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NFA, Steuern und Solidarität

Walliser Fondue mit Zuger Kirsch

(Bild: Pixabay)

Nationale Frustrations-Agitation – so liesse sich das Kürzel NFA aufgrund des Jammers, der bei Evaluationen oder Reformversuchen des Nationalen Finanzausgleichs regelmässig ausbricht, auch ausdeutschen. Ab Herbst will das Bundesparlament über die «Optimierung» des NFA debattieren. Sie soll im Resultat dazu führen, dass Geberkantone wie Zug etwas weniger Beiträge zahlen sollen. Aber auch mit der Reform würde Zug immer noch mehr an den Ressourcenausgleich zahlen als 2008.

Kaum ist die Debatte lanciert, regt man sich hüben wie drüben auf. So ärgert sich die Zuger Finanzdirektion, dass Nationalräte aus dem Wallis und dem Jura verlangen, der Bundesrat müsse zuerst eine Gesamtsicht zu NFA und Steuervorlage 17 erstellen, bevor der NFA reformiert werde. Die Verknüpfung zwischen NFA und Unternehmenssteuerreform hatte bereits der NFA-Spezialist und alt GLP-Nationalrat Roland Fischer an einer Zuger First-Friday-Veranstaltung im April 2018 vorgenommen. Auch den Zuger Finanzdirektor habe ich damals im Publikum getroffen. Die Verbindung zwischen NFA und kantonaler Steuerpolitik ist ihm natürlich klar.

… der Preis für den Steuerwettbewerb

Der neue Nationale Finanzausgleich ist seit zehn Jahren in Kraft. Seither sind die Ausgleichszahlungen kontinuierlich gewachsen. Der Kanton Zug steht bei den Geberkantonen mit den Pro-Kopf-Zahlungen an der Spitze. Heute fliesst beinahe jeder 5. Franken aus dem Zuger Kantonsbudget in den NFA-Topf. Seit Jahren sorgt das für hitzige Diskussionen rund um Solidarität und Steuerpolitik.

Denn es ist das steuerliche Ressourcenpotenzial eines Kantons, das darüber entscheidet, wie viel dieser Kanton in den Ressourcenausgleich einzahlt oder daraus erhält. Darüber, dass Zug sein Ressourcenpotenzial infolge Steuerwettbewerb bei weitem nicht ausschöpft, hatte ich hier bei Zentralplus bereits im Mai 2015 gebloggt. Der Obwaldner CVP-Ständerat Erich Ettlin hat es kürzlich wieder einmal auf den Punkt gebracht: Der NFA ist der Preis für den Verzicht auf eine effektive Steuerharmonisierung und damit für den Steuerwettbewerb.

Dass der Steuerwettbewerb die Grundlage für den Aufstieg des Zuger «Armenhauses» zum reichsten Kanton sei, wird gern kolportiert – von der bürgerlichen Seite im zustimmenden Sinn, von der linken als Kritik. Dass die Geschichte etwas komplexer ist, lässt sich in meinem Polit-Blog vom September 2015 nachlesen.

Und so stimmt auch die Analogie tiefe Steuern – hohe Steuereinnahmen nicht (mehr). Die mangelnde Ausschöpfung von Steuerindex und Ressourcenpotenzial spiegelt sich seit 2013 in den Defiziten, welche die Zuger Staatsrechnung schreibt. Verschiedene Sparpakete waren und sind die Folge. So kriechen der öffentliche Verkehr und die ZVB seit dem letzten Dezember auf der Sparspur.

Aber die Zuger Bevölkerung will nicht bei allen Sparübungen mitmachen und hat in einer Referendumsabstimmung klare Signale an Parlament und Regierung geschickt. Die Zuger Regierung ist im Zugzwang. Wenn der Kanton seine öffentliche Grundversorgung mit Bildung, Gesundheit, Sozialem, öffentlichem Verkehr und Kultur einer guten Qualität aufrechterhalten will, braucht er mehr Einnahmen anstatt Leistungsabbau und -verschiebungen.

Auch eine leistungsfähige und innovative Wirtschaft ist auf eine gute staatliche Verwaltung – auf reichliche staatliche Allokations- und Dienstleistungen – angewiesen. Dieser «Service économique» kostet. Eine Auswertung kam 2013 zum Schluss, dass die Zuger Verwaltungsausgaben pro Kopf am zweithöchsten sind in der Schweiz. Der Ökonom Gebhard Kirchgässner war schon früher zu ähnlichen Resultaten gekommen.

Vernünftige Steuerpolitik sichert den Zusammenhalt

Die Zuger Regierung hat das brachliegende Potenzial des steuerlichen Ressourcenpotenzials inzwischen erkannt und schlägt eine Steuererhöhung vor. Das ist ein wichtiger Schritt, um das Übel an der Wurzel zu packen, wie ich bereits vor drei Jahren vorgeschlagen hatte. Bis heute halten die elf Zuger Gemeinden trotz ihrer Unterschiede zusammen. Berg und Tal, die Stadt Zug und alt fry Baar– das sind Gegensätze und Rivalitäten von früher, die heute noch an der Fasnacht und in der Witzkultur fortleben, sich aber sonst eingemittet haben.

Aber das könnte sich wieder ändern. Wenn etwa der Vorschlag durchkäme, einzelne Gemeinden sollten mehr NFA-Beiträge übernehmen, damit der Kanton entlastet würde. Der Vorschlag der Zuger CVP, die interkantonale Solidarität interkantonal stärker abzustützen, ist an sich lobenswert. Er kann aber nicht intendierte Wirkungen entfalten und zu innerkantonalen Spaltungen führen.

Da lohnt ein Blick auf unseren Nachbarn Schwyz

Wie Zug schöpfte Schwyz sein steuerliches Ressourcenpotenzial nicht aus und setzte auf klaren Steuerwettbewerb. Das verschärfte jedoch die Disparitäten zwischen Inner- und Ausserschwyz. Und es hat dazu geführt, dass die Schwyzer Bevölkerung quasi gegen den Bezirk Höfe eine Steuererhöhung beschlossen hat. Das, eine Steueranpassung nach oben, können wir in Zug auch ohne internen Krach haben.

Nützen wir als ZugerInnen doch unser Steuerpotenzial besser aus. Dann braucht es keine Sparprogramme mehr, die wehtun. Wir vermeiden Spannungen zwischen unseren Gemeinden und verstärken die interkantonale Solidarität. Nicht zuletzt sinkt das Reputationsrisiko – und Zug Tourismus wird vielleicht eingeladen, auch in der Walliser Raclette- und Fonduestube Werbung fürs den hiesigen Chriesisturm zu machen.

Barbara Gysel, Kantonsrätin, Präsidentin SP Kanton Zug

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