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Ohne mehr Wohnungen ist Bevölkerungsmix gefährdet

Zug braucht Menschen, die Zug lieben

Werden sich die jetzigen Zuger Kinder in 20 Jahren noch eine Wohnung in Zug leisten können? (Bild: Marilena Amato Mengis)

«Wenn wir eine Stadt sein wollen, die eine Identität hat, die Traditionen pflegt und weitergibt, dann müssen wir dafür sorgen, dass in 25 Jahren wenigstens ein Teil unserer Kinder noch in Zug lebt.» Diese Meinung vertritt Marilena Amato Mengis. Ohne zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum sieht sie den heutigen Bevölkerungsmix in Gefahr.

20 Prozent der Stadtzuger Wohnungen sollen bis 2040 preisgünstig sein. Das will die SP-Initiative «2’000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand». Heute beträgt der Anteil 14 Prozent. Diesen nur schon zu halten, wird schwierig, wenn die Politik nicht handelt. Derweil reagiert der Stadtrat mit der bürgerlichen Mehrheit im Schlepptau selbstgefällig statt mit Taten auf das Problem der Probleme für unzählige Zugerinnen. Er lehnt die Initiative ohne Gegenvorschlag ab.

Blick in die Immobilienportale alarmiert

Ein Blick in die Immobilienportale reicht, um zu sehen, welche Dimensionen das Problem angenommen hat. Mieten für ein 20-Quadratmeter-Business-Apartment, welche anderenorts für eine 4-Zimmer-Wohnung reichen. 3- bis 5-Zimmer-Wohnungen fehlen praktisch komplett, oder es handelt sich um Luxuswohnungen, zumindest im Preis. Leerkündigungen zwecks Renovation oder Neunutzung als Business-Apartments treiben die Mieten in exorbitante Höhen und die Zugerinnen aus Stadt und Kanton hinaus.

Bevölkerungsmix in Gefahr

Zug hat ein strukturelles Defizit an zahlbarem Wohnraum. Dieses Problem wird sich nicht von selbst lösen. Es wird kein Investor vom Himmel fallen, der sich freiwillig einschränkt, weil er sich um das soziodemografische Gleichgewicht in Zug Sorgen macht. Denn das ist nicht sein Auftrag. Das ist Aufgabe der Politik.

Der Stadtrat jedoch ist der Überzeugung, schon seit Jahren genügend zahlbaren Wohnraum zu fördern. Es brauche keine neuen Massnahmen, geschweige denn Eingriffe in die unternehmerische Freiheit der Investoren. Das hat er gegenüber dem Grossen Gemeinderat klargemacht. Und die bürgerliche Mehrheit ist ihm gefolgt.

Die SP Zug fordert mehr bezahlbaren Wohnraum.
Die SP Zug fordert mehr bezahlbaren Wohnraum. (Bild: SP Stadt Zug)

Verdrehte Wahrnehmung

Die Folge dieser Passivität, das gravierende soziodemografische Ungleichgewicht, wenn hier verwurzelte Menschen wegziehen müssen und fast nur noch durch solche mit Einkommen beziehungsweise Vermögen im obersten Segment ersetzt werden, scheint für den Stadtrat kein Thema. Im Gegenteil. So befürchtet er vielmehr, der Anteil an preisgünstigem Wohnraum könnte zu hoch werden – als ob dies ein auch nur halbwegs realistisches Szenario für Zug wäre. Dies könnte die «unerwünschte Zuwanderung aus Nachbarorten und -kantonen» anheizen, so die Angst auch der Bürgerlichen im GGR.

Neben der absolut stossenden Geringschätzung Normalverdienender, die hier mitschwingt, zeigt sich, wie realitätsfremd der Stadtrat argumentiert. Denn der Notruf kommt von Zugern, die hier und heute und seit Jahren eine Wohnung suchen. Weil sie ausziehen wollen oder müssen. Weil sie Eltern werden oder sich trennen. Weil die Kinder ausgeflogen sind und sie eine altersgerechte Wohnung suchen. Oder von solchen, die wie ich einfach Angst haben, dass unsere Kinder keine Chance haben werden, in der Stadt zu leben, in der sie aufwachsen und sich zu Hause fühlen.

Zug braucht Menschen, die Zug lieben

Während Stadtrat und Bürgerliche also um Investoren und Immobilienbesitzende besorgt sind, vergessen sie jene Menschen, die für eine lebendige und funktionierende Stadt unerlässlich sind: Zug braucht Menschen, die hier leben und nicht nur einen Steuerwohnsitz begründen. Menschen, die sich engagieren, integrieren, hier arbeiten. Die eine Familie oder ein KMU gründen, einen Verein leiten, in der Feuerwehr dienen, sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellen. Die bereit sind, Dinge zu leisten, die man nicht kaufen kann.

Kurz: Zug braucht Menschen, die Zug lieben. Denn diese schlagen Wurzeln, ermöglichen Tradition und Identifikation. Sie sorgen dafür, dass Zug lebt und eine Seele bewahrt. Und so auch in Zukunft attraktiv bleibt. Weit über den Steuerfuss hinaus.

Diese Menschen brauchen Wohnungen. Sie passen weder in Business-Apartments noch in Briefkästen. Die Initiative schlägt griffige, rasch umsetzbare Massnahmen vor. Alternativen sind keine in Sicht. Weder seitens Stadtrat noch der Bürgerlichen. Was für ein Zug wollen wir in 20 Jahren? Wer soll hier leben? Am 18. Juni 2023 haben die Stimmberechtigten das Wort.

Zug braucht Menschen, die Zug lieben.
Die Stadt Zug vom Loreto aus gesehen. (Bild: Marilena Amato Mengis)
Verwendete Quellen
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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Richard Ephraim Scholl
    Richard Ephraim Scholl, 13.04.2023, 19:30 Uhr

    Frau Mengis, genau das ist es: Sie sind zugezogen ohne eine Wohg mitzubringen, auch die Neuzuzüger bringen keine Wohnung mit, erwarten aber, dass die hier schon Steuerpflichtigen Wohnungen für Neuzuzüger bauen. Niemand ist verpflichtet in Zug und Umgebung zu wohnen.

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  • Profilfoto von HeimatsollHeimatbleibensollen
    HeimatsollHeimatbleibensollen, 13.04.2023, 18:17 Uhr

    Es hätte nicht besser geschrieben werden können! Dieses thema muss wieder und wieder thematisert werden, egal wie ermüdend es für gewisse leute erscheint. Natürlich schert sich der stadtrat nicht um solche sorgen. Sind sie doch genau die, die sehr oft zum oberen mittelstand gehören und zudem die mittel (oft vitamin b) haben, um sich weiterhin eine wohnug in zug leisten zu können bzw. eine wohnung zu bekommen. Somit ist wegschauen und ignorieren leicht gemacht.
    Wie kann es sein, dass geld und profit so wichtig ist, dass man die verwurzelten zuger dafür „opfert“?! Ich würde sehr gerne wissen, wie sich der stadtrat das leben in zug in 10-15 jahren vorstellt!

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