Nun diktiert der Kanton

Budget gescheitert: Finanzkrimi in Kriens endet mit klarem Nein

Es wurde viel diskutiert, aber auf eine gemeinsame Linie einigen konnte sich der Einwohnerrat von Kriens beim Budget 2021 nicht. (Bild: jal)

Die Stadt Kriens gibt das Zepter aus der Hand: Auch der zweite Entwurf für das Budget 2021 scheiterte, diesmal bereits im Einwohnerrat. In Abwesenheit von Finanzchef Roger Erni führten Steuererhöhung und Sparmassnahmen zu einer unheiligen Allianz – und damit zum Absturz. Jetzt muss der Regierungsrat das Budget festsetzen.

In Kriens muss der Regierungsrat des Kantons Luzern die finanzpolitischen Weichen stellen. Der Einwohnerrat hat am Donnerstag die zweite Version des Budgets 2021 abgelehnt.

Bereits der Start der Debatte verlief denkbar schlecht: Finanzvorsteher Roger Erni, der die Steuererhöhung und die Sparmassnahmen verteidigen sollte, konnte am Donnerstag nicht an der Sitzung des Einwohnerrates teilnehmen. Der FDP-Stadtrat musste sich wegen eines Covid-Falles in der Familie in Quarantäne begeben.

Stadtrat bewegte sich nicht

Und so kam seinem Stellvertreter, Bildungsvorsteher Marco Frauenknecht, die schwierige Aufgabe zu, das Parlament vom neuen Budget zu überzeugen. Der Stadtrat werde an seinem Vorschlag festhalten und sämtliche Anträge ablehnen, bekräftigte er zu Beginn den Kurs. «Nicht, weil wir mit dem ‹Grind› durch die Wand wollen, sondern weil wir als konkordante Regierung miteinander vorwärtsgehen möchten.»

Zur Erinnerung: Im Januar lehnte die Bevölkerung das Budget 2021 mit wuchtiger Mehrheit von 65 Prozent ab. Der Stadtrat musste eine neue Version erarbeiten, hielt aber an der Steuererhöhung fest. Das neue Budget sieht ein Plus von 900’000 Franken vor. Erreicht wird dies auch dank mehreren Sparmassnahmen, beispielsweise bei den Betreuungsgutscheinen (zentralplus berichtete).

Unheilige Allianz – und ein unerhörter Warner

Wie sich bereits im Vorfeld abzeichnete, gab es von unterschiedlicher Seite Widerstand. Die Bürgerlichen kritisierten die Steuererhöhung, die linken Parteien inklusive Grünliberale die Sparmassnahmen. Sogar die zuständige Kommission für Finanzen und Gemeindeentwicklung (KFG) lehnte das Budget ab, wie ihr Präsident Martin Zellweger beinahe etwas zerknirscht ankündigte. Einzig die CVP/JCVP plädierte dafür, in den sauren Apfel zu beissen und dem vorliegenden Kompromiss zuzustimmen.

«Der Verlierer dieser Allianz ist Kriens. Das ist eine Bankrotterklärung der Politik.»

Räto Camenisch, SVP

Angesichts des drohenden Scheiterns wandte sich Räto Camenisch in einem dringlichen Appell an den Einwohnerrat, dem er selber seit 17 Jahren angehört. «Es tut mir wirklich weh, dass sich jetzt eine unheilige Allianz bildet», sagte der SVP-Politiker eingangs der Debatte und kritisierte das Hickhack der Parteien, denen er fehlende Kompromissbereitschaft vorwarf. Wenn der Regierungsrat eingreifen müsse, sei das eine Demütigung für Kriens. «Der Verlierer dieser Allianz ist Kriens. Das ist eine Bankrotterklärung der Politik.»

Doch sein Aufruf verhallte. Denn die Parteien konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen. Zu eng waren die roten Linien sowohl auf linker wie auch auf bürgerlicher Seite abgesteckt.

Umstrittene Sparmassnahmen

Für die Linken war klar: Die vom Stadtrat vorgeschlagenen Sparmassnahmen sind nicht nachhaltig, machen Kriens unattraktiv und führen durch die Hintertür zu höheren Kosten. In einem Punkt konnte sie dabei die CVP überzeugen, die derzeit im Krienser Einwohnerrat das Zünglein an der Waage spielt: bei den Betreuungsgutscheinen.

Der Stadtrat will dort die Beiträge kürzen und die Tarife anpassen, sodass weniger Familien finanzielle Unterstützung erhalten würden. Konkret geht es um einen Gesamtbetrag von rund 155'000 Franken. Das stiess auf breiten Widerstand: Eine Mehrheit stimmte dem Antrag der Finanzkommission zu, diese Kürzungen aus dem Budget zu kippen.

Gescheitert sind am Donnerstag hingegen alle weiteren Anträge von linker Seite, die Sparmassnahmen beim städtischen Personal, der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder bei den hauswirtschaftlichen Leistungen der Spitex rückgängig machen wollen.

«Dieses Streichkonzert ist für ein mehrheitsfähiges Budget keine Option», sagte Pascal Meyer (GLP) stellvertretend für die linke Ratsseite.

Mittelweg bei den Steuern findet keine Mehrheit

Das «Pièce de Resistance» auf der rechten Ratsseite war die geplante Steuererhöhung. Daran festzuhalten, missachte das Abstimmungsergebnis zum ersten Budget, sagte Martin Zellweger (SVP). Seine Fraktion schlug als Kompromiss vor, den Steuerfuss von 1,9 nur auf 1,95 statt auf 2,0 Einheiten zu erhöhen. «Wir machen einen Schritt auf das Volk zu und zeigen dem Stimmbürger, dass wir ihm zuhören.» 

Damit entgingen der Stadt Kriens aber Steuereinnahmen von knapp 2 Millionen Franken – und das Budget 2021 sähe folglich wieder ein Defizit vor. Das wollte auch die SVP nicht. Doch wie dieses Loch stopfen? Dazu griff die SVP in die Trickkiste: Statt weiter zu sparen, schlug sie vor, im Budget mehr Steuereinnahmen zu erwarten. Martin Zellweger verwies auf die Entwicklung der letzten Jahre, die diese optimistischere Annahme rechtfertige. Unterstützt wurde die SVP von der FDP-Fraktion.

«Wir verlassen unseren Weg der gesunden Stadtfinanzen im Gleichgewicht so bereits wieder.»

Raoul Niederberger, Grüne

Die Grünen hingegen mahnten zur Vorsicht bei den Prognosen. «Wir verlassen unseren Weg der gesunden Stadtfinanzen im Gleichgewicht so bereits wieder», sagte Raoul Niederberger. Ebenso wehrte sich die SP gegen dieses «Nullsummenspiel». Kriens brauche höhere Einnahmen, um Schulden abzubauen, sagte Michael Portmann.

Die CVP/JCVP-Fraktion liess das Pendel zugunsten der ursprünglichen Steuererhöhung ausschlagen. Andreas Vonesch sprach von einem Vernunftentscheid, der Kriens den nötigen Handlungsspielraum verschaffe. Zudem rechnete er vor, dass bei der Steuererhöhung um einen Zehntel die Hälfte der Bevölkerung weniger als zehn Franken mehr Steuern pro Monat zahlen müsse.

Deutliches Nein stellt niemanden zufrieden

Der Weg war damit vorgespurt für das endgültige Nein: Der Einwohnerrat lehnte das Budget mit 22 zu 6 Stimmen deutlich ab.

Der neue Stadtrat scheitert also mit seinem eigenen Budget 2021, nachdem im Januar bereits der noch vom vorgängigen Stadtrat ausgearbeitete Vorschlag Schiffbruch erlitt. Kriens erlebt nun, was Emmen vor wenigen Jahren blühte: Der Regierungsrat muss das Budget der Gemeinde inklusive Steuerfuss festlegen.

Richtig zufrieden schien im Einwohnerrat am Donnerstag damit niemand. Oder wie es FDP-Einwohnerrat Beat Tanner formulierte: «Es ist schade, aber offenbar sind wir in diesem Parlament nicht imstande, einen Kompromiss zu finden.»

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 29.04.2021, 20:50 Uhr

    Krimi! Kriens!

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  • Profilfoto von Andreas Pearson
    Andreas Pearson, 29.04.2021, 18:51 Uhr

    Eine Festsetzung der Steuer bei 1.95 Einheiten wäre ein guter und akzeptabler Kompromiss gewesen. Da hätte auch ich zugestimmt. Die vom Stadtrat beschlossenen Budgetkürzungen, auch für Betreuungsgutscheine, sind in Ordnung. Der Stadtrat hat da gute Arbeit geleistet. Schade. Jetzt liegt es am Regierungsrat.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 29.04.2021, 17:03 Uhr

    Tja. Wenn sich die Kinder nur zanken und nichts auf die Reihe kriegen, muss halt Väterchen Staat eingreifen.

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  • Profilfoto von Kurt heller
    Kurt heller, 29.04.2021, 16:40 Uhr

    So kommt wohl die vernünftige Steuer-Erhöhung halt durch den Regierungsrat.
    Dies umso mehr, als die damals aufgezwungene Steuersenkung nur wegen der unseligen und ungerechten AF diktiert wurde.

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  • Profilfoto von Renggloch Böög
    Renggloch Böög, 29.04.2021, 15:43 Uhr

    Note 10 für dieses Provinztheater, doch leider einer Stadt unwürdig. In Kriens gibt es nur eie Lösung, alle Raus!!! Einwohnerrat inkl. neuem Stadtrat. Der Kredit ist längst verspielt…… Nominiert endlich Fachleute, nicht Parteileute!

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  • Profilfoto von Der Obernauer
    Der Obernauer, 29.04.2021, 13:17 Uhr

    Herr Camenisch hat absolut recht. Das ist die absolute Bankrotterklärung des Einwohnerrates. Der Stadtrat hat dies durch die Arbeitsverweigerung des zuständigen Finanzvorstehers noch zusätzlich gefördert. Erstes Budget einfach vom abgesetzten / abgewählten / zurückgetretenen Rat übernommen und als es wuchtig abgelehnt wurde, hat man schnell etwas hingeschludert und die Bevölkerung und deren Willen komplett missachtet.
    Zusätzlich kommt noch der PUK Bericht dazu. Der lässt ja weder am Einwohnerrat und der Regierung ein gutes Haar. Es wäre wirklich an der Zeit den Laden gründlich auszuräumen und die Verantwortlichen klar zu Benennen und zur Verantwortung zu ziehen. Der Modespruch, das wir nun in die Zukunft schauen müssten reicht absolut nicht mehr. Das Volk hat schon lange genug von diesem unwürdigen Theater !

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