Wander
Blog
Winterwanderung in der Melchaaschlucht bei Giswil

In der Eiszapfenschlucht: Wanderung im Kleinen Melchtal

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • 500 m
  • 500 m
  • 9,5 km
  • Dauer●●●●●●
  • Technik●●●●●●
Einer der Höhepunkte der Wanderung im Melchtal, die imposante Felswand beim Dom. (Bild: hch)

Eine kürzere Wanderung, die zu allen Jahreszeiten mit Höhepunkten lockt, führt ins Kleine Melchtal bei Giswil. Sind es im Sommer die kühlen Felsen und zahlreichen Bassins im Fluss, locken nun entlang der Kleinen Melchaa Formationen von Eiszapfen und fast schon Schneegarantie.

Fliesst die Kleine Melchaa im oberen Gebiet noch in einem breiten Bett, wird das Kleine Melchtal im unteren Verlauf immer enger und verjüngt sich zu einem tieferen Tobel. Dieser untere Bereich, wo im Winter kein Sonnenstrahl mehr hinkommt, haben wir uns für die erste Winterwanderung dieses Jahres ausgesucht.

Wer mit der Bahn anreist, muss die ersten Minuten vom Bahnhof Giswil auf der Brünigstrasse in Richtung Sachseln zurückgehen. Kurz nach dem erstmaligen Überqueren der Melchaa geht es steil durch den Wald hoch bis zum Tobelsträsschen. Besser hat es, wer mit dem Auto anreist. Denn beim Zollhaus, unmittelbar bei der Ausfahrt Giswil, steht ein Parkplatz für Besucher des Kleinen Melchtals bereit. Ein Wildübergang führt über die Autobahn, danach ist der Weg zur Kleinen Melchaa gut ausgeschildert. Nach einem längeren, aber nicht zu steilen Anstieg quert man hier den Weg vom Bahnhof.

Während Jahrhunderten gewerblich genutzt

Nach diesen ersten zehn Minuten durch den lichten mächtigen Grossmattwald wird der nun zunehmend enger werdende Weg schon bald interessanter. Bei Hochfluo sind die ersten Felsen zu sehen, die nun von beiden Seiten immer mächtiger in die Höhe wachsen, während die Kleine Melchaa über Schwellen und kleinere Fälle zahm ihren Weg findet. Dass der Fluss auch ganz anders kann, hat er im letzten Jahrhundert schon oft bewiesen. Und nach dem Hochwasser 2005, das in der ganzen Zentralschweiz gravierende Schäden angerichtet und Todesopfer gefordert hatte, verlegte man die Kleine Melchaa, sodass sie nun wieder direkt in den Sarnersee mündet.

Damit hat man nun wieder den früheren Flussverlauf hergestellt. In den Jahrhunderten zuvor hatten Veränderungen vor allem der Nutzung des Holzes gedient. Davon zeugt auch der Cholplatz, wo früher eine Köhlerei stand. Heute ist hier einer der vielen Unterstände und Feuerplätze in der Schlucht zu finden, die sich an heissen Sommertagen grosser Beliebtheit erfreuen. Immer wieder weist der Fluss auch Stellen auf, an denen sich die Wanderer erfrischen können – wobei man wie immer in Fliessgewässern plötzliche Pegelveränderungen im Auge behalten sollte.

Schon bald wachsen die ersten Eiszapfen

An diesem Dezembertag ist es jedoch ein anderer Molekularzustand des Wassers, der uns beschäftigt. Schon auf knapp 700 Höhenmetern empfangen uns in der Schlucht die ersten Eiszapfen, die danach immer zahlreicher werden. Da hier während des Winters kein Sonnenstrahl durchkommt und die Wassertropfen an den vielerorts bewachsenen Schluchtwänden gefrieren, entstehen so bizarre Eislandschaften, die ganze Flächen bedecken können. Anfangs Dezember sind sie nicht allzu gross, vereiste Gräser und Äste lassen aber bereits erahnen, dass das Schauspiel mit jedem kalten Tag schon grössere Dimensionen annehmen wird.

Vom «Bösen Tritt» über «Bettlernest» und «Lochcheller» zum «Dom»

Am Wegrand sind immer wieder kleine Tafeln mit Flurnamen montiert, die Hinweise auf frühere Ereignisse geben, wie etwa «Böser Tritt». Beim «Bettlernest», wo einst Korbmacher, Kesselflicker und Scherenschleifer auf Kundschaft gewartet haben sollen, mussten die Flösser in früheren Zeiten das Holz jeweils mit Stangen befreien. Eine Arbeit, die manch einer mit teilweise gravierenden Verletzungen bezahlte. Nachdem die Holzflösserei 1876 verboten worden war, transportierte man das Holz über den vereisten Weg ins Tal. Auch bei unserer Begehung ist der Weg stellenweise vereist, besonders auf den Bachübergängen. Wer nicht auf rutschfesten Sohlen unterwegs ist, kann sich im Winter mit Schuhspikes behelfen.

Etwa nach zwei Dritteln des Wegs kommt man beim «Dom» vorbei. Hier lohnt es sich, kurz Halt zu machen und die imposante halbrunde Felswand zu bestaunen. Mit zunehmender Höhe nimmt nun auch die Schneemenge zu, Weg und Umgebung sind immer dichter in Watte gepackt. Immer wieder eindrücklich zu sehen, wie schnell sich eine Landschaft so markant verändern kann. Beim Lochhüttli geht es noch einmal über die Kleine Melchaa, insgesamt acht Mal wechselt unser Weg auf dieser Wanderung die Seite – die Strassenführung gilt unter anderem als Grund dafür, dass sie im Inventar historischer Wege mit nationaler Bedeutung aufgenommen wurde.

Gamellen, seltene Würmer und der Mittelpunkt der Schweiz

Nach rund 90 Minuten sind wir am Ziel der Wanderung angekommen, der Rindenhütte. Mit viel Holz, Anfeuerholzwatte und Gamelle stünde auch hier alles bereit für eine Portion Obwaldner Hindersi-Magronen. Im Sommer ginge es von hier aus in etwa zwei Stunden zum Mittelpunkt der Schweiz auf der Älggialp. Ebenfalls nicht allzu weit entfernt ist die Riedschwandhöhle, wo Höhlenforscher vor gut 10 Jahren eine bis dahin unbekannte Tierart entdeckt haben. Der bis zu 1,4 Zentimeter grosse weisse oder durchsichtige Höhlenstrudelwurm soll einzig in dieser Höhle auf 1'562 Metern vorkommen.

Wir hingegen machen uns an den Abstieg, der dem selben Weg zurück folgt. Nach Schnee und Eis ist man schon rasch wieder in den herbstlichen Wäldern angelangt, wo ganz am Ende sogar etwas Sonne hinkommt.

Distanz: 9,5 km
Schwierigkeit: T1
Wanderzeit: 3 Stunden
Höhendifferenz: 500 Meter auf- und abwärts
Min./max. Höhe: 475 / 967 m ü. Meer
Route: Zollhaus 475 m ü. Meer – Hochfluo 665 – Färligraben 683 – Cholplatz 712 – Bettlernest 774 – Dom 760 – Giswiler Hüttli 812 – Loch Chäller 854 – Lochhüttli 978 – Lengbrügg 923 – Kleine Melchaa / Rindenhüttli 967 – Zollhaus.
Variante: Beim Haseneggli kann direkt über das Färnital und Choltal nach Emmeten abgestiegen werden, der zusätzliche Zeitbedarf beträgt 20 Minuten.
Anreise: Mit den SBB bis Giswil. Mit dem Auto Ausfahrt Gilswil und in Richtung Sachseln, nach ca. 20 Metern ist ein kostenloser Parkplatz.

Verwendete Quellen
Wander
Blog
Wo lässt es sich in der Zentralschweiz am schönsten wandern? Was gibt es auf welchen Wanderwege und Wanderrouten zu sehen? Wo lässt sich unterwegs gut Rast machen? Von längeren Spaziergängen, Wanderungen bis hin zu schwierigen Bergtouren – für Anfänger bis Wander-Experten – im Wander-Blog berichten natur- und wanderfreudige Blogger aus der...
Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


3 Kommentare
  • Profilfoto von Waesmeli-Sepp
    Waesmeli-Sepp, 10.12.2022, 18:39 Uhr

    Bitte stellen Sie doch Wanderungen vor, deren Ausgangspunkt nicht auf einem Autoparkplatz liegt, sondern an einem mit dem ÖV erreichbaren Ort. Es gibt Menschen, die kein Auto haben.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
    • Profilfoto von Redaktion zentralplus
      Redaktion zentralplus, 10.12.2022, 22:43 Uhr

      Werter Waesmeli-Sepp, in unserem Wanderführer findest du gegen 200 Wanderungen, die meisten davon sind mit dem ÖV erreichbar. Und auch bei dieser Wanderung ist beschrieben, wie sie mit ÖV absolviert werden kann. Die Anreise mit ÖV ist im Routenbeschrieb erwähnt, ebenso im Text, was dir als aufmerksamem Leser sicher nicht entgangen ist.

      👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
    • Profilfoto von Sandra Meier
      Sandra Meier, 11.12.2022, 15:22 Uhr

      Den Fahrplan können Sie aber schon selbst bedienen? Alles andere steht ja da.

      👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon