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Pirouetten- und Flieger-Tore zählen doppelt

Beachhandball: Keine Langeweile im Sand

Sabrina Amrein an der U19 EM 2013 im Spiel gegen Russland (Bild: sam)

Da es im Handball im Sommer eine Hallenpause gibt, greifen einige Teams auf Beachhandball zurück. Wie dort gespielt wird und welche Erfolge die Spono Eagles an nationalen und internationalen Beachtournieren verzeichnen konnten, schreibt Sabrina Amrein in ihrem Blogpost.

Gerade habe ich mit der ersten Mannschaft der Spono Eagles eine Trainingswoche überstanden. Von Montag bis Samstag standen wir jeweils vier Stunden täglich in der Halle. Ganz ehrlich, an so schönen Tagen ist es einfach zu heiss in der Halle. Viel lieber würde ich draussen im Sand Handball spielen.

Nicht ganz einfache Punktevergabe

«Aber auf Sand kann man doch gar nicht prellen.» Stimmt, aber dafür darf man den Ball ablegen und rollen. Klingt langweilig? Ist es nicht. Spektakuläre Tore zählen nämlich doppelt. Dafür gibt es zwei Varianten: Ein Tor nach einer Pirouette (Wurf nach einer vollständigen Drehung in der Luft) oder nach einem Flieger (Ball in der Luft fangen und direkt werfen). Beim Beachhandball werden zwei Halbzeiten an 10 Minuten gespielt.

Beide Halbzeiten beginnen bei 0:0. Gewinnt ein Team beide Halbzeiten, erhält es 2:0 Punkte. Gewinnen beide Teams je eine Halbzeit, wird der Sieger im Shoot-out (Penaltyschiessen) ermittelt. Der Sieger erhält anschliessend 2:1 Punkte. Klingt etwas kompliziert … Wichtig ist nur, dass ein Team die erste Halbzeit verschlafen kann, das Spiel mit einer guten zweiten Halbzeit aber immer noch ins Shoot-out retten kann.

U18 EM 2012 in Batumi, Georgien

Einer meiner Juniorinnentrainer kam irgendwann auf die Idee, während der Hallenpause im Sommer Beachhandball zu spielen. Wir Mädels waren sofort Feuer und Flamme. Im Sommer 2011 holten wir den Schweizer Meistertitel in unserer Alterskategorie und qualifizierten uns damit für die Europameisterschaft im nächsten Sommer in Georgien.

Nach der gefühlt zehnstündigen Busfahrt vom Flughafen trafen wir mitten in der Nacht in unserem Hotel ein. Dass der Bus mit offenen Türen und kaputten Dachfenstern fuhr, trübte unsere Vorfreude kaum. Am nächsten Morgen wurde unsere Freude gar noch gesteigert. Hotel und Spielanlage lagen direkt am Strand, wir hatten überall freien Meerblick. Wir waren begeistert! Besser konnte man sich ein Beach-Turnier kaum vorstellen.

Dasselbe Menü für alle Mahlzeiten

Doch der Schein trog. Schon nach der ersten Trainingseinheit hatten wir alle unsere Knie aufgeschürft. Der Sandbelag war viel dünner als gewohnt und überall lagen scharfe Steine. Das Hotel kannte lediglich ein Menu für alle drei Mahlzeiten: Pommes, kalte Pizza, Hühnchen und frische Früchte.

In den folgenden Tagen würde jede und jeder aus dem Schweizer Team für einige Stunden mit Durchfall ausser Gefecht gesetzt werden. Die einzige Toilettenanlage auf dem Spielareal war nachvollziehbarerweise schon am zweiten Turniertag nichts mehr für schwache Gemüter. Verständlich, dass wir lieber zehn Minuten zu Fuss zurück zum Hotel gingen …

U19-EM 2013 in Randers, Dänemark

Unser erster internationaler Auftritt im letzten Sommer hatte klar aufgezeigt, in welchen Bereichen wir noch Luft nach oben hatten. Motiviert, näher an die internationale Konkurrenz aufzuschliessen, übten wir schon fleissig unsere Pirouetten, als sogar noch Schnee lag. In Georgien hatten nur zwei Spielerinnen eine Pirouette gekonnt, mittlerweile beherrschten wir sie alle. Optimistisch starteten wir ins Turnier.

Es war wie verhext. In vier von sechs Gruppenspielen konnten wir jeweils eine Halbzeit gewinnen. Doch im Shoot-out versagten unsere Nerven ausnahmslos. Eindrücklich war das Gruppenspiel gegen den Gastgeber und späteren Vizemeister aus Dänemark. In der voll besetzten Freiluftarena konnten wir uns nach einer verlorenen ersten Halbzeit (24:20) ganz knapp ins Shoot-out kämpfen (16:17).

Leider hielt der Shoot-out-Fluch weiter an und wir verloren das Penaltyschiessen denkbar knapp mit 8:7. Wie weit wir es geschafft hätten, wenn wir die 4 Penaltyschiessen gewonnen hätten, fragten wir uns später. Hätte, hätte, Fahrradkette. Im nächsten Jahr würden wir im Schnee nicht Pirouetten, sondern Shoot-outs üben …

U18-EM 2014 in Lorca, Spanien

Die EM fand mitten in der spanischen Altstadt statt. Das Hauptfeld wurde direkt vor dem Rathaus aufgeschüttet, eine Mega-Atmosphäre! Die meisten Spielerinnen des letztjährigen EM-Teams waren zu alt für die Teilnahme an der Juniorinnen-EM in diesem Jahr.

Abgesehen von mir hatte noch eine weitere Spielerin an der EM im letzten Jahr gespielt. Das entscheidende Spiel gegen die Türkei verloren wir nach einer starken ersten Halbzeit, natürlich im Shoot-out. Genau das hatten sich die Juniorinnen aus dem jüngeren Jahrgang von den Älteren abgeschaut.

EM 2015 in Lloret de Mar, Spanien

2014 gewannen wir den Schweizer Meistertitel bei den Aktiven im Penaltyschiessen. Der Shoot-out-Fluch schien endlich gebrochen. Damit qualifizierten wir uns für die Europameisterschaft 2015 in Spanien. Das Teilnehmerfeld war mit grossen Hallenhandballnationen aus ganz Europa stark besetzt.

Besonders Freude machte der Sieg in der Gruppenphase gegen Deutschland, in der Halle ein kaum bezwingbarer Gegner. Erst einmal gewann die Schweizer Frauennationalmannschaft in der Halle gegen Deutschland. Mit Schweden liessen wir einen weiteren übermächtigen Hallengegner in der Rangliste hinter uns zurück.

Obwohl wir international nur kleine Teilerfolge feiern konnten, war jede einzelne Europameisterschaft ein ganz besonderes Erlebnis mit vielen unvergesslichen Erinnerungen. In diesem Sommer mussten alle Beachturniere abgesagt werden. Umso grösser ist die Vorfreude auf die nächste Saison im Sand.

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Spitzensportler schreiben über ihr Leben. Mario Gyr (Rudern), Petra Lustenberger (Schiesssport), der Ringer Samuel Scherrer, Snowboarder Dario Burch, Ueli Schnider (Langlauf) und andere erzählen aus ihrem Alltag an Wettkämpfen und was der Sport für sie persönlich bedeutet.
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