Steuerpolitik im Kanton Luzern

Bürger sollen für ausbleibende Unternehmenssteuer bluten

Nicht nur die Aussicht ist für Unternehmen in Luzern paradiesisch (auf dem Bild: Bucherer AG, Luzern) (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Per 2012 hat der Kanton Luzern die Unternehmenssteuer halbiert und wurde so zum steuerlich attraktivsten Firmenstandort der Schweiz. Bis dato blieb der erhoffte Effekt, mit mehr Unternehmen das Steuersubstrat zu erhöhen, jedoch aus. Das entstandene Loch bei den Einnahmen sollen nun vor allem Privatpersonen füllen, welche eh schon mit Steuererhöhungen in der Wohngemeinde zu rechnen haben.

21 Luzerner Gemeinden, beinahe jede vierte, erhöhte 2013 den Gemeindesteuerfuss. Und schon steht den Haushalten die nächste Steuererhöhung ins Haus: Der Kanton Luzern möchte die weggefallenen Steuererträge seitens der Unternehmen mit einer Anhebung des Steuerfusses von 0,10 Einheiten kompensieren. Auch diese würde die privaten Haushalte belasten.

Dagegen wehrt sich nun die Präsidentin der SP Kanton Luzern, Felicitas Zopfi-Gassner, mit zwei dringlichen Motionen. Einerseits wird gefordert, die Unternehmensteuer wieder moderat zu erhöhen, und das schon auf Januar 2015. Ebenfalls auf diesen Termin soll die Vermögensteuer erhöht werden. Diese wurde per 2009 halbiert, was die Steuereinnahmen um rund 32 Millionen schmälerte. In der Motion wird betont, dass der Steuertarif für das Vermögen im Moment 0,75 Promille beträgt und selbst nach dieser moderaten Anhebung «noch sehr tief» sei. Zudem werde über die Besteuerung des Vermögens dem Grundsatz nach Besteuerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung getragen.

2012 zahlten Bürger 22 Millionen mehr – Unternehmen 40 Millionen weniger

Bereits im Jahr 2012 bezahlten die natürlichen Steuerpflichtigen 22 Millionen mehr in die Kasse des Kantons. Den Finanzierungsgrad der gesamten Steuereinnahmen steigerten sie damit von 68,87 Prozent auf 71,57 Prozent. Dem gegenüber stehen die Unternehmen, welche rund 40 Millionen weniger zum Steuerertrag beitrugen. Ihr Anteil am Total der kantonalen Steuereinnahmen sank 2012 auf 8,9 Prozent, im Jahr 2011 betrug er noch 12,6 Prozent. Oder anders gesagt: Sie reduzierten ihren Anteil an den Kantonssteuern innert eines Jahres um annähernd 30 Prozent. Kompensiert wurde dies durch Privatpersonen.

Dabei fällt auf, dass 2012 die gesamten Steuereinnahmen des Kantons um rund 8 Millionen zurückgingen. Dies, obwohl die Bürger  im Jahr 2012 um 3,1 Prozent mehr Einkommens- und Vermögenssteuern bezahlten. Da diese Mehreinnahmen nicht reichen, soll nun auch der kantonale Steuerfuss erhöht werden – die Unternehmenssteuer dagegen soll unangetastet bleiben.

Felicitas Zopfi-Gassner hat deshalb im Kantonsrat zwei dringliche Motionen eingereicht. «Der Kanton benötigt dringend mehr Einnahmen», sagt Zopfi-Gassner und fügt an, «dass wir jetzt an einem Punkt angelangt sind, wo weiteres Sparen dem Kanton Luzern an die Substanz geht und nicht mehr zu verantworten ist.»

Sie setzt sich einerseits dafür ein, dass die Unternehmenssteuern wieder moderat erhöht werden, andererseits verlangt Zopfi-Gassner, dass nicht nur der kantonale Steuerfuss, sondern auch die Vermögenssteuer nach oben angepasst werden. «Jetzt müssen alle mithelfen», verdeutlicht Zopfi-Gassner die aktuelle Situation. Es könne nicht sein, dass die natürlichen Personen alleine für die Steuerausfälle aufkommen müssten. «Es braucht nicht nur eine Korrektur bei den Unternehmens-, sondern auch bei den Vermögenssteuern», sagt die Kantonalpräsidentin der SP und ergänzt, «das durch die Steuersenkerei entstandene Loch soll so schnell wie möglich gestopft werden.»

Bürgerliche klar gegen jede Anpassung

Im Vorfeld der Kantonsratsdebatte äusserte sich Finanzdirektor Marcel Schwerzmann in einem Artikel zur kantonalen Steuerstrategie Ende Oktober auf zentral+ wie folgt: «Wir müssen jetzt an diese Steuerstrategie glauben, sie durchziehen und durchstehen.» Daran hat sich bis heute nichts geändert. Für eine aktuelle Stellungnahme stand Schwerzmann nicht zur Verfügung.

Genau so sieht das auch die CVP, wie Fraktionschef Ludwig Peyer wissen lässt: «Die Unternehmenssteuer gehört zu einer Strategie, die man nicht nach dem ersten Jahr schon über Bord wirft, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden. Unternehmen planen langfristig, da braucht es Planungssicherheit und es mag kein Hüst und Hott leiden.» Peyer betont weiter, dass zur Steuerstrategie auch die Entlastung der natürlichen Personen gehöre. Auch die FDP lässt durch Kantonsrat Andreas Heer wissen, dass «die Liberalen an der von den Luzerner Stimmberechtigten genehmigten Steuerstrategie festhalten. Handelskammer, Wirtschaftsförderung, Gewerbeverband und viele Unternehmerpersönlichkeiten fordern die Politik auf, an der Umsetzung der Strategie, welche langfristig erfolgreich sein wird, unbedingt festzuhalten.»

Die bürgerlichen Parteien wollen aber nicht nur an der Strategie der Unternehmenssteuer festhalten. Auch der Vorschlag von Zopfi-Gassner, die Vermögenssteuer moderat anzuheben, stösst auf kein Verständnis, wie Andreas Heer von der FDP klarstellt: «Die Halbierung der Vermögenssteuer, umgesetzt 2008, war wichtig, um im Wettbewerb mit anderen Innerschweizer Kantonen bestehen zu können. Das hat das Abwandern von Steuersubstrat verhindert.»

Für Ludwig Peyer von der CVP werden die Vermögenden schon genug zur Kasse gebeten: «Eine Anhebung der Vermögenssteuer ist kein taugliches Instrument für die CVP, man kann nicht dauernd bei den «Reichen» ins Portemonnaie greifen, zumal schon jetzt ein kleiner Teil der Kantonsbevölkerung den grössten Teil des Steuersubstrats aufbringt.»

Unternehmenssteuer: Nicht für alle Firmen das Zünglein an der Waage

Anders sehen es zunehmend mehr Unternehmen. VonRoll infratec, zu der auch die Emmenbrückener Giesserei vonRoll casting zählt, wendet sich an die Wirtschaftsförderung des Kantons Luzern. Im Schreiben, das von SP-Kantonsrat und Juso-Präsident David Roth teilweise auf Facebook veröffentlicht wurde, heisst es: «Aus unserer Sicht geht es nicht darum, die tiefsten Ertragssteuersätze zu haben. vonRoll hat sich immer dazu bekannt, dass die Kernaufgaben der öffentlichen Hand eine nachhaltige Finanzierung benötigen.» Laut David Roth verträten viele Unternehmen die Ansicht, dass die Unternehmenssteuer nicht der entscheidende Punkt sei. «Die Steuererhöhung dient lediglich dazu, den Selbstfinanzierungsgrad zu halten», sagt David Roth. «Diese Finanzplanung kann nie funktionieren.»

Ein Finanzplan, der niemals funktionieren kann? Dagegen wehrt sich Ludwig Peyer von der CVP: «Die Finanzplanung des Kantons ist durchaus verlässlich. Wir müssen für zwei bis drei Jahre mehr Geld haben, in der Zwischenzeit müssen im Programm «Leistungen und Strukturen II» innert drei Jahren insgesamt 220 Millionen Franken eingespart werden. Da sind die paar Millionen weniger bei den Unternehmenssteuern ein Klacks.»

Weiteres Sparen oder zurück in die Steuerhölle?

Mit Spannung dürfen nun die Diskussionen in den anstehenden Sessionen des Kantonsrates erwartet werden. Im Raum stehen Abbaupakete über alle Departemente, welche die Kantonsausgaben um 220 Millionen senken sollen. Laut Giorgio Pardini, SP-Kantonsrat und Präsident des Luzerner Gewerkschaftsbundes (LGB), würden so tiefere Einkommensschichten und der Mittelstand mit höheren Steuerabgaben belastet: «Statt einer moderaten Erhöhung der tiefsten Unternehmenssteuern der Schweiz, soll nun die Gesamtbevölkerung für das Unvermögen der Politik geradestehen und mehr Steuern abliefern.» Für den Gewerkschaftsbund-Präsidenten ist klar: «Wenn der Finanzdirektor sein Versprechen nicht mehr einhalten kann, muss die Steuerstrategie angepasst werden.»

Stellt sich die Frage, in wie fern die Steuerstrategie angepasst werden soll. In Richtung der Unternehmen und Vermögenden, wie es die beiden Motionen von Felicitas Zopfi-Gassner verlangen, oder per Anhebung des kantonalen Steuerfusses für natürliche Personen?
Ludwig Peter von der CVP findet zum Beispiel eine verpasste Chance bei den natürlichen Personen: «Die grossen Ertragsausfälle hat der Kanton nämlich aus der Reduktion der Steuern bei den natürlichen Personen zu tragen. Dort gab es einen Volksentscheid und dort machten auch die linken Partien teilweise mit. Wir haben denselben Steuerertrag bei den natürlichen Personen wie 2002, es leben aber per 2012 30’000 Personen mehr im Kanton.» Tatsächlich sank der kantonale Steuerfuss seit dem Jahr 2002 von 1,90 Einheiten auf die heutigen 1,50 Einheiten. Derselbe Peyer stellt aber auch klar: «Zur Steuerstrategie gehört auch die Entlastung der natürlichen Personen.»

Anhaltendes Ausgabenwachstum?

Wo soll also der Hebel angesetzt werden, um die Kantonsfinanzen wieder in den Griff zu bekommen? Für Andreas Heer von der FDP scheint der Fall klar: «Wir stellen kein Einnahmeproblem fest, sondern der Kanton hat ein anhaltendes Ausgabenwachstum.» Nur logisch, verursacht doch eine wachsende Bevölkerung auch Mehrausgaben bei Infrastruktur oder Bildung. Heer warnt aber davor, jetzt vorschnelle Änderungen in der Steuerstrategie vorzunehmen. Dies würde dem Wirtschaftsstandort Luzern schaden und es würden «die bisherigen Investitionen beim Ausbruch aus der Steuerhölle Luzern zunichte gemacht».

Bleibt also schlussendlich doch nur die Erhöhung des kantonalen Steuerfusses um einen Zehntel? Marcel Budmiger, der Geschäftsführer des Luzerner Gewerkschaftsbundes, stellt sich klar gegen diese Absicht: «Mangels sozialer Verantwortung soll nun allein der Steuerfuss erhöht werden, wo Luzern im Gegensatz zu den Unternehmenssteuern keinen Spitzenplatz einnimmt. Dazu sagen wir klar Nein.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von MikeZ
    MikeZ, 13.12.2013, 13:30 Uhr

    Ich wundere mich schon ein wenig, dass immer noch so viele Organisationen und Parteien nach mehr Einnahmen schreien, statt den gesunden Menschenverstand und in erster Linie die Fakten wieder vermehrt ins Spiel zu bringen.
    Tatsache ist, dass der Kanton Luzern seit 1998 rund 13% mehr Personen beheimatet und im gleichen Zeitraum rund 15% mehr Steuereinnahmen generieren konnte (Quelle: lustat Statistik Luzern). Das heisst, dem Kanton stehen pro EinwohnerIn jetzt rund 2% mehr an Steuereinnahmen zur Verfügung als noch vor 15 Jahren. MEHR nicht WENIGER!
    Dies wohlgemerkt trotz deutlicher Reduktion der Steuersätze!

    Fazit: Es besteht unzweifelhaft ein Ausgabenproblem. Will man also den Ursachen wirklich auf den Grund gehen, müsste man analysieren, ob es wirklich all die zusätzlichen Aufwände der öffentlichen Hand braucht, oder ob diese nicht wieder vermehrt benutzergerecht oder – wie im Strassenverkehr häufig gehört – verursachergerecht in Form der Rückgabe der Verantwortung an die Bevölkerung geregelt werden sollten?
    Wenn jeder selber entscheiden darf oder muss, ob etwas wirklich zwingend notwendig oder doch eher einfach ein «Nice-to-have» ist, erledigt sich die Ausgaben-Frage von alleine. Das Umverteilungs-Argument von «reich zu arm» kann in der Schweiz auch nicht wirklich geltend gemacht werden.
    Für die wirklich Armen bleibt auch mit drastischen Sparmassnahmen im «Nice-to-have» Segment noch mehr als genug übrig und der ganze Rest der Bevölkerung nagt nicht gerade am Hungertuch.

    Wir sollten weg kommen von der Illusion, dass alle wie Superreiche leben können und der Staat dann auch noch für alles bezahlen soll.
    Stattdessen sollte Bescheidenheit und Eigenverantwortung gefördert und belohnt werden. Ganz nach dem Motto: Mit gutem Beispiel voran!

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