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Mentaltraining gehört zum Sport – auch zum Karate

Der Kopf entscheidet über den Erfolg

Fabienne Kaufmann ist in den Trainingsvorbereitungen für die nächste Saison. Die sechsfache Schweizermeisterin im Karate zeigt dabei viel Köpfchen.

Wir alle kennen das Gefühl vor einer Prüfung, vor einer wichtigen Entscheidung oder vor einem grossen Auftritt: Die Nerven flattern und die Magengrube zieht sich langsam zusammen. Die Spannung liegt in der Luft und die entstandene Nervosität ist nicht in Worte zu fassen. In diesem Moment trennt sich die Spreu vom Weizen. Nur wer jetzt einen kühlen Kopf bewahren kann und sich konzentriert, wird in der Lage sein, seine Leistung auf Kommando abzurufen.

Knapp zwei Prozent entscheiden

Das menschliche Hirn erreicht im Schnitt ein Gewicht von ungefähr 1,4 Kilogramm. Im Verhältnis zum ganzen Körper hat das Hirn somit einen Anteil von knapp 2 Prozent. Dennoch ist dieser kleine Anteil dafür verantwortlich, dass ganze Muskelmassen nicht funktionieren. Wer sein Hirn nicht trainiert und dadurch mental nicht in der Lage ist, sich zu fokussieren, kann unter Druck keine Leistung erbringen. Dadurch wird aus diesem leichten Körperteil ein elementarer. Denn die entscheidende Stärke beginnt im Kopf.

Aus diesem Grund ist es auch nicht überraschend, dass für mich das mentale Training zu einem wichtigen Bestandteil des Trainings gehört und besonders bei der Wettkampfvorbereitung im Vordergrund steht. Spätestens eine Woche vor dem Wettkampf verschärfe ich mein persönliches Mentaltraining. Am Abend vor dem Wettkampftag halte ich zusätzlich eine ausführlichere Version meines Ablaufs ab.

Zur mentalen Vorbereitung gehört für mich auch, mein Selbstvertrauen kurz vor dem Wettkampf durch den Trainingsfokus auf meine Stärken zu legen. So erlange ich ein gutes und vor allem sicheres Gefühl für meine kommenden Kämpfe.

Pausen und Essen als Training

Einen Tag vor meinem Wettkampf trainiere ich nicht mehr. Einer meiner wichtigsten Pausentage. Zudem erlerne ich keine neuen Techniken in dieser Wettkampfphase. Ich trainiere ausschliesslich Bewegungsabläufe, welche ich beherrsche. Diese Trainingsform gibt mir die gewünschte Sicherheit und Ruhe, um am Tag X meine Leistung auf höchstem Niveau abzuliefern.

Ein weiterer Bestandteil der Vorbereitung ist meine Ernährung. Ich esse während des ganzen Jahres ausgewogen und gesund. Während der aktiven Trainingszeit verzichte ich auf Alkohol, um meinem Körper keine unnötigen Schadstoffe zuzuführen. Zudem achte ich während der Wettkampfphase besonders auf gute Ernährung und genügend Kohlenhydrate. Ich vertraue dabei auf meinen Körper und gebe ihm bestens bekannte Nahrungsmittel. So ist er für die volle Leistungserbringung vorbereitet und dem Sieg steht aus physischer Sicht nichts im Weg.

Stressfrei ohne Rituale

Neben der optimalen Trainingsvorbereitung und der Ernährung schwören viele Sportler auf Rituale. Für mich hat sich aus der Vergangenheit kein Ritual abgezeichnet. Auch plane ich meinen Wettkampftag nicht vollkommen durch. Dies hilft mir, auch bei unerwarteten Situationen, wie etwa einer Zeitverschiebung, jederzeit kampfbereit und fokussiert zu sein.

Denn was wäre schlimmer, als wenn ich mein Ritual aufgrund einer zeitlichen Verschiebung durch die Turnierleitung nicht mehr durchziehen kann und dadurch meinen Fokus verliere? So kann ich mich auf mich selbst konzentrieren und komme nicht unter Zeitdruck, weil ich meine Rituale noch ausführen müsste.

Taktik durch Trainer bestimmt

Im Karate werden Zeitplan und Auslosungen (Wettkampfzuteilungen / Zuteilung der Gegner) kurz vor dem Wettkampf veröffentlicht. Die Auslosungen schaue ich mir nicht an. Mein Trainer kennt meine Gegnerinnen und legt somit die Taktik fest. Anschliessend besprechen wir diese gemeinsam und bereiten uns beim Aufwärmen entsprechend vor.

So verhindere ich, dass ich mich während meiner Vorbereitung ausschliesslich auf die Gegnerin konzentriere und nicht mehr auf meine Stärken. Zudem kommt es nicht darauf an, gegen wen ich kämpfe. Ich muss in jeder Situation reagieren können. Dadurch bin ich umso unvoreingenommener und die mentale Vorbereitung für den Wettkampf fällt einfacher aus.

Natürlich kenne auch ich Tage, da macht mir mein Hirn einen Strich durch die Rechnung und ich kann nicht meine Höchstleistung im mentalen Bereich abrufen. Doch lasse ich mich nicht von solchen Momenten beeinflussen. Denn es gilt, sich immer auf die positiven Momente, Siege und bereits gemeisterte Herausforderungen zu konzentrieren. Weil auch die negativen Phasen ausschliesslich Momentaufnahmen sind, an welchen ich trainieren kann. So lohnt sich mein Training neben den Kampfmatten, um meinen Kopf ausschalten zu können.

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Spitzensportler schreiben über ihr Leben. Mario Gyr (Rudern), Petra Lustenberger (Schiesssport), der Ringer Samuel Scherrer, Snowboarder Dario Burch, Ueli Schnider (Langlauf) und andere erzählen aus ihrem Alltag an Wettkämpfen und was der Sport für sie persönlich bedeutet.
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