Überraschende Aussage von Rischer Gemeinderat

Bringen Lotsen keine Sicherheit auf Schulwegen?

In Risch-Rotkreuz wird über die Sicherheit auf dem Schulweg diskutiert. (Symbolbild: Element5 Digital/Unsplash)

Schülerlotsen sind kein geeignetes Mittel, um die Sicherheit von Kindern auf Schulwegen zu erhöhen – das glaubt der Gemeinderat von Risch, der die Einführung eines Lotsendienstes in Rotkreuz verhindern will. Er hat eigens eine Studie zur Thematik in Auftrag gegeben.

Entstanden ist die Idee in den 1950er-Jahren in den USA und hat sich seither in vielen Länder verbreitet: Jene der Verkehrshelfer, welche Schulkinder an gefährlichen Stellen über die Strasse lotsen und bei Bedarf den Verkehr anhalten.

In Österreich etwa schätzt man den Wert des Lotsendienstes so hoch ein, dass er teils von der Polizei übernommen wird, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden.

Stadt Zug hat 13 Lotsinnen und Lotsen

Im Kanton Zug setzt die Stadt Zug seit Jahrzehnten auf Schülerlotsen, die an sechs neuralgischen Fussgängerstreifen postiert sind. «Ihre zuverlässige Arbeit trägt zu einer verbesserten Verkehrssicherheit zugunsten der Kinder auf ihrem Schulweg bei», sagt Dieter Müller, Leiter der städtischen Kommunikation. In Zug gibt es 13 Lotsinnen und Lotsen, die in den vergangenen Jahren jeweils rund 4800 Einsätze pro Jahr geleistet haben.

Auch im verkehrsgeplagten Rotkreuz gibt es ein Begehren, einen Lotsendienst einzuführen. Eine entsprechende Motion kommt an der Gemeindeversammlung vom 9. September zur Sprache. Sie stammt von einem Anwohner der Küntwilerstrasse, welche von Rotkreuz in Richtung Meierskappel führt. An ihrer Ostseite liegt die weitläufige Schulanlage Waldegg, auf der Westseite die katholische und die reformierte Kirche.

Gefahr für ganz Alte und ganz Junge

Die Verkehrssituation auf der Küntwilerstrasse sei gefährlich, befand Urs Gassmann an der letzten Gemeindeversammlung im November 2019. Es brauche mindestens einen zusätzlichen Fussgängerstreifen, um Alte und Kinder besser zu schützen, sagte er und brachte die Idee als mündliche Motion ein.

Schulanlage Waldegg in Rotkreuz, von der Küntwilerstrasse aus gesehen. (Bild mam)

Doch dieser Vorschlag sei nicht motionsfähig, teilte der Gemeinderat Gassmann wenig später mit. Grund: Die Legislative hat nichts zur Frage zu sagen, wo Fussgängerstreifen gebaut werden sollen. Das entscheidet allein die Exekutive – der Gemeinderat für Gemeindestrassen, der Regierungsrat für Kantonsstrassen.

«Ich verstehe es nach wie vor nicht»

Daher lautet Gassmanns Motion nun, einen Lotsendienst in der Gemeinde einzuführen. «Ich verstehe nach wie vor nicht, warum man nicht einfach einen Fussgängerstreifen geschaffen hat», sagt er. Dies hätte wenig gekostet und das Problem einfach aus dem Weg geräumt.

Gassmann wird demnächst neuer Präsident der FDP Risch-Rotkreuz. Für die Verkehrssicherheit engagiert hatte er sich allerdings noch als Privatperson, betont er.

Konzept für sicherere Schulwege

Der Gemeinderat hat sich durchaus auch das Ziel gesetzt, die Schulwege sicherer zu machen – und ein Gesamtverkehrskonzept erarbeitet. Dennoch schreibt er in seiner Botschaft zur kommenden Versammlung: «Ein Lotsendienst ist kein geeignetes Mittel, um die Schulwegsicherheit zu erhöhen.»

Lotsendienste seien geeignet, «temporär, beispielsweise bei Baustellen, für die Erhöhung der Schulwegsicherheit zu sorgen». In seiner Einschätzung stützt er sich auf ein Gutachten der Aargauer Beratungsfirma Metron, die sich unter anderem auf Verkehrsplanung spezialisiert hat.

Position von Fussgängerorganisation

Diese hatte bereits 2019 die Querungsstellen auf Rotkreuzer Strassen untersucht und beurteilt. In der gut 20-seitigen Studie heisst es, in erster Linie seien Massnahmen zu wählen, welche die Verkehrssicherheit «langfristig und zu allen Tageszeiten» erhöhen. «Bauliche Massnahmen sind dazu in der Regel am geeignetsten.» Organisatorische Massnahmen wie Lotsendienste seien «nur temporär sinnvoll».

Bauliche Massnahmen sind im Gang: Ein Abgang vom Schulareal zur Strasse wird zurückgebaut. Dort gibt es keinen Fussgängerstreifen. (Bild mam)

Diese Textstellen, die nun auch der Gemeinderat in seinen Erwägungen wortgenau zitiert, sind exakte Auszüge aus einem Positionspapier des Lobbyvereins «Fussverkehr Schweiz» aus dem Jahr 2018.

Unfälle an der Küntwilerstrasse

Die Metron-Studie zeigt aber, dass in Sachen Schulwegsicherheit durchaus Handlungsbedarf besteht. So hat es in den Vergangenheit sowohl auf der Küntwilerstrase wie im nahen Zentrum mehrere Unfälle mit Fussgängerbeteiligung gegeben.

Bei den Strassenquerungen rund um die Schulanlage Waldegg verortet das Ingenieurbüro Verbesserungsbedarf – nur eben keinen so dringenden, dass nach Ansicht der Gutachter neben den baulichen Verbesserungen ein zusätzlicher Lotsendienst nötig wäre.

Zug will an Lotsen festhalten

Urs Gassmann hingegen will an der kommenden Gemeindeversammlung erneut für eine bessere Sicherheit mit allfälligen Lotsen einstehen, wie er sagt.

Und die Stadt Zug: Könnte sie sich vorstellen, ihren Lotsendienst zu überdenken? Dieter Müller winkt ab. Dann würden unter Umständen neue Ampeln nötig. Da fände er eine Verkehrsregelung durch Personen bedeutend sympathischer – «zumal die Lotsen die Schulkinder auch für die Gefahr auf den Strassen sensibilisieren können».

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Dominik Bucheli
    Dominik Bucheli, 31.08.2020, 16:27 Uhr

    Die Einführung von Lotsendiensten ist ein Eingeständnis, dass ein Verkehrssicherheitsproblem existiert. Diese Sicherheitsproblem wird durch den Lotsendienst nicht gelöst, sonder temporär aufgehoben. Wenn die Kinder für den Sportkurs am Abend am selben Ort über die Strasse gehen, besteht das Sicherheitsproblem weiter. Deshalb sollte ein Lotsendienst immer ein Infrastrukturmassnahme auslösen und keine Lösung für immer sein.
    Das Bedeutet aber nicht, dass man deswegen kein Lotsendienst bei schwierigen Strassenquerungen einrichten soll. Es sollte aber nicht das einzige sein, was gemacht wird.

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