«Blut, Busen, Büsi»: Kurt Imhof zur Medienqualität

«Dem klassischen Informationsjournalismus brechen die Einnahmen weg. Boulevard und Infotainment gewinnen an Reichweite», sagt der Soziologe und Publizistikwissenschaftler Kurt Imhof. Im Theater-Casino Zug zeichnete er ein düsteres Bild der Medienlandschaft.

Eine direkte Demokratie könne nicht ohne ein hochwertiges Informationsangebot funktionieren, sagte Imhof, der an der Veranstaltungsreihe «Zuger Dialoge» auftrat. Doch die ökonomische Entwicklung gefährde dieses Angebot. «Von 100 Franken, die Printmedien wegen einbrechender Werbe-Einnahmen verlieren, machen sie online nur 10 Franken wieder wett.» Und selbst diese 10 Franken müssten mit hoher Reichweite erarbeitet werden. Deshalb nähmen Unterhaltung und Boulevard zu. «Blut, Busen, Büsi» laute die «Zauberformel», sagte der Professor.

Der Konsum von Informationen niedriger Qualität sei nur schon von 2010 bis 2013 massiv gestiegen. Dies habe auch Auswirkungen auf die politische Berichterstattung: «Am meisten Resonanz erzielen diejenigen Akteure, die ihre Themen stark auf Gegensätze zuspitzen und Differenzierungen vermeiden. Diejenigen, die abwägten, würden mit geringer Resonanz bestraft.» Auswertungen seines Instituts hätten ergeben, dass die SVP mehr Erwähnungen in den Medien findet als SP und FDP zusammen. (Imhof leitet an der Universität Zürich das Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft.)

Nicht alle Besucherinnen und Besucher im Casino teilten Imhofs Meinung, dass der von ihm festgestellte Qualitätseinbruch rein ökonomische Ursachen habe. Vielmehr fördere das wachsende Bedürfnis beim Publikum die Publikation von Sensationen, Polemik und nackter Haut. Imhof widersprach dem: «Die Menschen leiden nicht generell an einem moralischen Zerfall. Es sind vielmehr die Medien, die durch ihre Angebote die Nachfrage schaffen.» Als Gegenmassnahme schlägt er eine staats-unabhängige Stiftung vor, die journalistische Leistungen unterstützt – ähnlich dem Nationalfond für Forschungs-Projekte.

 

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