Im Panikmodus durch den Emmer Autobahn-Krimi
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Psychologen sagen, man solle sich seiner Angst stellen. Das habe ich getan. Ihr Name: Autobahnauffahrt Emmen.
Die Luzerner Autobahnauffahrt nach dem Sedel in Richtung Emmen ist mir ein Graus. Und dies sage ich als erfahrene Autofahrerin, die einst zwei Jahre lang beruflich fast täglich mit dem Auto in der chaotischen Stadt Zürich unterwegs war. Die Autobahnverzweigung Rotsee, die die Reuss überquert, ist jedoch unübersichtlicher als der Stadtverkehr in Zürich – so zumindest meine Meinung. Auch in der Stadt St. Gallen, nein, sogar im ganzen Kanton St. Gallen, wo ich die letzten Jahre gelebt habe, musste ich mir über komplizierte Autobahnspuren nie den Kopf zerbrechen.
Erinnerungen an Fahrstunden
Dabei könnte ich doch einfach einen Gang runterschalten – stresstechnisch gesehen. Denn schliesslich habe ich mit 18 Jahren hier in Luzern sogar meine ersten Autofahrstunden absolviert. Ich fuhr regelmässig die Strecke rund um Emmenbrücke–Sedel–Emmen-Center mit dem Auto und wusste sehr wohl, wo ich wann abbiegen und einspuren musste, um ans Ziel zu gelangen.
Gefühlt hatte es vor zehn Jahren aber auch noch etwas weniger Verkehr. Doch heute, frisch zurück in der Zentralschweiz, ist meine innere Spurenführung in dieser Region, gelinde gesagt, leicht eingerostet. Dennoch mache ich die Probe aufs Exempel: Ich stelle mich meiner gefürchteten Autobahnauffahrt vor Emmen, da ich zu einem grossen schwedischen Möbelhaus fahren muss.
Mit dem Versprechen an mich selbst, mir nach der Fahrt und dem Einkauf einen Hotdog im Billigbrötchen zu gönnen, mache ich mich mit dem Auto auf den Weg Richtung Sedel. Ein eigentlich schöner Ort, dieser sanft ansteigende, grüne Hügel hinter dem Rotsee. Vor der Abfahrt habe ich versucht, mir zu Hause die Autobahnauffahrt nochmals auf Google Maps einzuprägen – sie sieht irgendwie aus wie ein verkehrtes Herz oder … ein Füdli.
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Raser, Kurven und Schweissperlen
Die Theorie: Beim Sedel oben an der Ampel rechts, aber nicht zu weit rechts, sonst lande ich auf der Auffahrt Richtung Zürich. Dann folge ich der Doppelfahrspur über die Brücke, welche vier Autobahnstrassen überquert, um kurz vor der Reuss ganz rechts einzuspuren, damit ich die doppelte Einfahrt in die 40-km/h-Rundschleife ja erwische, sonst lande ich beim Emmen-Center. Habe ich es in die steile 40er-Kurve geschafft, bin ich auf der Zielgeraden Richtung A2 nach Basel/Bern/Emmen-Nord und dem schwedischen Möbelhaus. Als Ur-Luzernerin easy-peasy, oder?
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Nein! Nicht nach meiner zehnjährigen Luzerner-Autobahn-Abstinenz! Schweissperlen bilden sich auf meiner Stirn, als ich vor der roten Ampel stehe und die vorbeifahrenden Autos beobachte. Ich bin natürlich die Erste in der Warteschlange, was bedeutet, dass ich niemandem hinterherfahren kann.
Das hasse ich – vor allem, weil ich diese Strecke seit meiner Ankunft in Luzern vor einem Jahr erst einmal gefahren bin. Anstatt in «Toni’s Zoo» bin ich damals beim Emmen-Center gelandet. Der Grund: Ich hatte die 40-km/h-Rundschleifen-Auffahrt verpasst. Wer einmal falsch einspurt, kann sich wegen der von hinten kommenden Raser nicht mehr umentscheiden. Autos sind meiner Meinung nach Waffen sehr ähnlich.
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Navigieren wie im Krimi
Doch zurück in die Gegenwart: Die Ampel oben am Sedel schaltet auf Grün. Ich stelle das Geschwafel vom Radio ab, das mich zu sehr ablenkt, und konzentriere mich aufs Überleben. Ich gebe Gas. Das Navi versucht mir den Weg zu weisen, doch ich vertraue ihm genauso wenig wie mir selbst.
Ich schaffe es schliesslich über die gefürchtete 40-km/h-Kurve auf die Autobahnauffahrt Richtung Basel/Bern/Emmen-Nord und erreiche das schwedische Möbelhaus sicher. Der Hotdog war schwer verdient, finde ich. Dann fällt mir ein: Ich muss denselben Weg ja auch wieder zurückfahren! Und diesen Weg habe ich nicht eingehend studiert. Gott sei mir gnädig. Ich schlucke den letzten Bissen meiner «Henkersmahlzeit» hinunter.
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Nachwort: Ich gebe zu, nach dieser, für den Text extra nochmals studierten und reflektierten Auseinandersetzung mit meiner gefürchtetsten Autobahnauffahrt in der Region scheint diese gar nicht mehr so schlimm zu sein. Es sind halt immer wieder die ersten oder zweiten Male, wo man sich erneut an Dinge gewöhnen muss. Auch als Rückkehrerin aus dem Exil.
Übrigens: Vor kurzem habe ich mir historische Karten der Sedel-Gegend von 1845 bis 2017 angesehen. Die reine Vorstellung, wie idyllisch die Reuss damals ohne Autobahnlärm vor sich dahingeflossen sein musste, finde ich faszinierend. Auf der Karte von 1880 ist gleich links von der Autobahnauffahrt A2 in Emmen am Reussufer noch das «Galgenwäldli» eingezeichnet.
So, jetzt ist aber wirklich Schluss.