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Der jubelnde Adrian Winter

Schon mal ein guter Anfang (Bild: fcl.fan-fotos.ch)

In stillen Momenten stellt sich der heutige Autor einen ganz besonderen Torjubel von Adrian Winter vor.

Der Tagtraum sieht immer gleich aus: Adi Winter schnappt sich an der Mittellinie den Ball, umläuft mit grossen Schritten den kleinen Philipp Lahm, tunnelt den überforderten Mertesacker, sprintet im Stile eines Intercityzuges auf Manuel Neuer zu und hämmert den Ball unhaltbar für die Schweiz in die Maschen! Aber nicht diese Torszene fasziniert mich immer wieder, sondern der spezielle Jubel, den Winter danach im Basler Joggeli aufführt. Anstelle seiner komischen Gangster-Fingerübungen, schnappt sich der Flügelflitzer eine FCL-Fahne, mit der er dann gefühlte 10 Ehrenrunden ums Spielfeld abspult.

Dieser Tagtraum verfolgt mich insbesondere seit dem Champions-League-Finale am letzten Wochenende. Wieso? Die Freude über das hervorragende Spiel wich ziemlich schnell einer gehörigen Portion Unverständnis. Bei den wild feierenden Bayern Spieler sah es aus, wie vor dem UNO-Hauptsitz in New York. Ein Fahnenmeer von Nationalflaggen, die von jeweiligen Spielern stolz herumgewirbelt wurden. Dante mit der grün-gelben Brasilienfahne, Mandzukic mit der kroatischen, Ribery mit der französichen Tricolore und «unser» Xherdan Shaqiri mit einer kosovarisch-schweizerischen Fahne.

Was zum Teufel haben all diese Nationalfahnen auf dem Spielfeld verloren? Was hat denn bitteschön die österreichische Nationalfahne um die Schulter von David Alaba verloren, wenn soeben der FC Bayern München die Champions League gewonnen hat? Da hätte ich ehrlich gesagt eher ein paar «Seppl-Hüte» oder ein paar Lederhosen erwartet.

Klar, als Fan kann es schon erfreuend sein, wenn man auf einmal seine Landesfahne auf dem Spielfeld wehen sieht. Auch das Auftauchen von verschiedenen Nationalflaggen im Fansektor gefällt nicht nur dem betreffenden Spieler. Die Zuneigung und der Respekt den Spielern gegenüber können so einfach und bildlich aufgezeigt werden. Aber wem wollen die Spieler auf dem Feld mit ihren Fahnen Respekt zollen? Ihren Fans zu Hause im Heimatland? So à la: «Seht her, liebe Landsgenossen, ich denke an euch und bin meinem Staat für alles dankbar?» Geht ja gar nicht!

Deshalb stelle ich mir manchmal gerne vor, wie es umgekehrt aussehen würde. Wenn eben Adrian Winter die Fahne seines Arbeitgebers schwingen würde. Die Empörung in den Medien und in den Fanblöcken wäre wohl riesig. Klar, die Luzerner würde es freuen, aber spätestens beim ausgelassenen Torjubel von Gavranovic, umhüllt in einer FCZ-Fahne, würde auch den Innerschweizern der Torjubel im Halse stecken bleiben.

Ehrlich gesagt wäre mir das aber immer noch lieber, als ein Fahnenmeer bestehend aus verschiedenen Nationalflaggen, die man nun bei Feiern miterleben muss. Und sollten Adrian Winter oder irgendein anderer Nationalspieler nach einem Tor für die Nati wirklich mal die Vereinsfahne seines Arbeitgebers schwenken, dann würde ich auch die Spiele der Schweizernati wieder konzentrierter verfolgen und dabei nicht die ganze Zeit in komischen Tagträumen schwelgen.

 

Oliver Wehrli

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