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Anna Bieri

Wetterbericht aus der Politik

Wie würde der Wolkenhimmel in der Schweizer Politik wohl aussehen? (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Wo ist es «heiss», von wo kommt die Kaltfront und bei welchen Themen kann unsere Bloggerin nicht mehr cool bleiben? Anna Bieri ist überzeugt, dass Zuger die politische Wetterlage richtig einschätzen.

«Heiss» war letzte Woche nicht nur das Wetter, sondern auch die Diskussion um die «Lex USA» im Bundeshaus. Umso eisiger war dafür die Kaltfront, die dieser Vorlage im Nationalrat entgegenfegte. Ob alle Politiker dabei einen kühlen Kopf bewahrt haben, wage ich zu bezweifeln. Einige scheinen mir etwas gar «heiss» auf parteipolitisches Donnergrollen ausgerichtet gewesen zu sein. Retourkutschen, persönliche Abrechnungen und kaltes Duschen einer missliebigen Bundesrätin schienen das Handeln zu bestimmen – und all dies unter Inkaufnahme mutmasslicher Kollateralschäden für unsere Volkswirtschaft.

Stillstandpolitik praktizierte der Nationalrat diese Woche auch bei der Revision der Invalidenversicherung. «Laisser-faire im Nationalrat – Der Nationalrat zeigt keinen Willen, die IV wirksam zu sanieren und vor erneuten Defiziten zu schützen» titelte die NZZ am 19. Juni. In der Schweiz gehörte über viele Jahrzehnte ein gepflegter Umgang mit den politischen Gegensätzen zur Kultur unseres Landes. Das Bewusstsein für den Ausgleich und den guten Kompromiss führte in der Geschichte unseres Landes meist zu breit abgestützten Lösungen. Dass nun aber verschiedenste Politikerinnen und Politiker bereit sind, für parteipolitische Profilierung jeglichen Willen zu tragfähigen Lösungen zu ignorieren, lässt mich nicht mehr «cool bleiben».

Das Erfolgsmodell Schweiz – genauso wie dasjenige von Zug – ist historisch durch die Fähigkeit zum Konsens gewachsen. Blicken wir zurück, so war dies möglich dank der konstruktiven, aber auch kreativen Politik der ausgleichenden Mitte. Blicken wir nach vorne, so sollte es vor allem uns jungen Bürgerinnen und Bürgern am Herzen liegen, unser Land und unser Gemeinwesen nicht auseinander zu dividieren und in eine Boykott- und Stillstandpolitik schlittern zu lassen. Dabei müssen wir die durchaus verständlichen Unterschiede überwinden und uns zusammen an einen Tisch setzen.

Der frühere deutsche Bundeskanzler Ludwig Erhard sagte: «Ein Kompromiss ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder meint, er habe das grösste Stück bekommen.» Das stimmt nur bedingt und ist nicht frei von einer guten Portion Ironie. Kompromissbereites und lösungsorientiertes Handeln ist die Fähigkeit, auch dem anderen ein Stück des Kuchens zuzugestehen und dabei nicht zu vergessen, dass man dabei selbst satt wird. Und überdies: Zum Schluss der Zeche leidet keiner an Fettleibigkeit!

Auch auf kantonaler Ebene bilden die beiden politischen Pole aus völlig unterschiedlichen Beweggründen immer wieder Koalitionen, welche das einzige Ziel des Verhinderns und des Stillstands verfolgen. So werden die vereinigte Linke und Rechte im Herbst gegen ein für den Kanton Zug, die Schweiz und vor allem die Sportlandschaft wichtiges Hooligankonkordat aufmarschieren; ein Konkordat, das schweizweit zu einer guten Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte gegen Hooligans und für friedliche Sportanlässe beitragen wird. Vor zwei Wochen wurde dieses von unseren Zürcher Nachbarn mit 85% der Stimmbevölkerung angenommen. Das finde ich «heiss». Ich bin überzeugt, dass wir Zugerinnen und Zuger die Wetterlage ebenfalls richtig einschätzen und es unseren Nachbarn gleich tun werden.

Politik ist eben mehr als eine Showbühne im medialen Scheinwerferlicht. Wenn die Lichter der Kameralämpchen ausgehen, braucht es kluge coole Leute, welche am runden Tisch nach breit abgestützten Lösungen suchen. Politik soll nicht zum Selbstzweck betrieben werden, sondern zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt. Dank einer starken Mitte ist dies in der Schweiz bisher gut gelungen. Einen kühlen Kopf zu bewahren, ohne das Feuer im Herzen zu verlieren, ist für mich die Definition eines guten Politikers – und dies bei jedem Wetter.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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