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Fabienne Kaufmann über ihren Alltag als Kampfsportlerin

«Während meiner Trainings gehe ich immer an mein absolutes Limit»

Abrufen der Bestleistung.

(Bild: Karateschule Sursee)

Als eine der grössten Herausforderungen für Spitzensportler gilt die Koordination von Beruf und Sport. Karate-Schweizermeisterin Fabienne Kaufmann schildert in ihrem Beitrag, wie sie gelernt hat, die optimale Performance abzurufen und dabei nicht auszubrennen.

 

»Montag/Dienstag arbeiten, anschliessend Training im Dojo oder individuelles Training – Mittwoch/Donnerstag Training mit der Nationalmannschaft und dem Olympiateam in Magglingen – Freitag individuelles Training und Training im Dojo – Samstag individuelles Training – Sonntag Pause.» Diese Wochenaufteilung gibt mir die Möglichkeit, wöchentlich meine zehn bis elf Trainingseinheiten zu absolvieren. Einheiten, die sich aus Karate-, Kraft-, Ausdauer-, Schnelligkeits- und Mentaltraining zusammensetzen. Dabei setze ich meinen Fokus je nach Trainings- oder Wettkampfphase individuell an. Wer seinen Zielen bewusst ist, kann seinen Weg auch entsprechend planen.

Über die eigenen Grenzen gehen

Während meiner Trainingseinheiten gehe ich immer an mein absolutes Limit. Ich bin erst dann zufrieden, wenn ich nach einem letzten tiefen Atemzug ringe, den Puls nochmals hochjage und sich jede einzelne Faser meiner Muskulatur bemerkbar macht. Doch nach exakt solchen Trainingseinheiten fühle ich mich am besten.

Denn genau diese investierten Minuten bringen mich einen Schritt näher an mein Ziel – mental und körperlich. Für Aussenstehende sind die Trainingseinheiten von Leistungssportlern selten nachvollziehbar. Denn um dauerhaft ausserhalb der eigenen Komfortzone zu trainieren, muss pure Leidenschaft zu diesem Sport vorhanden sein.

Wettkampfpause.

Wettkampfpause.

(Bild: Fabienne Kaufmann)

Aus Schwächen lernen

Augenblicke, in welchen Verletzungen, Niederlagen oder schlechte Tage dominieren, werden im Bereich des Leistungssports nicht gerne gesehen. Wer spricht schon gerne über diese Zeiten?

Es überrascht deshalb auch nicht, dass es nur selten Filme mit den dunklen Seiten des Leistungssportes gibt. Denn auch hier gilt: wer will sich schon einen Film ansehen, in welchem nur von Niederlagen gesprochen wird? Genau wie bei einem Hobbysportler gibt es bei mir Momente, in welchen ich an mir zweifle und denke, nicht gut genug zu sein, nicht fit genug zu sein, nicht genug abzuliefern.

Ich lerne, mit genau diesen Momenten umzugehen, und weiss, dass ich noch mehr Energie investieren muss, um noch besser als die Konkurrenz zu sein. Dieses Bewusstsein hilft mir, den Fokus meiner Ziele noch stärker zu setzen. Ich lass mich nicht runterziehen, sondern wachse an meinen Schwächen. Den Fokus auf das Positive legen und dem Negativen dennoch genügend Platz einzuräumen, sehe ich als wichtigen Schlüssel, um noch stärker zu werden.

Regeneration und Leistung in ausgeglichenem Verhältnis

So düster diese negativen Zeiten auch klingen mögen, kommt es auch bei Spitzensportlern auf die gesunde Balance an. Ich musste lernen, dass mein Körper, trotz meinen hohen persönlichen Zielen, Pausen benötigt, um anschliessend wieder volle Leistung erbringen zu können. Nur so kann ich regelmässig abliefern. Also habe ich mir angewöhnt, regelmässige Trainingspausen einzuplanen.

So mache ich im Sommer zwei Wochen und im Winter eine Woche Pause und setze auch unter der Woche jeweils am Sonntag aus. Um dies mit meinem Ehrgeiz zu vereinbaren, hatte es intensive Gespräche mit meinen Eltern benötigt. Denn wer will schon eine extra Trainingseinheit verpassen, die vielleicht für den Sieg in letzter Sekunde verantwortlich ist?

Ich habe gelernt, dass Trainingspausen sehr wichtig sind, um meinem Körper genügend Zeit für die Erholung wie auch den Muskelaufbau zu geben. Denn es ist tatsächlich so, dass es vermehrt Sportler gibt, welche an einem Sport-Burn-Out leiden. Denn auch beim Sport gilt, wie bei der Arbeit, der Grat zwischen einer gesunden Leidenschaft und der Sucht ist sehr schmal.

Erfahrung aus der eigenen Laufbahn weitergeben

Ich kann heute sehr gut eruieren, woher Schmerzen kommen und wie viel Zeit ich für die Genesung einplanen muss. So habe ich für mich in einem gesunden Mass herausgefunden, wie ich meine Leidenschaft ausleben kann, ohne dass ich meinen Körper schädige. Denn auch Spitzensportler werden nicht jünger und müssen für die Zukunft ohne den Sport einen weiteren Weg finden. Die Ausführung von Sport auf solch hohem Niveau ist immer temporär.

Dadurch weiss ich, dass ich mich in den nächsten Jahren mit dem Spitzensport beschäftigen werde und meine Erkenntnisse nach meiner aktiven Zeit so weitergeben werde, wie ich es in all den Jahren bereits von anderen Personen aus meinem Umfeld erlernen durfte. Doch bis dahin werde ich meine Trainingseinheiten geniessen und meine Komfortzone weiterhin ausloten, um meine Ziele zu erreichen.

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Spitzensportler schreiben über ihr Leben. Mario Gyr (Rudern), Petra Lustenberger (Schiesssport), der Ringer Samuel Scherrer, Snowboarder Dario Burch, Ueli Schnider (Langlauf) und andere erzählen aus ihrem Alltag an Wettkämpfen und was der Sport für sie persönlich bedeutet.
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