Wird die Zuger Kantonsregierung zum Männergremium?

Brüngger: «Vielleicht hätte ich meine Pfadi-Gspänli mitbringen sollen»

Sie wären alle gern für die FDP Regierungsrat geworden: Roger Bosshart (links) , Carina Brüngger, Florian Weber und Andreas Hostettler.

(Bild: mam)

Die Nichtberücksichtigung von Carina Brüngger als FDP-Kandidatin für den Regierungsrat wirft im Kanton Zug hohe Wellen. Nicht nur die politische Linke fordert einen höheren Frauenanteil in der Regierung.

Nur zwei Stimmen hatten der Steinhauser Gemeinderätin Carina Brüngger-Ebinger (52) vor einer Woche gefehlt, um von den Freisinngen des Kantons Zug an ihrer Nominationsversammlung aufs Schild für die Regierungsratswahl gehoben zu werden (zentralplus berichtete). Sie bekam 88 Stimmen, Mitbewerber Andreas Hostettler aus Baar 90. Die Stimmen wurden nochmals nachgezählt, aber Brüngger musste sich geschlagen geben.

Dabei war Carina Brüngger von den FDP-Frauen des Kantons Zug sorgsam aufgebaut worden, hatte im Herbst an der Zuger Messe für die eigene Sache geworben, trat mit der Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala auf und wurde allseits gerühmt für ihre Politik als Finanzchefin im Steinhauser Gemeinderat, dem sie seit sieben Jahren angehört. Als hart arbeitende Mutter von zwei Kindern und treu sorgende Ehefrau schien sie die Idealbesetzung für den Regierungsrat, dem derzeit nur eine einzige Frau angehört: Frau Landammann Manuela Weichelt-Picard (50, ALG).

Keine Alibifrau

Nach der knappen Niederlage von Brüngger bekommt die Freisinnige viel Zuspruch aus dem linken Lager – wegen ihres Geschlechts. Andreas Lustenberger, Präsident der Alternativen – die Grünen (ALG), wetterte in der «Zuger Zeitung» gegen die Bürgerlichen, «bei denen die Gleichstellung noch nicht angekommen ist». Die Linke stelle seit zwölf Jahren die einzige Frau. «Es ist aber nicht alleine unsere Aufgabe, für den Frauenanteil zu sorgen.»

Auch SP-Präsidentin Barbara Gysel glaubt, dass der Linken die Verantwortung zugeschoben wird, Frauen für die Regierung zu stellen. Es sei wichtig, dass es sich nicht nur um «Dekorationskandidaturen» handle, sondern um Personen mit wirklichen Wahlchancen. Und diese billigte sie Brüngger zu.

Die Linken halten gemischte, männlich-weibliche Teams für erfolgreicher. Und erinnern daran, dass diese die Bevölkerung besser abbilden. Deshalb erwarten sie auch von den drei bürgerlichen Parteien, die je zwei Regierungsratssitze halten, mehr Frauenkandidaturen.

Zu siegesgewiss

Doch vielleicht wurde Brüngger auch einfach nur von ihren Freunden starkgeredet. «Die Nichtnomination war vor allem deswegen eine Überraschung, weil ich bei vielen als gesetzt galt, weil ich eine Frau bin», sagt sie.

Der Abstimmung war eine Diskussion hinter verschlossenen Türen vorangegangen. An Verschwörungstheorien mag Carina Brüngger nicht glauben. Sie nennt als wahrscheinlichsten Grund für ihre Nichtwahl die bessere Mobilisierung ihrer Mitbewerber, die ihr Netzwerk besser aktiviert und mehr Unterstützer ins Theater Casino Zug gebracht hätten.

Tatsächlich ist der Ausgang solcher Nominierungsversammlungen oft nicht voraussehbar. Wer es schafft, mehr Freunde und Supporter in den Saal zu bringen, schwingt obenaus.

Webers Offiziersfreunde

Kandidat Florian Weber etwa, der es schliesslich mit den meisten Stimmen aufs Zweierticket der Freisinnigen schaffte, war von einem Vertreter des Zuger Offiziersvereins in Stellung gebracht worden, indem er ihn vor der Versammlung zu seiner Militärlaufbahn befragte und so allen andern anwesenden Offizieren signalisierte: Den müsst ihr wählen. 

«Der Frauenanteil in der Zuger Regierung ist schon ein Thema.»

Carina Brüngger, FDP-Gemeinderätin in Steinhausen

«Vielleicht hätte ich meine Pfadi-Gspänli mitbringen sollen», scherzt Carina Brüngger, die zwar enttäuscht ist, aber ihren Humor nicht verloren hat.

Ihre Mentorin, Brigitt Siegrist, die Präsidentin der FDP-Frauen, muss derweil die Faust im Sack machen. Sie ist zwar ebenfalls enttäuscht, hat aber immer auch bekräftigt, dass die FDP-Frauen nichts von einer Geschlechterquote halten.

Was wäre, wenn Weichelt ausfiele?

«Der Frauenanteil in der Zuger Regierung ist aber schon ein Thema», findet indes Carina Brüngger. Denn was wäre, wenn Manuela Weichelt im Herbst nicht mehr zur Wahl antreten würde?

Frau Landammann und Regierungsrätin Manuela Weichelt.

Frau Landammann und Regierungsrätin Manuela Weichelt.

(Bild: Archiv)

Tatsächlich hat Weichelt als Regierungsrätin bereits drei Amtsperioden auf dem Buckel. Zwar ist sie für eine Politikerin noch relativ jung und es wird allgemein erwartet, dass sie nochmals antritt. Aber geäussert hat sich die Stadtzugerin noch nicht – im Unterschied zu all ihren Regierungsratskollegen. Sie werde ihre Absichten «im Verlauf des Frühlings bekannt geben», liess sie auf Anfrage ausrichten.

Der Ball liegt nun bei der CVP

Würde sich Weichelt nicht mehr zur Wahl stellen, droht der Zuger Regierungsrat zur reinen Männerbastion zu werden. Gespannt wartet man deshalb auch auf die Delegiertenversammlung der CVP, die am 2. Mai stattfindet. Die Christdemokraten wollen allenfalls einen dritten Kandidaten zur Regierungsratswahl schicken, wie zentralplus berichtete – und könnten nun mit einer Frauenkandidatur das politische Momentum nützen.

Das sagt die einzige Frau in der Zuger Regierung zur Nichtwahl von Carina Brüngger

Manuela Weichelt-Picard, Landammann und einzige Frau in der Zuger Regierung, meint auf Anfrage, dass die FDP mit der Nichtnomination von Carina Brüngger eine Chance verpasst habe. «Es macht von aussen den Anschein, als würden für Frauen andere Massstäbe gelten als für Männer», kommentiert sie. Mit Carina Brüngger habe sich «eine kompetente, ambitionierte Frau mit langjähriger Exekutiverfahrung und einem Leistungsausweis als Finanzchefin der Gemeinde Steinhausen zur Verfügung gestellt». Sie hätte bei einer Nomination sicherlich gute Chancen für einen Wahlsieg gehabt.

Weichelt ist emotional berührt: «Immer beklagen sich Parteien, es würden sich keine Frauen aufstellen lassen, und wenn sie sich – wie im Falle von Carina Brüngger – zur Verfügung stellen, werden sie nicht nominiert. Das gibt mir zu denken.» Damit reduziere sich im Kanton Zug die Wahrscheinlichkeit auf eine ausgewogene Geschlechterverteilung im Regierungsrat bei den kommenden Gesamterneuerungswahlen.

Fassbind und Hodel durften auch nicht kandidieren

Manuela Weichelt glaubt, dass die FDP schon länger das gleiche Problem hat. Und erinnert an Vorgänge der Vergangenheit: an die Nichtnomination der einstigen bunt-visionären FDP-Politikerin Susanna Fassbind für Regierungsratswahlen – und an die Nichtnomination der prominenten alt Kantonsrätin Andrea Hodel für die Nationalratswahlen.

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