Kettenmails kursieren in Luzern

Bürgerliches Komitee verärgert Stimmbürger mit Spam-Mail

Das Komitee «Nein zur Bevormundung» wehrt sich gegen die Revision des Energiereglements. Nun sind Kettenmails im Umlauf, die auf Kritik stossen. Der Kampagnenleiter gibt sich kleinlaut.

Sie weibeln gegen die Bevormundung in Essensfragen – scheinen jedoch handkehrum Luzerner mit Spam-Mails in politischen Angelegenheiten bevormunden zu wollen.

Ein zentralplus-Leser fand in seinem E-Mail-Posteingang eine Nachricht mit dem Betreff «3 × Nein zur Bevormundung in Essensfragen». Und dies, obwohl er solche Nachrichten weder schätze, geschweige denn abonniert habe. Auch andere Personen aus seinem Umfeld hätten diese Nachricht erhalten. «Ein bürgerliches Bündnis verwendet da offenbar Mail-Adressen von zweifelhafter Herkunft», so der Leser, der lieber anonym bleiben möchte.

«Mündige Bürgerinnen und Bürger brauchen keine Umerziehung und auch keine Empfehlungen in Essensfragen», heisst es in der E-Mail, das vom Komitee verschickt wurde. Und weiter: «Wir rufen Sie deshalb auf, die beiden eidgenössischen Vorlagen und in der Stadt Luzern auch die Revision des Energiereglements abzulehnen. Bitte Nein weiterempfehlen.»

Kampagnenleiter zeigt sich selbstkritisch

Ist es nicht kontrovers, sich gegen eine Bevormundung in Essensfragen zu wehren und zugleich Stimmberechtigte in ihren politischen Entscheidungen bevormunden zu wollen?

Peter Steiner, Kampagnenleiter des Komitees, spricht in diesem Fall nicht von einer Bevormundung – sondern von einer Empfehlung für die kommende Abstimmung.

Das städtische Energiereglement erhitzt in Luzern schon seit Wochen die Gemüter (zentralplus berichtete). Am 23. September entscheidet das Luzerner Stimmvolk über eine Änderung des Energiereglements. Gestritten wird über einen Satz: «Die Stadt setzt sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Förderung der nachhaltigen Ernährung und die Information über den Einfluss der Ernährung auf das globale Klima und die Umwelt ein.»

Die bürgerlichen Parteien ergriffen das Referendum, weil sie durch zuvor aufgeführten Satz eine Bevormundung durch die Behörden fürchten (zentralplus berichtete).

Peter Steiner hat wegen der Ketten-Mails schon vereinzelte Reklamationen erhalten, wie er auf Anfrage erklärt. Und er verstehe, wenn Leute heikel darauf reagieren würden. Zudem gebe es bei der E-Mail keinen Link, durch den man den Newsletter abbestellen könne. «Dass man die E-Mails des Komitees nicht abbestellen kann, sehe ich selbst als einen Mangel an», stellt Steiner selbstkritisch klar.

«Aus dem Eifer heraus»

Ist es illegal, in E-Mails politische Werbung zu betreiben? «Nein», stellt Alex von Hettlingen, Kommunikationsbeauftragter des Konsumentenschutzes, klar.

Für Politik gilt der «Stopp»-Kleber am Briefkasten nicht. Auch Werbung im virtuellen E-Mail-Posteingang kann nicht verboten werden, denn politische Verbände und Interessengemeinschaften müssen die Spamvorschriften nicht einhalten. Gemäss dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gilt das Spamverbot nur im Wirtschaftswettbewerb. Der Bund empfiehlt jedoch, «im Interesse aller» die Spamvorschriften dennoch einzuhalten.

Peter Steiner ist sich bewusst, dass einzelne Empfänger die Mail als störend empfunden haben. «Es entstand aus dem Eifer heraus, die Abstimmung gewinnen zu wollen», so Steiner. Dafür möchte er sich im Namen des Komitees entschuldigen. Und dies habe das Komitee mittlerweile auch getan. Eine Handvoll Personen habe sich beim Komitee selbst aufgrund der Mail beschwert. In einer persönlichen Nachricht habe man sich bei den betroffenen Personen entschuldigt. Diese E-Mail-Adressen seien auch aus dem Server gelöscht worden.

Unklar, woher Adressen genau kommen

Die E-Mail sei an rund 1’500 Adressen geschickt worden, wie Peter Steiner sagt. Jedoch sei die E-Mail auch über die Stadt hinaus im Kanton Luzern verschickt worden, da man sich in der Nachricht auch auf die beiden eidgenössischen Initiativen «Fair Food» und die Initiative Ernährungssouveränität berufe.

Aus welchem Verteiler sie die E-Mail-Adressen erhalten haben, könne Steiner indes nicht mit Sicherheit sagen. «Die E-Mail-Adressen wurden über verschiedene Personen zusammengetragen, hinter denen verschiedene Parteien, Organisationen und Verbände stehen.»

Das gesamte E-Mail können Sie im Folgenden lesen:

Das E-Mail, über das sich ein zentralplus-Leser ärgert.

Die E-Mail, über die sich ein zentralplus-Leser ärgert.

(Bild: zvg)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von lulu
    lulu, 06.09.2018, 21:09 Uhr

    «Bevormundung»: So ein Quatsch! Wenn das Komitee ehrlich und konsequent sein möchte, müsste es gegen jede Werbung sein.

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