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Noch nicht viel passiert seit Volksabstimmung

Umsetzung der Pflegeinitiative im Schlafwagen

Die Zuger ALG-Nationalrätin Manuela Weichelt. (Bild: zvg)

Das Volk hat die Pflegeinitiative mit grossem Mehr angenommen und das Parlament das erste Paket verabschiedet. Die Kantone sind jedoch nicht bereit für die Umsetzung. Das zweite Paket bummelt im Schlafwagen vor sich hin.

Knapp die Hälfte der Pflegefachkräfte verlassen ihren Beruf frühzeitig, mehr als 300 Pflegende pro Monat. Die Schweiz bildet nicht einmal die Hälfte des Bedarfs aus. Bis 2030 werden wir einen Pflegenotstand haben. Bereits heute sind knapp 10'000 Stellen nicht besetzt. Wer wird unsere demente Mutter oder unser krebskrankes Kind pflegen? Die Antwort ist: Wir wissen es nicht.

Pflegeinitiative – erstes Paket

Vor rund einem Jahr hat das Volk die Initiative deutlich angenommen. Was ist seither passiert? Der Bundesrat hat den Auftrag des Volkes in zwei Pakete geteilt. Das erste Paket entspricht dem damaligen Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative mit einer Ausbildungsoffensive sowie der Möglichkeit, dass das Pflegepersonal gewisse Leistungen direkt zulasten der Krankenversicherung abrechnen kann. Der Ständerat hat am 16. Dezember dem Paket mit 44:0 und der Nationalrat mit 144:40 Stimmen bei 12 Enthaltungen zugestimmt.

Die Kantone sind angehalten, die Umsetzung subito an die Hand zu nehmen, denn die rund eine Milliarde Franken für Aus- und Weiterbildung können nur während acht Jahren bezogen werden. Personen, die an einer Fachhochschule oder höheren Fachschule eine Pflegeausbildung absolvieren, erhalten in Zukunft finanzielle Unterstützung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts.

Aber die meisten Kantone haben die Erarbeitung der Anschlussgesetzgebung verschlafen. Die zuständige Kommission des Nationalrates nahm dies erschrocken zur Kenntnis und forderte die GDK zum Handeln auf. Gemäss einem vom BAG in Auftrag gegebenen Bericht vom Oktober 2022 haben lediglich Bern, Tessin und Wallis ihre Hausaufgaben gemacht.

Noch viel Klärungsbedarf im Kanton Zug

Der Kanton Zug hat gemäss Bericht noch viel Klärungsbedarf, sodass wir voraussichtlich erst in einigen Jahren Bundesbeiträge beanspruchen können. Die Gründe, warum der Kanton Zug im tiefroten Bereich ist, benennt der Bericht wie folgt:

«Der Kanton Zug kennt im Bereich Pflege weder in Spitälern noch in Pflegeheimen oder bei der Spitex eine Ausbildungspflicht. Eine Ausbildungsverpflichtung wurde im Jahr 2014 intensiv geprüft und als nicht sinnvoll erachtet. (…) Der Kanton verlangt von den Betrieben auch kein Ausbildungskonzept.

Es gibt im Kanton Zug neben dem bestehenden Stipendiengesetz keine gesetzlichen Bestimmungen, um die Ausrichtung von Beihilfen an künftige Pflegefachpersonen in Bildungsgängen der Höheren Fachschulen oder Fachhochschulen zu gewährleisten.

Der Kanton hat keine Zielgrössen für die Anzahl Auszubildender in der Pflege an Höheren Fachschulen definiert. (…) Der Kanton Zug zahlt nur die Studierendenbeiträge gemäss Höherer Fachschulvereinbarung (HFSV). Darüber hinaus werden keine Beiträge an die Höheren Fachschulen ausgerichtet.»

Zusammenfassung Rechtsetzung Kanton Zug.
Zusammenfassung Rechtsetzung Kanton Zug. (Bild: Aus: Umsetzung Pflegeinitiative: Bestandesaufnahme Rechtsetzung Kantone, S. 41)

Das Postulat der Alternative – die Grünen Kanton Zug bezüglich Umsetzung der Pflegeinitiative wurde Ende November im Kantonsrat behandelt. Eine FaGe Klasse des GIBZ hörte sich die Debatte an und schrieb danach enttäuscht an den Kantonsrat und wies darauf hin, dass sich die aktuelle Situation täglich verschärfe und die Patientensicherheit nicht mehr immer gewährleistet sei. Die Qualität der Pflege nehme stets ab. Sie baten die Kantonsrätinnen als ihre Volksvertreter, den Ernst der Lage wahrzunehmen.

Pflegeinitiative – zweites Paket

Der Bundesrat hat ein Jahr nach der Volksabstimmung noch nicht einmal die Eckwerte für das zweite Paket bestimmt. Dabei geht es vor allem um die Personaldotation und um Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Vereinbarkeit Beruf und Familie, Löhne, GAV).

Bereits mit der heutigen Gesetzgebung könnten die Kantone und der Bund die Arbeitszeit des Pflegepersonals bei gleichbleibendem Lohn reduzieren, Zeitgutschriften und Zulagen auszahlen sowie die Einhaltung der Ruhezeiten und Pausen kontrollieren, wie dies ein juristisches Gutachten zur arbeitsrechtlichen Situation des Pflegepersonals belegt. Wie oft haben die kantonalen Arbeitsinspektoren die Gesundheitseinrichtungen kontrolliert? Was hat das Seco als Aufsicht bis heute gemacht? Die Antwort ist: Schweigen.

Fazit: Die Umsetzung der Pflegeinitiative schläft im Bummelzug des Bundesrates und unter anderem des Kantons Zug. Dem Willen des Volkes wird nicht nachgekommen.

Verwendete Quellen
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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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