Wie Zürcher Luzern verhökern – und wie wir sie stoppen
Die Wohnungsnot in Luzern ist so gross wie nie in den letzten zehn Jahren. Und trotzdem will der Stadtrat weitere Wohnungen Airbnb zum Frass vorwerfen. Neu sollen auch in Aussenquartieren Airbnb-Wohnungen entstehen. Dabei zeigt sich, dass immer mehr Auswärtige in diesem lukrativen Geschäft mitmischen.
«Meine Wohnungstüre habe ich früher nie geschlossen, heute weiss ich nicht, ob gerade ein Einbruch geschieht oder wieder neue Touristen einziehen.» Das hat mir eine ältere Frau erzählt, die seit Jahren im gleichen Haus im Bruchquartier wohnt. Unterdessen werden aber mehrere Wohnungen auf Airbnb vermietet. Eine Nachbarschaft, in der man sich kennt, existiert nicht mehr.
Dabei begann eigentlich alles mit einer guten Idee: Wenn jemand verreist oder ein Zimmer übrig hat, soll dieser freie Raum anderen zur Verfügung stehen. Sharing Economy nennt sich das. Innert Kürze wurde das pervertiert. Immer mehr Anbieter mieteten ganze Wohnungen und dann sogar ganze Häuserblocks, um diese auf Airbnb zu stellen. Eine Untersuchung zeigte: Die Airbnb-Anbieter können das Vier- bis Fünffache des normalen Mietzinses einnehmen. Selbst wenn man Reinigung und Verwaltungskosten abzieht, bleibt ein riesiger Gewinn.
Ein Gewinn auf Kosten von uns allen
Davon bleibt wenig in Luzern. Im Gegenteil: In der Stadt Luzern betragen die Steuereinnahmen je Wohnung über 11'000 Franken. Von den Airbnb-Wohnungen erhält der Staat fast nichts, bleibt aber auf den Infrastrukturkosten sitzen.
Grosse Kasse machen dafür vorwiegend ausserkantonale Spekulantinnen, insbesondere aus Zürich. So beispielsweise der nette Alex, der angibt, dass er nach seinem Studium in Dubai und Berlin jetzt in Zürich ein Immobilienunternehmen betreibe, sofern er nicht gerade seinen Hobbys «Tennis, Segeln, Volleyball und dem Zürcher Nachtleben» nachgeht.
Alex hat gleich neben dem Luzerner Theater fast ein ganzes Haus geleert. Die 10 Wohnungen sind jetzt durchnummeriert. Platz für Bewohner aus Luzern gibt es keinen mehr.
«Airbnb regulieren – Initiative Wohnraumvernichtung stoppen»
Das gleiche Bild bietet sich an zahlreichen weiteren Orten in Luzern. Auch bereits etwas ausserhalb des Zentrums an der Gibraltarstrasse macht sich eine Zürcher Immobilienfirma immer breiter. Ihr gehören die beiden Häuser Nummer 13 und 15. Im einen Haus sind bereits die Hälfte, im anderen knapp ein Drittel der Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen.
Die Initiative «Airbnb regulieren – Initiative Wohnraumvernichtung stoppen» will die Kurzzeitvermietung auf den Grundgedanken der Sharing Economy zurückbringen. Die Initiative wurde lanciert von CasaFair, Mieterinnen- und Mieterverband, SP und Juso. Wenn die Initiative angenommen wird, dürfen Wohnungen in Luzern weiterhin 3 Monate im Jahr auf Airbnb angeboten werden. Einzelne Zimmer auch ganzjährig.
Aber nur, wenn die vermietende Person auch effektiv in der Wohnung angemeldet ist. Damit würde Sharing Economy wieder zu dem, was es eigentlich ist: Teilen von knappen, aber zeitweise ungenutzten Gütern. Die Vertreibung von Luzernerinnen durch Airbnb würde hingegen gestoppt.
Grosser Stadtrat auf dem Holzweg
Der Stadtrat will das Gegenteil. Noch mehr Luzerner Wohnungen sollen auf Airbnb. Und sogar in Aussenquartieren sollen Lizenzen vergeben werden, damit die Wohnraumvernichtung voranschreiten kann. Dies, obwohl die Leerwohnungsziffer nur noch 0,88 Prozent beträgt – das bedeutet Wohnungsnot. Und trotzdem will der Stadtrat bis zu 1,5 Prozent der Wohnungen auf Airbnb stellen lassen. Ohne Airbnb könnten in Luzern also dreimal mehr Wohnungen auf dem freien Markt sein. Das würde die Mietexplosion etwas bremsen. Aber offenbar beabsichtigt der Stadtrat das Gegenteil.
Und die Baukommission des Grossen Stadtrates ist ihm gefolgt. Eigentlich überraschend, weil SP und Grüne in dieser Kommission eine Mehrheit haben. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Unfall bei der Industriestrasse-Initiative nicht wiederholt. Damals wollte die Grüne Fraktion gemeinsam mit der Ratsrechten das Land an die Allreal AG Zürich verkaufen, anstatt für die genossenschaftliche Überbauung einzustehen. Es bleibt zu hoffen, dass sie auch dieses Mal von ihrer mieterfreundlichen Basis überstimmt wird und eine Initiative gegen die Kommerzialisierung von Wohnraum gewinnt.