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Bypass Luzern nimmt nächste politische Hürde

Trotz Hitzesommer: Autobahnausbau in Luzern wird nicht hinterfragt

In Luzern sind mit dem Bypass und der Spange Nord zwei grosse Verkehrsprojekte in Planung. Polit-Bloggerin Monique Frey (Grüne) stört sich daran. Denn der Strassenverkehr sei einer der Haupttreiber hinter dem Klimawandel. Sie fordert künftig Steuerentlastungen für Menschen, welche dem Klima Sorge tragen.

Der Sommer 2018 geht als einer der heissesten und trockensten Sommer in die Messgeschichte ein. Dem Sommer folgten ein zu heisser und trockener September und Oktober. Wir erinnern uns an verdorrte Maisfelder und Alpweiden. Dazu Helikopterflüge, um Wasser auf die Alpen zu fliegen, oder ausgetrocknete Bäche, die leergefischt werden mussten. Hinzu kommen mehr Todesfälle von älteren und kranken Menschen aufgrund der Hitze. 

Und nach ein paar Regentropfen Ende Oktober ist die Dürre immer noch nicht zu Ende. Die Experten sind sich einig: Die Klimaerwärmung wird durch vom Menschen verursachten Ausstoss von Klimagasen, allen voran CO2, verursacht. Und für diesen CO2-Ausstoss ist auch in Luzern zu gut 30 Prozent der Verkehr als grösster Verursacher verantwortlich. Trotzdem hat die Verkehrskommission des Nationalrates am Dienstag für einen massiven Ausbau des Autobahnnetzes votiert, inklusive Bypass Luzern.

Die Reaktion im Kantonsrat: Die Grünen fordern, dass Besitzerinnen und Besitzer von Personenwagen mit Verbrennungsmotoren von einem Teil der Verkehrssteuer entlastet werden, wenn sie nachweisen, dass sie ihre Fahrzeuge wenig fahren. Der Steuerrabatt soll einen Anreiz schaffen, damit die Strassen entlastet und die CO2-Emissionen durch den motorisierten Individualverkehr gesenkt werden.

Seit bald 30 Jahren bewegt sich die Temperatur des Sommerhalbjahrs in der Schweiz auf sehr hohem Niveau. Was früher als extrem galt, ist heute zur Normalität geworden. Wirklich kühle Sommerhalbjahre sind aus dem Schweizer Klima längst verschwunden. Seit der vorindustriellen Periode Ende des 19. Jahrhunderts hat sich das Schweizer Sommerhalbjahr um zwei Grad erwärmt.

Sonderbericht erregt Besorgnis

Anfang Oktober 2018 hat auch der Weltklimarat IPCC seinen Sonderbericht veröffentlicht. Dieser stellt klar fest: Die Erde erwärmt sich schneller und mit ernsteren Folgen als bisher angenommen. Als konkrete Massnahmen mahnen die IPCC-Expertinnen an, den Ausstoss des klimaschädlichen Kohlendioxids bis 2030 um 45 Prozent gegenüber dem Wert von 2010 zu reduzieren. Zur Jahrhundertmitte müsse der Ausstoss dann bei null liegen.

Das heisst zum Beispiel für den Verkehr auch in Luzern, dass bis in 12 Jahren die Hälfte der Autos, Lastwagen, Busse mit alternativen Treibstoffsystemen fahren müssen. Aber wo investieren unsere Nationalräte? Sie haben am Dienstag in der nationalrätlichen Verkehrskommission für einen massiven Ausbau der Autobahnen votiert. Dazu gehört auch das Zwei-Milliarden-Projekt Bypass, der Autobahngürtel um Luzern.

Mit diesem Beschluss negieren sie einerseits den massiven Widerstand der Luzerner Bevölkerung gegen die Spange Nord und zweitens foutieren sie sich darum, den Verkehr in Luzern zu lenken, statt ihm ungehinderten Raum zum Ausbau zu geben. Jede zusätzliche Strasse generiert mehr Verkehr und dies überproportional zum Bevölkerungswachstum. Mit diesem Entscheid signalisieren die Nationalräte auch, dass, wenn sie keine Verantwortung gegen eine Klimaveränderung übernehmen wollen, auch die Autokäufer das nicht tun müssen. Der kleine Anteil von Elektroautos ist eine Folge davon.

Eine Wende ist nötig

Nun versuchen wir Grünen es mit einem anderen Ansatz, um die längst nötige Wende im Bereich Verkehr zu erreichen. Wir wollen für Wenigfahrende einen steuerlichen Anreiz schaffen.

Die jährliche Fahrleistung eines in der Schweiz immatrikulierten Personenwagens liegt seit 1994 bis heute bei rund 11’000 Kilometern. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Personenwagen im Kanton Luzern um 60 Prozent (von 182’900 auf 295’900) gestiegen. Die Folgen sind bekannt: Die stärkere Beanspruchung der Strassen verursacht regelmässig an vielen Orten Stau und der Gesamtausstoss an klimaschädlichem CO2 nimmt im Bereich Verkehr trotz neuer Motorentechnik jedes Jahr weiter zu.

Die steuerliche Entlastung von Autobesitzern, die ihr Fahrzeug wenig fahren, ist eine wirksame Massnahme zur Reduktion von Stau und des Gesamtausstosses von CO2. Wer in seinem Fahrzeug jährlich schon nur 3’000 Kilometer weniger als der Durchschnitt zurücklegt, belastet das Strassennetz zu 28 Prozent weniger und produziert entsprechend weniger Treibhausgase. Die steuerliche Entlastung von Wenigfahrenden entspricht dem Verursacherprinzip und schafft einen Anreiz, um freiwillig einen umsichtigen und moderaten Gebrauch des eigenen Fahrzeugs zu machen.

Auf nationaler Ebene ist das Bewusstsein für eine Änderung nicht da. Der Widerstand gegen diese unsinnigen Strassenausbauten, Bypass und Spange Nord, muss von den Betroffenen weitergehen. Und diese Betroffenen sind wir alle und nicht nur die Anstösser entlang von Spange Nord und Bypass. An den Klimaveränderungen, für welche der Verkehr eine hohe Mitverantwortung trägt, leiden wir alle.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Heinz Gadient
    Heinz Gadient, 10.11.2018, 14:06 Uhr

    Sehr geehrte Frau Frey – heute gabs die Volle Ladung zum Klimawandel, wobei Wandel noch gelinde ausgedrückt ist, Katastrophe wäre wohl angebrachter. Neben ihrem sehr guten Artikel habe ich heute auch noch einen Beitrag aus der ZEIT vom 4. November gelesen mit dem Titel «Die Sintflut kommt.» Mir ist aber längst klar, dass ich nur noch etwas gegen die Katastrophe tun kann für mein Gewissen und um noch in den Spiegel schauen zu können. Eigentlich können wir auch weiterfuhrwerken wie bisher, denn es ist längst zu spät – leider. Ich zitiere hier gerne noch einmal Georg Schramm: «Nach uns kommt keine Sintflut – wir SIND die Sintflut.

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