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Wägitaler Rundtour im Fluebrig-Massiv

Diethelm: Eine Wanderung, die glücklich macht. Trotz allem

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • 1234 m
  • 1234 m
  • 13 km
  • Dauer●●●●●●
  • Technik●●●●●●
Erhaben präsentiert sich das Fluebrig-Massiv vom Startpunkt auf dem Ochsenboden aus. (Bild: hch)

Ganz so heftig war unser Ausflug in den Kanton Schwyz nicht geplant. Gelohnt hat sich die Tour auf den Diethlem aber dennoch. So heisst der knapp 2100 Meter hohe Berg im Fluebrig-Massiv zwischen Sihltal und Wägital. Wer hier hoch will, braucht nicht nur Ausdauer, sondern auch etwas Klettergeschick.

Während der Diethelm in der Zentralschweiz wenig bekannt ist, erfreut er sich in der Stadt Zürich umso grösserer Beliebtheit. Da es sich dabei um den am nächsten an der grössten Schweizer Stadt gelegenen 2000er handelt, soll es hier oben an Sommerwochenenden ganz schön eng werden. Im Kanton Schwyz hingegen, wo er die höchste von vier Erhebungen des Fluebrig-Massivs darstellt, hat er es nur ganz knapp in die Top 10 der höchsten Berge geschafft.

Von wegen Wegsperrung

Doch auch weniger hohe Berge wollen erst bestiegen werden. Vor allem, wenn der Start wie in unserem Fall von 921 Metern über Meer aus erfolgt. Auf dem Ochsenboden, wo die Sihl noch als bescheidenes Bächlein vor sich hin plätschert, geht es los. Oder besser: Würde es losgehen. Denn eine Hinweistafel der Schwyzer Behörden aus dem Juni führt zu Verunsicherung: «Wanderweg gesperrt.» Wir vertrauen vorerst unserer eigentlich recht zuverlässigen App und machen uns auf den Weg, darauf hoffend, dass das nach etwa einer Viertelstunde Wegzeit angekündigte Hindernis in der Zwischenzeit aus dem Weg geräumt wurde.

Tatsächlich ist weder entgegenkommenden Wanderern noch an uns vorbeifahrenden Autos eine Wegsperrung bekannt. Autofahrer? Beim Einstieg besteht eigentlich ein mit einer abschliessbaren Barriere gesichertes Fahrverbot, die Schlüssel werden aber offenbar grosszügig verteilt. Nach einer Dreiviertelstunde ist dann für definitiv alle Motorfahrzeuge das Wegende erreicht; nun wird aus der Naturstrasse ein veritabler Bergweg. Steil und rutschig; wir sind froh über die mitgebrachten Wanderstöcke und werden sie an diesem Tag erst kurz vor dem Ziel wieder einpacken.

Ansonsten zeigt sich der Herbst von seiner allerschönsten Seite. Das klare Licht, die weichen Farben und die mit zunehmender Höhe immer wärmeren Sonnenstrahlen wecken Mitgefühl mit jenen, die bei diesem Wetter zu Hause in der Milchsuppe sitzen. Dies wirkt sich auch auf die Laune der wenigen Wanderer aus, die wir kreuzen. Jeder mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht und einigen netten Worten auf der Lippen – dieser Berg scheint glücklich zu machen. Und dies trotz weiterhin steilem Anstieg.

Ausdauernd auf den Fluebrig

Aus dem Wald gelangend, führt der Weg einen Einschnitt des Turnerbachs hoch, in den nächsten zwei Stunden sind bis zu einem Grat rund 800 Höhenmeter zu bewältigen. Die Anstrengung lässt die Aussicht auf die höheren Schneeberge im Glärnisch-Massiv vergessen, die sich in der hinteren Reihe erheben. Oberhalb der Alphütte Obergross führt der Weg in einer 90-Grad-Kehre nach rechts den Grat hoch. Nicht steil oder sonderlich ausgesetzt, aber aufgrund des kürzlichen Schneefalls entsprechend rutschig. Dafür hat man nun den Sihlsee im Blick, vorgelagert den Wändlispitz als steile Felsnase mit Kreuz. Als T6 ist es aber definitiv nichts für Wanderer.

Eine Viertelstunde trennt uns von hier noch vom 2038 m hohen Fluebrig, unserem anvisierten Ziel. Wer nun einen Gipfel erwartet, wird enttäuscht. Vielmehr handelt es sich beim Namensgeber dieses Gebirgsmassivs um einen einfachen Übergang zur Nordseite, gekrönt lediglich von einem Wegweiser mit entsprechender Bezeichnung.

Diethelm: Ein Name mit Bedeutung

Gut, gibt es gleich nebenan den Diethelm. Was man mit einem sehr deutsch klingenden Vornamen verbinden könnte, bedeutet sprachwissenschaftlich «Schützer des Volkes». Gleichzeitig ist es ein rund um den Berg häufig vertretenes Geschlecht, sodass die Gipfelbezeichnung auch von einem Anwohner stammen könnte. Und nicht zuletzt war es mit Melchior Diethelm ein Vertreter dieses Namens, der der Schweiz das aus der amerikanischen Verfassung mit Senat und Repräsentantenhaus bekannte Zweikammersystem bescherte.

Für solche Gedanken blieb beim Aufstieg auf den 2099 Meter hohen Berg aber kein Platz. Nach einem kurzen Gratweg geht es eine mit Kette gesicherte Flanke entlang bis zu einer sechssprossigen Leiter. Dies ist der Ausgangspunkt für eine rund 80 Meter hohe Wand, welche es in bester Bergsteigermanier an einer Kette hängend zu überwinden gilt. Als blauweisser Wanderweg der Einstiegsstufe (T4) ist der Gipfel mit alpiner Erfahrung gut machbar. Auf seiner Oberseite zeigt sich der Diethelm eher unspektakulär, dafür ist die Aussicht umso schöner.

Was steil hochgeht, muss bekanntlich auch wieder runter. Trotz etwas Nässe geht das zurück auf den Fluebrig überraschend gut. Der Ausflug auf den Helm nahm kaum mehr als eine Viertelstunde in Anspruch. Und das ist auch gut so, aus Westen ziehen nun zunehmend Wolken auf, der Ausflug auf den nahen Turner wird daher gestrichen.

Wie es sich zeigen sollte, ist der Rückweg auf unserer Rundtour deutlich länger als der Aufstieg. Dies auch, weil nun tatsächlich ein Wegstück gesperrt sein wird. Doch dazu später. Erst geht es auf der Nordostseite rasch talwärts, die ersten paar hundert Meter auf Schneeflaum mehr rutschend als gehend. Dem Erfinder von Wanderstöcken gebührt unser Dank.

Langer Abstieg

Über Geröll erreicht man die Fluebrighütte mit ihrem «Lampefüllplätzli». Danach steht uns der Sinn aufgrund des langen Rückwegs zwar nicht, im Schopf können aber auch gehfreundlichere (alkoholfreie) Getränke erworben werden. Dem schön farbigen Buchenwald entgegen, geht es auf dem Bergweg talwärts bis ins Fläschli. Kurz nach der Hütte soll früher einmal eine Abkürzung abgezweigt haben, wir haben diese aber nicht gefunden. Es ist anzunehmen, dass sie einem kleineren Bergsturz zum Opfer fiel. Denn kurz vor der Fläschlihütte gilt es auch für uns, ein recht frisches Steinbett mit einem auffällig tief angebrachten Wegweiser zu überqueren.

Der Fläschlipass als Übergang ins Wisstannengebiet ist nach einer Viertelstunde auf der leicht ansteigenden Bergstrasse erreicht. Im Sommer erwartet die Wanderer hier eine schöne Feuerstelle, für uns geht es nach einer kurzen Rast aber rasch talwärts.

Der Weg durch das Hochmoor wurde vor einigen Jahren durch den Zivilschutz aufwändig präpariert, über Brücklein und Stufen geht es durch das Feuchtgebiet bis zu einer gekiesten Waldstrasse. Auf dieser müssen wir nun etwas länger als vorgesehen verweilen. Der Weg entlang des Wisstannenbachs wurde vom Kanton Schwyz vor Kurzem aufgehoben, da sich im unteren Teil ein Aufzuchtgebiet seltener Tierarten befinde.

Neue, längere Wegführung

Rund zehn Minuten später erreichen wir dann doch noch den rot-weissen Abzweiger in Richtung Sihlhütte. Der neue Weg über die Heimegg soll gemäss Hinweistafel des Kantons «viel schöner» sein und führt auf einem Hügelrücken durch einen Wald talwärts. Für die Schönheiten der Natur fehlt uns jedoch zunehmend etwas der Blick. Der rutschige Weg benötigt nicht nur viel Konzentration, sondern geht auch in die Knie. Unten bei der Sihltalhütte angekommen, gelangt man auf einen Kiesweg. Leichter Regen und Hartbelag begleitet uns danach die letzten 500 Meter zurück zum Ochsenboden.

Fazit: Eine schöne, etwas längere Wanderung mit einer alpinen Kletterpartie. Wer sich das nicht zutraut, verzichtet auf den Ausflug auf den Diethelm und verkürzt die Wanderung so um eine Viertelstunde. Aufgrund der im Sommer häufig auftretenden Massen empfehlenswert während einer etwas ruhigeren Jahreszeit.

Routendetails

Distanz: 13 km
Wanderzeit: 6:00 Stunden
Höhendifferenz: 1234 Meter auf- und abwärts
Min./max. Höhe: 921/2094 m ü. Meer
Route: Ochsenboden 921 m ü. Meer – Waldhütte 1400 – Rägenplangg 1567 – Fluebrig 2030 – Diethelm 2099 – Fluebrighütte 1587 – Fläschli 1341 – Fläschlipass 1367 – Sihltalhütte 939 – Ochsenboden.
Anreise: Mit dem Voralpen-Express bis Biberbrugg und dann nach Einsiedeln umsteigen. Mit dem Bus 553 weiter bis Studen Ochsenboden. Autofahrer finden auf dem Ochsenboden kostenlose Parkplätze beim Golfklub.

Verwendete Quellen

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Wo lässt es sich in der Zentralschweiz am schönsten wandern? Was gibt es auf welchen Wanderwege und Wanderrouten zu sehen? Wo lässt sich unterwegs gut Rast machen? Von längeren Spaziergängen, Wanderungen bis hin zu schwierigen Bergtouren – für Anfänger bis Wander-Experten – im Wander-Blog berichten natur- und wanderfreudige Blogger aus der...
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