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Franz Grüter (SVP) über wichtigen Handelspartner

Was können wir in der Schweiz von Japan lernen?

In der Millionen-Stadt Tokyo seien ÖV und Individualverkehr perfekt organisiert, sagt Franz Grüter. (Bild: Pexels)

«Ich kenne kein anderes Land, das uns gleichzeitig so nah und so fern ist wie Japan. Auch das war ein Grund, warum ich mich als Präsident der Aussenpolitischen Kommission entschieden habe, mit einer Delegation in dieses Land zu reisen», fasst Nationalrat Franz Grüter (SVP) im Politblog zusammen.

Zwischen Japan und der Schweiz liegen 10'000 Kilometer. Trotzdem verbinden uns Eigenschaften wie Pflichtbewusstsein und Leistungswille. Beide Länder sind quirlige Exportnationen. Beide verfügen über keine nennenswerten Rohstoffe und setzen dafür auf die Innovationskraft ihrer Universitäten und Unternehmen.

Japan hat eine ganz andere Kultur als wir. Die Menschen, insbesondere auch in der Politik, schauen sehr darauf, ihr Gesicht nicht zu verlieren. Unsere Gastgeber haben uns im Vorfeld ihre Präsentationen zukommen lassen, um unsere Meinungen abzuholen. Damit sollten unvorhergesehene Situationen möglichst vermieden werden.

Tokyo und Osaka sind gigantische Millionen-Städte. Mich hat es enorm beeindruckt, wie perfekt organisiert die Menschenmassen täglich befördert werden. Die Hochgeschwindigkeitszüge fahren wirklich auf die Sekunde los. Alles spielt sich ruhig und diszipliniert ab. Die Verkehrsinfrastruktur ist imposant. Autobahnen sind oft zweistöckig gebaut, um den begrenzten Platz optimal zu nutzen. Bei uns dauert der dringend benötigte Ausbau des Gubrist-Tunnels mit seinen 350 Stautagen 20 Jahre – inklusive Einsprachen und archäologische Ausgrabungen.

Viertwichtigster Handelspartner der Schweiz

Als ich in die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats wechselte, stellte ich fest, dass nur wenige Mitglieder über einen aussenwirtschaftlichen Hintergrund verfügten. Als international tätiger Unternehmer, der auch zwei Jahre häufig in China arbeitete, ist es mir wichtig, dass sich unsere Aussenpolitik wieder mehr an den Interessen der Schweiz ausrichtet, statt besserwisserisch mit dem Zeigefinger aufzutreten. Oder anders gesagt: Wir sollten dafür sorgen, dass wir unsere Produkte und nicht unsere Moral exportieren.

Japan ist nach der EU, den USA und China der viertwichtigste Handelspartner der Schweiz. Nur ist Japan hierzulande kaum auf dem Radar, obwohl das jährliche Handelsvolumen rund 12 Milliarden Franken beträgt. Viele Schweizer Unternehmen haben Firmen in Japan. Eine unserer Stationen führte uns zur grössten japanischen Maschinenmesse. Rund 100 Schweizer Firmen waren präsent und zeigten die Bedeutung dieses Marktes.

Im Zentrum unseres Besuchs stand die Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen mit Japan. Es gibt seit 2009 ein Freihandelsabkommen, das die Schweiz schon länger erneuern möchte. In diesem Zusammenhang haben wir uns mit dem japanischen Aussen- sowie dem Wirtschaftsminister getroffen – und ich bin zuversichtlich, dass wir das Abkommen im gegenseitigen Interesse voranbringen. Das signalisierten auch unsere Gesprächspartner.

Japan ist weniger ideologisch unterwegs als die Schweiz

Obwohl sich Japan in einem ganz anderen geopolitischen Umfeld befindet, habe ich einen ähnlichen Stimmungsumschwung wie bei uns gespürt: Ich bin überzeugt, dass nach zwanzig Jahren totaler Globalisierung der Trend wieder mehr Richtung regionaler Produktion und Unabhängigkeit geht. Sei es bei der Versorgung mit Energie, Lebensmitteln oder industriellen Gütern. Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg oder die Spannungen zwischen den USA, China und Taiwan haben auch in Japan Spuren hinterlassen.

In der Energiepolitik gehen die Schweiz und Japan unterschiedliche Wege. Japan deckt seinen Energiebedarf zu 90 Prozent mit Importen von Öl, Kohle und Erdgas. Das Land treibt die Dekarbonisierung auch voran, setzt dabei aber stark auf Wasserstoff. Man hat erkannt, dass sich der Umstieg hinzieht. Daher überlegt man sich, trotz Fukushima, Kernkraftwerke der neusten Generation zu bauen. Fazit: Japan geht viel pragmatischer mit der Energieversorgung um als Bundesbern mit seiner ideologischen Energiewende.

Wir hatten diverse informelle Anlässe. Bei einem dieser Gespräche sagte mir ein japanischer Universitätsprofessor: «Eines der wenigen Länder, welches uns im Zweiten Weltkrieg – in welchem Japan ja als Aggressor aufgetreten ist – nicht verurteilte, war die Schweiz. Und bis heute seid ihr neutral geblieben. Haltet Sorge zu diesem Status.» Die Welt brauche Staaten, wo sich Streitparteien treffen könnten, um zu vermitteln. In Japan sieht man die Bedeutsamkeit unserer Neutralität einiges klarer, als dies leider in Parlament und Bundesrat der Fall ist.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Luciano Dietschi
    Luciano Dietschi, 02.12.2022, 12:05 Uhr

    Franz Güter liegt mit seiner Analyse richtig. Allerdings könnte man das ein bisschen pointierter beschreiben für diejenigen, die sich nur wenig mit Geopolitik, Ökonomie und Finanzwirtschaft beschäftigen.

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    • Profilfoto von Libero
      Libero, 05.01.2023, 16:17 Uhr

      Als grandioser Aussenpolitiker der SVP
      ist der Beitrag seines Ghostwriters etwas
      hoch gestochen geraten; kann passieren!

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