Soll Luzern der Bevölkerung Gutscheine verteilen?
Das Corona-Virus hat massive Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, die heute noch nicht abgeschätzt werden können. In seinem Politblog zeigt FDP-Grossstadtrat Marco Baumann auf, welche Massnahmen nun in der Stadt Luzern diskutiert werden müssen.
Die Stadt Luzern hat im vergangenen Jahr wiederum einen Überschuss von knapp 27 Millionen Franken erwirtschaftet. Damit erhöht sich die Summe der Gewinne der letzten sechs Jahre auf 116 Millionen Franken.
Während andere grössere Schweizer Städte eine Nettoschuld pro Einwohner ausweisen, präsentiert die Stadt Luzern ein Nettovermögen von 2731 Franken pro Einwohner.
Dieses finanzielle Polster hilft uns jetzt dabei, die zukünftigen Verluste abzufedern, die uns aufgrund des Corona-Virus drohen. Jedoch nur, wenn das Geld vernünftig eingesetzt wird.
Krise belastet Finanzen schwer
Die aktuelle Krise belastet die Gesellschaft und vor allem die Wirtschaft schwer. Mehr als jede dritte arbeitende Person im Kanton Luzern ist von Kurzarbeit betroffen, die Gastro- und die Tourismusbranche leiden unter dem Lockdown enorm und sehr viele Kleinstunternehmen stehen vor dem Konkurs.
Diese Situation wird massive Auswirkungen auf den Finanzhaushalt der Stadt Luzern haben. Die Steuererträge wie auch die Gebühreneinnahmen werden einbrechen, Sozialhilfeausgaben werden steigen. Luzern als Tourismus- und Festivalstadt wird wohl überdurchschnittlich stark davon betroffen sein.
Investitionen und Ausgaben anpassen
Die gute finanzielle Ausgangslage ermöglicht es der Stadt nun, die Wirtschaftskrise mit Massnahmen abzufedern. Die Ausgaben und Einnahmen müssen angepasst werden, um die eingebrochene Wirtschaftsnachfrage zu kompensieren und sie mittelfristig wieder zu erhöhen.
Das erfolgt entweder durch höhere Investitionen, höhere Konsumausgaben oder durch den Verzicht auf Erträge, etwa mittels Steuer- und Gebührensenkungen oder den Verzicht auf Mietzinseinnahmen. Die Stadt Luzern muss nun also mittels Investitionen und Konsumausgaben versuchen, die durch die Krise reduzierte Kaufkraft zu kompensieren.
Der Investitionsstau muss aufgehoben und Projekte müssen möglichst rasch umgesetzt werden. Hier kommt aber der städtische Investitionsplafond in die Quere, der die Investitionen so weit einschränkt, dass die gesetzlichen und finanzpolitischen Vorgaben eingehalten werden.
Haben wir trotzdem genügend Handlungsspielraum, um die Wirtschaft in der Krise stützen zu können? Die aktuelle Situation zeigt, dass wir uns zu starre Regelungen gegeben haben und dass Anpassungen notwendig werden.
Gutscheine als Lösung zur Stärkung der Kaufkraft?
In der Schweiz werden verschiedene Möglichkeiten geprüft, wie die Kaufkraft wieder gestärkt werden kann. Einige Gemeinden wie Hergiswil NW, die Stadt Zug und auch die Stadt Luzern wollen Einkaufsgutscheine an die Bevölkerung abgeben. In dieser Form soll ein Teil des Überschusses an die Bevölkerung zurückgegeben und gleichzeitig die lokale Wirtschaft angekurbelt werden.
Sind solche Gutscheine wirklich effektiv oder reine Effekthascherei? In Taiwan konnte 2009 dank der Verteilung von Gutscheinen ein Wachstum des BIP von 0,6 bis 1 Prozent beobachtet werden. In St. Gallen wurde 2009 die zusätzliche Konsumnachfrage aufgrund von 50-Franken-Gutscheinen anhand einer Modellrechnung auf über 2 Millionen geschätzt, jedoch bei einem Gutschein-Gesamtwert von 3,5 Millionen.
Gutschein muss richtig eingesetzt werden
Die Idee ist also sicherlich prüfenswert. Für den Erfolg spielen aber auch die Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Christoph Hauser, Leiter Kompetenzzentrum Management & Law an der Hochschule Luzern – Wirtschaft, hat in einem Interview die richtigen Fragen gestellt:
«Wo soll der Gutschein eingelöst werden können? Wie hoch ist der administrative Aufwand, um diese Gutscheine an die Bevölkerung auszustellen? Bis wann müssen die Gutscheine eingelöst werden?» Die Stadtregierung steht hier in der Verantwortung, die konkrete Ausgestaltung zu definieren und die Effizienz dieser Massnahme mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse aufzuzeigen. Als Parlament werden wir hier dem Stadtrat genau über die Schultern schauen müssen.
Weitere Massnahmen notwendig
Der Stadtrat muss nun alle seine Möglichkeiten ausschöpfen, um eine möglichst rasche Erholung der Wirtschaft zu erreichen. Es braucht schnellere, flexiblere Bewilligungen und Investitionen in die Infrastruktur.
Gleichzeitig müssen wir uns aber auch für die düstere Finanzprognose rüsten. In den nächsten vier Jahren sind die Prioritäten zu prüfen. Die Zeit der «nice to have»-Ausgaben ist definitiv vorbei. Alles, was nicht wirklich nötig und dringend ist, muss zurückgestellt werden.
Es sind nun wirtschaftsverträgliche Lösungen gefragt. Die Stadt Luzern muss sich ganz dem Aufbau der Wirtschaft und Gesellschaft verschreiben. Wir als Parlament sind hier gefordert, die richtigen Weichen zu stellen, um die Zukunft der Stadt Luzern nachhaltig zu sichern.