Panoramawanderung am Uri Rotstock, wo die Hirsche röhren
Bewertung★★★★★★★★★★
757 m
757 m
10 km
Dauer●●●●●●
Technik●●●●●●
Besonders im Herbst lohnt sich eine Wanderung im Urner Isenthal. Wenn die Alpen geräumt sind, lässt sich im Wildschutzgebiet des Uri Rotstocks auch einmal eine Herde Hirsche sehen – Panoramablick inklusive.
Das Isenthal kommt wohl den wenigsten in den Sinn, wird man spontan um Wandervorschläge gebeten. Tatsächlich verlangt die rund 460 Einwohner zählende Urner Gemeinde ihren Besuchern ein bisschen etwas ab, zumindest in Sachen Anreise. Bei Isleten am Urnersee beginnt eine Bergstrecke, welche sich in einigen engen Kehren hochzieht. Die teilweise enge Strasse soll dazu führen, dass ausländische Autofahrer schon auch mal Hilfe von Einheimischen beanspruchen müssen, um den Rückweg sicher anzutreten.
Und Spengler dürften sich über in die Strasse ragende Steinblöcke freuen, an denen schon der eine oder andere Autohalter bei Gegenverkehr entlangschrammte. Wer auf sicher gehen möchte, nimmt daher einen der achtmal täglich verkehrenden Busse.
Mehrere attraktive Rundwanderungen
Die Anreise sorgt andererseits dafür, dass dieses Wandergebiet noch weniger entdeckt ist. Dabei gäbe es mit dem Mundartweg und einer Rundwanderung auf das Schartihöreli zwei attraktive Rundwanderungen.
Noch kaum dokumentiert ist hingegen unsere Tour über Chimiboden, Steinhüttli und Biwaldalp. Die etwa vierstündige Runde startet bei St. Jakob ganz hinten im Isenthal. Eine kleine Bergbahn transportiert die Gäste von hier aus auf den Gitschenen, im Winter ein kleines Familienskigebiet mit 5km Piste, Langlaufloipe und einem Rundweg für Schneeschuhwanderer. Doch noch ist der Winter ein gutes Stück weg, auch wenn der erste Schnee knapp bis an den höchsten Punkt unserer Wanderung reichte.
Wasserfälle noch und nöcher
Auf etwas Hartbelag geht es einige Minuten bis zum Fahrverbot, bevor eine Naturstrasse im Wald hochführt. Der Weg geht nun stetig entlang des Isentalerbachs aufwärts, bis nach einer knappen Stunde eine Ebene erreicht ist: der Chimiboden. Von hier führen zwei Wege weiter. Nach einigem Rätseln und Kartenkonsultieren entscheiden wir uns für jenen, der rechts über die Brücke führt: richtig geraten. Bei Alt Rüti, wo der Isentalerbach eine etwas grössere Kehre zieht, erschliesst sich auf einer Sitzbank dann so richtig das vor uns liegende Panorama mit dem Engelberger Rotstock und seinem noch etwas grösseren Nachbarn, dem 2929 Meter hohen Uri Rotstock. Was für viele Regionen nach viel klingt, schafft es im Bergkanton Uri allerdings nicht mal in die Top 20 der höchsten Berge.
Gleich wie der Berg heisst auch das eidgenössische Jagdbanngebiet, das sich auf der anderen Bachseite entlang der Flanke nach oben erstreckt und das uns eine schöne Begegnung bescheren wird. Doch erst kommen wir noch an einer Kante vorbei, an der sich an mehreren Seiten Wasserfälle bildeten – ein gänzlich unerwarteter Anblick, zu dem das Schmelzwasser des September-Schnees sicher das Seine beigetragen hat. Der Weg führt vor dem Steinhüttli unterhalb durch und überquert das Schauspiel nach einer längeren Kehre wieder. Die umfassenden Schuttablagerungen in diesem Taltrichter zeigen, dass hier manchmal noch viel mehr als nur Wasser den Berg runterkommt. Der Name «Bösenboden» scheint nicht grundlos gewählt zu sein.
Röhrende Hirsche im Schutzgebiet
Unser Weg, der gleichzeitig Zubringer zu verschiedenen Alpen ist, ist glücklicherweise längst wiederhergestellt. Immer wieder fällt auf, wie viele Seilbahnen den Talboden queren. Alleine auf unserer vierstündigen Tour sehen wir vier Transport- oder Personenbahnen. Eine davon geht auf die Wilderbutzenstaffel, zu der wir uns nun aufmachen. Eine schöne Naturstrasse führt zur Alp, der Höhenzug auf gut 1600 Metern entschädigt für den zuletzt etwas nervigen Anstieg. Immer wieder queren wir auf dieser Talseite Wasserläufe, was gute Schuhe notwendig macht. Der Schnee kommt nun immer näher, vereiste Grashalme und Blumen zeugen von ersten Frostnächten.
Das Vieh wurde kurz vor unserer Tour ins Tal gebracht. Mit Ausnahme eines E-Bikers ist uns an diesem Tag ausserhalb des Ortes keine Menschenseele begegnet. So wenig wie das Fahrverbot des eidgenössischen Jagdschutzgebietes beachtet der Velofahrer auch unseren Höhepunkt des Tages: Eine Herde von gegen 15 Hirschen und Hirschkühen, die von brünstigen Böcken in Bewegung gehalten wird.
Dabei hat sich die Begegnung, die sich rund 50 Meter unterhalb abspielt, schon längst angekündigt, zumindest akustisch. Immer wieder war auf dieser Talseite das so archaisch klingende Röhren der Tiere zu vernehmen, ein ganz besonders Erlebnis, zumal in der Zentralschweiz. Ob die intelligenten Tiere wohl wissen, dass auf der anderen Bachseite, wo das Schutzgebiet endet, mehrere Hochsitze für die bequeme Jagd installiert sind?
Zwei Varianten für Abstieg
Für uns geht es weiter bis zur Biwaldalp, wo während des Sommers Gäste bewirtet werden. Über den Sassigrat könnte man von hier aus zur Musenalp wandern. Wir aber nehmen eine der beiden Wegvarianten zurück zum Ausgangspunkt, der direktere Weg bringt uns zehn Minuten Zeitersparnis. Steil geht es über die Bergwiese talwärts, Kehren führen einem Bach entlang in den nahen Kiefernwald. Nach einer halben Stunde biegen wir im Gross Wald auf die Waldstrasse ein, die uns gemächlich zurück nach St. Jakob bringt. Einzig eine rutschige Holzbrücke macht uns beim Ricktal beinahe noch einen Strich durch die Rechnung auf der ansonsten nicht allzu schwierigen Wanderung.
Fazit: Eine abwechslungsreiche Herbstwanderung abseits der Massen mit einem überwältigenden Panorama und der Chance auf Wildbeobachtung. Auch bei nassem Untergrund gut begehbar, hier empfiehlt sich der Abstieg von der Biwaldalp übers Jäntli respektive die Begehung im Uhrzeigersinn.
Routendetails
Distanz: 11 km Wanderzeit: 3:55 Stunden Höhendifferenz: 759 Meter auf- und abwärts Min./max. Höhe: 977/1717 m ü. Meer Route: St. Jakob 977 m ü. Meer – Chimiboden 1206 – Steinhüttli 1399 – Bösenboden 1474 – Wilderbutzenstaffel 1685 – Biwaldalp 1696 – Ober Rüteli 1449 – Gross Wald 1341 – St. Jakob. Anreise: Von Altdorf UR mit dem Bus 405 bis Seilbahn St. Jakob (fährt achtmal täglich). Mit dem PW bis Talende Isenthal, Parkplätze beim Fahrverbot oder bei der Seilbahn.
Hinweis: Der Berg heisst natürlich Uri Rotstock, und nicht Rothorn, wie er im Text zweimal falsch bezeichnet war. Danke an den aufmerksamen Leser.
Seit 2012 als CEO bei zentralplus. Einstieg als Journalist 1989 beim «Zuger Tagblatt», seit 1998 in verschiedenen publizistischen Funktionen bei elektronischen Medien tätig.
Wo lässt es sich in der Zentralschweiz am schönsten wandern? Was gibt es auf welchen Wanderwege und Wanderrouten zu sehen? Wo lässt sich unterwegs gut Rast machen? Von längeren Spaziergängen, Wanderungen bis hin zu schwierigen Bergtouren – für Anfänger bis Wander-Experten – im Wander-Blog berichten natur- und wanderfreudige Blogger aus der...