«Der Ball» – das Musical feiert Premiere im Le Théâtre
Dieser Musicalhit hat «das Herz am rechten Fleck». Die Show entzückt am Broadway Fachwelt, Kritiker und Publikum. Darin wird eine aktuelle Botschaft ohne Zeigefinger, dafür aber mit viel Humor, Emotionen und mitreissender, ohrwurmiger Musik dem Publikum überbracht.
«Der Ball», original «The Prom», basiert auf einer wahren Gegebenheit in den USA. Constance McMillen aus Mississippi durfte im Jahr 2010 ihre Freundin nicht zum Abschlussball der High School mitnehmen. Ein Fall, der international Aufmerksamkeit erregte. Elemente der Handlung von «The Prom» sind Spiegel dieser Realität. Uraufgeführt wurde die Show im August 2016 in Atlanta. Es folgte die Broadway Premiere im Oktober 2018.
Die Resonanzen waren einhellig. «Ein freudiger Schrei» titelt das Magazin «Variety», Sara Holdren vom New York Magazine schreibt: «The Prom übermittelt so viel Freude. Habe ich in der letzten Szene echte Tränen vergossen? Ich gebe es zu. Ich habe während der Show auch selten aufgehört zu lachen». «Ein köstliches Geschenk der Musical-Comedy-Götter», verkündet «Broadway Critics’s Pick».
LGBTQ ohne Klischees
In allen Berichten wird der erfrischende, klischeebefreite Tonfall des Musicals im Umgang mit LGBTQ-Fragen gelobt. Die Aufgeschlossenheit der heutigen Jugend im Umgang mit dieser Thematik wird dabei in den Mittelpunkt des Stücks gestellt.
Die Produktion gewann den Titel «Outstanding Musical» bei den Drama Desk Awards 2019. 2019/20 produzierte Netflix eine viel beachtete Leinwand-Version.
Im Original-Musical spielt die Handlung in Indiana und New York. «Das Buch enthält amerikanische Spezifitäten, die in der Schweiz eine Distanz zum Publikum geschaffen hätten, die wir nicht wollten», sagt der Co-Leiter von Le Théâtre, Andréas Härry. «Die universelle, schöne Botschaft der Toleranz im Musical soll unsere Gäste unmittelbar und heftig erreichen. Darum haben wir die Handlung inhaltlich und sprachlich in unsere Region transferiert und adaptiert». Aus New York wird Hamburg, aus Indiana das Luzerner Hinterland.
Die Handlung mit Herz, Intelligenz und Witz
Die Gymnasiastin Emma will im Luzerner Hinterland mit ihrer Freundin Alyssa zum Abschlussball des Gymnasiums gehen, doch der Elternrat der Schule weigert sich, ein gleichgeschlechtliches Paar am Anlass zu akzeptieren. Der Ball wird unter medialem Blitzgewitter abgesagt.
Gleichzeitig beschliessen vier schillernde Musical-Bühnenschauspieler aus Hamburg, deren Produktion gerade gefloppt ist, assistiert von ihrem Impresario, «etwas Gutes zu tun». Da die Propagierung des Weltfriedens zu hoch gegriffen ist, beschliessen sie, der Twitter-Nachricht aus der Schweiz – dem «Ball-Skandal» – nachzugehen und Emma Kraft ihrer Berühmtheit zu helfen.
Das Vorhaben ist nicht uneigennützig, die vermeintlich gute Publicity nehmen die unter Erfolgsentzug leidenden Schauspieler dankend in Kauf. Doch das Projekt entpuppt sich als harte Nuss. Stadt trifft auf Land, Liberalität auf Tradition, Vorurteile auf Klischees. Aus der geplanten Eigenimage-Politur wird ein ernsthaftes Engagement für eine gute Sache. Die vier exaltierten Künstlerinnen und Künstler versuchen mit amüsanter Schrillheit dem jungen Liebespaar zu helfen. Die Mission scheitert.
Solidarität aus aller Welt
Die Elternvereinigung organisiert einen inoffiziellen Ball für ihre Sprösslinge, zu dem Emma ausdrücklich nicht eingeladen wird. Nun nimmt Emma das Heft selbst in die Hand und publiziert einen Song im Internet, der ihr Solidarität aus allen Ecken der Welt beschert.
Freundin Alyssa wagt jetzt auch das Outing gegenüber ihrer Mutter. Getragen von einer Welle der Solidarität kann ein «inklusive-Ball» für Emma und Alyssa stattfinden. Natürlich gibt es im Gefühlsleben der Protagonisten das Happy End, wobei Amor nicht nur bei den Gymnasium-Absolventinnen heftig zuschlägt…
Die Musik mit Leitmotiven
Einen grossen Anteil am Erfolg der Show hat, nebst dem emotionsstarken, gehaltvollen und humorvollen Plot, unzweifelhaft die schmissige Musik von Matthew Sklar, 1973 in Westfield, New Jersey geboren. Er komponierte süffige, aufwendig aufgebaute Songs, die im besten Sinne herrlich leicht ins Ohr gelangen.
Die Genres variieren. So bekommen die vier überdrehten Künstler aus Hamburg üppige Broadway-Klänge verabreicht, die wie musikalische Karikaturen klassischer Bühnenshows ankommen.
Die jungen Menschen auf dem Schulgelände singen und tanzen zu beatstarken, poppigen Songs. Die Hauptprotagonistinnen Emma und Alyssa zeigen ihre Gefühle in kontrastierenden, introspektiven, warmherzigen Klängen. Melodieelemente werden zum Teil mehrfach und verschieden instrumentiert verwendet, als Leitmotive und somit auch Erkennungsmomente fürs Publikum.