Wie Herumsitzen und Glück zu meiner Traumwohnung geführt haben
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In Luzern eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist beinahe unmöglich. Ich und meine Familie hatten Glück – doch der Weg dahin war mehr als nur steinig.
Schon zum dritten Mal diese Woche schreibt eine offensichtlich verzweifelte Familie in einem regionalen Whatsapp-Chat: «4.5-Zimmer-Wohnung gesucht, dringend. Wollen zurück in unsere Heimatgemeinde. Haben keine Haustiere, Garage wäre toll.»
Ich kann der Familie gut nachfühlen. Die Wohnungssuche in und rund um die Stadt Luzern ist wirklich schwierig. Man braucht viel Glück, Durchhaltevermögen und – am besten – Vitamin B. Die Leerwohnungsziffer im Kanton Luzern lag im Juni 2024 bei 0,82 Prozent. In genauen Zahlen ausgedrückt sind dies 1747 leere Wohnungen, Einfamilienhäuser mitgerechnet. Das bedeutet: Der Wettbewerb ist enorm.
Und wer für eine Viereinhalbzimmerwohnung nicht mindestens 2300 Franken pro Monat hinblättern kann, steht sowieso auf verlorenem Posten. Freie, kostengünstige Genossenschaftswohnungen sind eine Seltenheit. In meiner Gemeinde, mit circa 5000 Einwohnern, sind aktuell nur zwei Inserate ausgeschrieben – eins davon ist ein WG-Zimmer.
Dagegen ist die Wohnungslage in der Stadt St. Gallen geradezu entspannt. Im Juni 2024 gab es dort mit 3788 verfügbaren Wohnungen rund doppelt so viele leer stehende Objekte wie in Luzern. Und die Preise? Moderater als in Luzern.
Zeitaufwand wird nicht belohnt
Als wir also damals beschlossen haben, von der Stadt St. Gallen zurück in die Agglomeration von Luzern zu ziehen, wusste ich, dass die Wohnungssuche ein unfreiwilliges Abenteuer werden würde. Auch, weil Besichtigungen während der Arbeitswoche praktisch unmöglich waren – allein die Anreise aus der Ostschweiz nahm schon mehrere Stunden in Anspruch.
Unsere Wohnungssuche dauerte etwa ein Jahr. Dabei erlebten wir alles Mögliche: Einmal reiste unsere ganze Familie an einem Wochentag nach Luzern, um eine Dreieinhalbzimmerwohnung zu besichtigen – nur um vor Ort festzustellen, dass niemand zu Hause war. Wobei das nicht ganz stimmt. Als wir vor der Wohnung standen und zum gefühlt 500. Mal klingelten und den aktuellen Mieter anriefen, sah ich, wie sich jemand hinter dem Vorhang versteckte.
So eine Frechheit hätte ich mir nie erträumen lassen. Ohne Grund, ohne Absage, wurden wir einfach vor der Tür stehen gelassen. Der Preis: Ich und mein Partner hatten je einen Ferientag bei der Arbeit bezogen, um die Wohnung zu besichtigen, und die Anfahrt und Rückfahrt betrugen fast sechs Stunden Zugfahrt. Dies war mehr als ärgerlich.
Und da ist sie, die Traumwohnung
In anderen Fällen gab es unzählige andere Absagen, noch vor der Möglichkeit, überhaupt an einer Besichtigung teilzunehmen. Doch dann, an einem Freitagmittag im Spätsommer, stiess ich zufällig auf ein Inserat, welches mir wie ein Lichtblick in der Dunkelheit erschien. Die Wohnung war perfekt – grosser Balkon, drei Schlafzimmer, zwei Toiletten – und passte noch ganz knapp in unser Budget. Doch der Haken: Nach nur vier Stunden war das Inserat schon wieder offline. Zum Glück hatte ich geistesgegenwärtig Screenshots gemacht – doch die Vermittlungsfirma war an diesem Freitagnachmittag bereits im Feierabend.
Über das Wochenende erstellte ich trotzdem ein überzeugendes Bewerbungsdossier mit Fotos und schickte es per E-Mail an die Vermittlung. Ich hoffte wohl, dass ich damit ein Wunder bewirken könnte. Der Zufall wollte es nämlich, dass mein Partner am darauffolgenden Montag sowieso von St. Gallen nach Luzern reisen musste, für einen privaten Termin. Also setzte ich an diesem Tag alles auf eine Karte: Um Punkt acht Uhr morgens rief ich wieder bei der Wohnungsvermittlung an, in der Hoffnung, einen spontanen Besichtigungstermin für meinen Partner zu bekommen. Doch das Telefon blieb unbeantwortet. Ich versuchte es immer wieder und schickte parallel eine E-Mail mit meinem dringenden Anliegen.
Fünf Stunden warten
Die Zeit drängte, denn mein Partner musste um 11.48 Uhr wieder den Zug zurück nach St. Gallen nehmen. Ich wartete zu Hause und war völlig nervös – spannender hätte man einen Wohnungssuch-Krimi kaum schreiben können. Doch dann, um 11.49 Uhr, bekam ich diese eine E-Mail: Mein Partner durfte die Wohnung tatsächlich um 17.30 Uhr am selben Tag besichtigen gehen. Völlig aufgeregt rief ich ihn an – während sein Zug soeben langsam aus dem Luzerner Bahnhof rollte. Aber diese Chance durften wir uns nicht entgehen lassen. Am nächsten Bahnhof stieg er kurzerhand wieder in einen Zug nach Luzern um, um die nächsten fünf Stunden in der Ufschötti mit Warten zu verbringen.
Unsere Geduld lohnte sich. Ein paar Tage später erhielten wir tatsächlich die Zusage für die Wohnung. Ich erinnere mich noch genau an den Anruf: «Grüezi Frau Röthlin, händ Sie denn scho vill Wohnige agluegt bis jetzt? … Jo, gället Sie, es isch sehr schwierig, en Wohnung z’gfinde, do i de Region …», sagte der Vermittler, so als wolle er mir die schlechten Nachrichten nicht gleich direkt sagen. Mein Herz sank, ich befürchtete schon eine Absage. Doch dann kamen die erlösenden Worte: «Aber hüt chani Ihne gueti Nachrichte überbringe – Sie hend d’Wohnig, wenn Sie si no wönd!» Und ob wir noch wollten!
Vier Monate später zogen wir ein – ich sah die Wohnung mit dem Einzugskarton in der Hand zum ersten Mal. Doch sie war perfekt. Und das Beste: Wir haben sogar noch eine kleine Wiese mit Gärtchen, welches zur Wohnung gehört.
Es war nicht nur Glück
Wie wir die Wohnung in der Agglomeration von Luzern fanden, war ein Glücksfall. Doch wenn ich ehrlich bin, waren es nicht nur Glück, sondern auch eine Menge Durchhaltevermögen, Nervenstärke und vielleicht ein bisschen Zuversicht, die uns zum Ziel führten. In der Hektik der ständigen Absagen und Enttäuschungen hat es mir gezeigt, wie wichtig es ist, an das Ziel zu glauben, auch wenn der Weg steinig erscheint.
Der Wohnungsmarkt in Luzern ist hart, das steht fest. Vielleicht ist es auch ein bisschen wie im Leben insgesamt – man kann nicht alles kontrollieren, aber wenn man dranbleibt, öffnet sich irgendwann doch die Tür, die man sich gewünscht hat. Und genau diese Tür ist jetzt unser neues Zuhause.