Mit einer angeblich wirtschaftsfreundlichen Finanz- und Steuerpolitik will der Kanton Luzern seine Standortattraktivität erhöhen. Die daraus resultierenden unnötigen Sparpakete bewirken aber genau das Gegenteil. Ein Umdenken ist dringend nötig.
Luzerns Standortnachteil: Sparpakete
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Alle wollen gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, wenn auch oft aus unterschiedlichen Gründen. Ob es dabei um neue Arbeitsplätze, höhere Steuereinnahmen, Neuansiedlungen von internationalen Unternehmen oder die Bestandespflege der ansässigen KMU geht, spielt eigentlich keine Rolle. Wichtiger ist es, was unter guten Rahmenbedingungen verstanden wird.
Für die meisten bürgerlichen Parteien und Gewerbevertreter sind gute Rahmenbedingungen gleichbedeutend mit tiefen Steuern. Redet man aber mit Unternehmerinnen und Unternehmern selber, tönt es anders. Und auch zahlreiche wissenschaftliche Studien kommen zum Schluss, dass die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Arbeitskräfte, Verkehrsanbindungen sowie politische Stabilität wichtiger sind als einzelne Prozentpunkte beim Steuersatz. Richtigerweise listet auch die Luzerner Wirtschaftsförderung bei den sechs Luzerner Standortfaktoren die Steuern nur unter «ferner liefen» auf. Eine gute Infrastruktur, vorhandene Arbeitsplätze und Arbeitskräfte sowie Wohn- und Arbeitsraum, die hohe Lebensqualität und die starke Marke Luzern sind genauso wichtig. Steuern in Form von Abgaben werden zudem nur im Zusammenhang mit öffentlichen Leistungen erwähnt. Ein starker Service Public stärkt nämlich den Wirtschaftsstandort und kostet nicht nur, wie uns neoliberale Ökonomen weismachen wollen.
Der Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann und mit ihm die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat konzentrieren in ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik fast ausschliesslich auf das Thema Steuern. Mit falschen Versprechungen («Es wird wegen der Steuergesetzrevision keine Sparpakete geben.») wurde eine Vorlage an der Urne durchgebracht, welche die Halbierung der Vermögens- und Unternehmenssteuern vorsah. Marcel Schwerzmann liess sich im Nachgang stolz vor einem Plakat mit der Aufschrift «tiefste Unternehmenssteuern der Schweiz» ablichten. Was der Bevölkerung als Standortförderung verkauft wurde, um möglichst viele Firmen und Vermögende anzulocken, droht sich mittlerweile aber ins Gegenteil zu kehren. Denn wer auf einem Auge blind ist, verliert schnell die Gesamtsicht auch auf die anderen Standortfaktoren.
Aufgrund der wegfallenden Steuereinnahmen beherrscht momentan nur ein Thema die Luzerner Politik: Das Sparen. Mit fatalen Folgen. Wenn der Kanton aus Spargründen sich selber einen Personalstopp, einen Projektstopp, gekürzte Investitionen und einen Stopp beim Mittelaufwand verordnen muss, schadet dies der Luzerner Volkswirtschaft. Ebenso das neuste Mega-Sparpaket «Leistungen und Strukturen II». Dass die Marke Luzern weniger stark glänzt, wenn der Regierungsrat aus finanziellen Gründen die Teilnahme am Zürcher Sechseläuten absagen muss, ist dabei noch das kleinste Problem. Dass die Hochschulausbildung der überall gesuchten Informatikerinnen und Informatiker künftig in Zug und nicht in Horw stattfinden soll, hat auch einiges mit Luzerns Finanzlage zu tun. Hier profitiert der kleine Wirtschaftskanton, während Luzerns Standortattraktivität vermindert wird.
- Herausgeschobene Investitionen haben nicht nur meistens Mehrkosten zur Folge, nein, hier wird direkt bei der Standortattraktivität gespart.
- Wenn mit der Lösung des Verkehrsproblems Projekt R Bus in der Agglomeration Luzern noch ein paar Jahre gewartet wird, bedeutet das weitere unproduktive Staustunden zu den Spitzenzeiten.
- Im Bildungsbereich steht mit einer rein privat gesponserten Wirtschaftsfakultät der gute Ruf der Universität Luzern auf dem Spiel. Statt aus den Skandalen von Zürich und der Lausanner EPFL zu lernen, nimmt man sich diese Beispiele zum Vorbild.
- Dass die Hochschulausbildung der überall gesuchten Informatikerinnen und Informatiker künftig in Zug und nicht in Horw stattfinden soll, hat auch einiges mit Luzerns Finanzlage zu tun. Hier profitiert der kleine Wirtschaftskanton, während Luzerns Standortattraktivität vermindert wird.
Diese Liste liesse sich beliebig weiterführen. Die einzelnen Sparmassnahmen könnte Luzerns Volkswirtschaft wohl ohne Probleme verkraften. In ihrer jährlich wiederkehrenden Häufung schaden die Sparübungen jedoch nicht nur der Bevölkerung, sondern auch der Wirtschaft.
Wahres Gift für den Wirtschaftsstandort Luzern ist jedoch nicht die Sparerei an sich, sondern dass der Kanton mittlerweile unberechenbar geworden ist.
So wird der eben erst vom Kantonsrat verabschiedete ÖV-Bericht mit «Leistungen und Strukturen II» bereits wieder zur Makulatur. Ebenso Planungsberichte im Sozialbereich. Die Wirtschaft ist aber auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen. Dies anerkennen zwar auch der Finanzdirektor und seine Gehilfen – aber nur beim Steuersatz. Doch liegt es in der Natur der Sache, dass sich solche Sätze ändern können. Steuererhöhungen sind bei unseren Dumpingansätzen gut verkraftbar, wenn sie nicht allzu sprunghaft und damit unvorhersehbar sind. Problematisch wird es aber, wenn politische Beschlüsse im Infrastrukturbereich oder im Bildungswesen alle paar Wochen wieder über den Haufen geworfen werden – meist aus finanziellen Zwängen. Hüst und Hott kennt man aus politischen Systemen mit einem Oppositionsmodell. Die stabile Konkordanz der Schweiz ist unbestritten einer der grössten Standortvorteile für unser Land und auch für den Kanton Luzern. Diese Stabilität dürfen wir nicht aufgrund finanzpolitischer Experimente aufs Spiel setzen!
Marcel Budmiger
Geschäftsleiter Luzerner Gewerkschaftsbund
Was halten Sie von der Finanz- und Steuerpolitik des Kantons Luzern? Kann der Kanton dadurch seine Standortattraktivität erhöhen oder resultiert genau das Gegenteil?
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