenbar an. Die Verschwendung konnte gemäss Heller um 50 Prozent reduziert werden.
Die Massnahme fand bei Herrn und Frau Schweizer Anklang. Die Direktorin erzielte eine grosse Medienpräsenz und wurde für ihren «mutigen Kampf» gar für den Swiss Award 2015 in der Kategorie «Gesellschaft» nominiert. Sie steht damit auf der Kandidatenliste für die Verleihung des Titels «Schweizerin/Schweizer des Jahres 2015».
«Mir ging es nie um eine Anschuldigung.»
Brigitte Heller, Hoteldirektorin
Medien nehmen Schockbilder auf
Die Kehrseite: Mit der Foodwaste-Aktion stellte die Hotelmanagerin ihre chinesischen Gäste öffentlich an den Pranger. «Schockbilder gegen gierige Chinesen», titelte zum Beispiel der «Blick». Das sei aber nicht ihre Absicht gewesen, betont die Hotelmanagerin gegenüber zentral+.
Heller wollte eigentlich, so war ihr «Plan B», die asiatischen Gäste mit abschreckenden Bildern von hungernden Kindern ermahnen. «Mir ging es nie um eine Anschuldigung, ich wollte meine Gäste immer freundlich informieren», sagt sie. «Die Plakate kamen gar nicht zum Einsatz.» Schlagzeilen gab es trotzdem.
«Sowas hört eigentlich niemand gerne.»
Sybille Gerardi, Luzern Tourismus
Als Kritik aufgefasst
In China werden die Boulevard-Artikel aus der Schweiz nun ebenfalls gelesen – und als Kritik aufgefasst. Sybille Gerardi, Sprecherin von Luzern Tourismus, sagt, dass Food Wasting auch in China genauso wie in der Schweiz schon länger ein Thema ist. «Einige Medien wurden dann aber auf die Berichte aufmerksam, und man diskutierte auf Social-Media-Plattformen vermehrt darüber.»
Die Hongkonger Newsseite «EJ Insight» berichtete zum Beispiel, chinesische Touristen würden im Ausland kritisiert und seien dafür berüchtigt, am Büffet mehr auf den Teller zu packen, als sie essen können. Auch die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete über schlechte Manieren ihrer Landsleute.
Die Gäste aus dem Reich der Mitte benähmen sich schlecht, so die Botschaft aus der Schweiz – oder eben aus Luzern. «Chinesen sind zwar nicht empfindlicher als andere Touristengruppen. Aber sowas hört eigentlich niemand gerne», sagt Gerardi. Auswirkungen auf das Schweizer Image in China oder gar auf den Reisemarkt hätten diese Artikel allerdings keine. «Die Berichterstattung fand über einen kurzen Zeitraum statt. Die Folgen sind für uns nicht spürbar.»
Benimmregeln seit 2013
In China sei man sich sehr wohl bewusst, dass man sich im Ausland passend verhalten soll. ««Die Guides sind auch sehr bemüht, ihre Gruppen entsprechend zu briefen», sagt Gerardi. Und seit Oktober 2013 gilt sogar ein Tourismusgesetz, dessen Credo ungefähr lautet: «Ein zivilisierter Tourist zu sein, ist jedes Bürgers Pflicht.» Das sei allerdings mehr eine Art «Guideline»; zur Aufklärung und Information. «Strafen oder Sanktionen gibt es bei Missachtung keine.»
«Eine kleine Ergänzung des Buffets wirkt bereits Wunder.»
Sybille Geradi, Luzern Tourismus
Das Gesetz wurde nach mehreren negativen Ereignissen erlassen, so Gerardi. Etwa, weil ein Teenager aus Nanking im Tempel von Luxor «Ding Jinhao war hier» in die Wand ritzte. Oder weil eine chinesische Mutter ihr kleines Kind mitten in der Abflughalle eines Flughafens in Taiwan auf einer Zeitung sein Geschäft verrichten ließ und weil eine chinesische Reisegruppe an Bord von Singapore Airlines sich im Kollektiv weigerte, das feine Besteck wieder rauszurücken.
Darüber hinaus publizierte die chinesische Regierung einen 64 Seiten starken «Knigge», der das Auftreten ihrer Landsleute im Ausland beeinflussen soll. Es sind einfache Zeichnungen, die folgende mahnt etwa dazu, nicht allzu viel Essen auf den Teller zu hiefen.
Gerardi meint, mit der chinesischen Kultur habe es wenig bis gar nichts zu tun, wenn Lebensmittel auf den Tellern zurückgelassen würden. «Chinesen sind es sich nicht gewohnt, schweizerische Lebensmittel zu essen. Eine kleine Ergänzung des Buffets wirkt da bereits Wunder.»
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