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Hertensteinstrasse soll Flaniermeile bleiben

Müssen sich Fussgänger in der Luzerner Altstadt dem Velo anpassen?

Ob der Ausbau des Fahrradverkehrs auf Kosten der Fussgänger gehen soll, wird derzeit diskutiert. (Bild: bic)

Velos sind als alltagstaugliche Verkehrsmittel längst selbstverständlich. Allerdings ist der begrenzte Platz für alle Verkehrsteilnehmer auch in Luzern kostbar. Der Plan, die Flanier- und Shoppingzone der Stadt Luzern für Velofahrerinnen ganz freizugeben, irritiert Polit-Bloggerin Karin Stadelmann.

Ja, bei diesem herrlichen und warmen Sommerwetter geniesst man den kühlen Fahrtwind auf dem Fahrrad, nicht wahr? Und nach diesen schwierigen Wochen mit Corona schätzt man so kleine Dinge doch noch etwas mehr.

Auch ich fahre gerne Velo, nehme aber auch mal das Auto, den ÖV oder bin zu Fuss in der Stadt unterwegs. Das darf in einer so schönen Stadt doch auch möglich sein und rücksichtsvolles Verhalten gehört für mich dazu.

Gesunder Mix ist Trumpf

Themen rund ums Velofahren und -parkieren dominieren schon länger die politische Agenda der Stadt Luzern. Allein 2019 sind zwei Projekte, die Velostation und der Velotunnel, vom Volk gutgeheissen worden, wenn auch letzteres vorderhand nur bezogen auf den Projektierungskredit.

Seit letzter Woche ist zudem auch ein Teil der Bahnhofstrasse autofrei und was schaffte man als Allererstes? – logisch – mehr Platz für Velos.

Man erkennt, die Stadt Luzern ist bestrebt, als velofreundlich wahrgenommen zu werden und investiert dafür viel Geld. Für mich ist das soweit in Ordnung, solange man bestrebt ist, auch die Ansprüche der anderen Verkehrsteilnehmer und des Gewerbes gleichermassen zu erfüllen.

Und solange man auch anerkennt, dass es gerade in unserer schönen Altstadt auch Zonen für die Fussgängerinnen gibt und weiterhin braucht. Leider zeigt sich die Realität diesbezüglich gerade etwas anders.

Hertensteinsstrasse bald für Velos geöffnet?

In einem anfangs Juni eingereichten Postulat bitten Vertreter der SP/JUSO zusammen mit den Grünen den Stadtrat, das tagsüber in der Hertensteinstrasse geltende Einbahnregime für Velofahrerinnen aufzuheben. Im Klartext heisst das: Man will die Hertensteinstrasse tagsüber für Velos beidseitig öffnen.

Zur Autorin

Karin Stadelmann ist Präsidentin der CVP Stadt Luzern und Vizepräsidentin der CVP Kanton Luzern. Sie arbeitet als Dozentin und Projektleiterin an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Stadelmann kandidierte 2016 für den Luzerner Stadtrat und 2019 für den Kantons- und den Nationalrat.

Es wird argumentiert, dass eine rücksichtsvolle Koexistenz von Fuss- und Veloverkehr doch möglich sei und die Aufhebung auch zu mehr Klarheit führe. Denn Fussgänger wüssten so besser, dass auch Velofahrer das Recht haben, die Hertensteinstrasse zu passieren. Aktuell sei die Einbahnregelung sowieso unklar.

Gut, das mag vielleicht sein, aber diese Haltung, dass nun die Fussgängerinnen sich in der seit Jahren bekannten Flanierzone anpassen müssten, gefällt mir gar nicht. Sicher, auch ich bin für ein Miteinander, doch wenn wir ehrlich sind, ist doch beispielsweise der Veloverkehr an der Bahnhofstrasse vor dem Regierungsgebäude heute schon kritisch.

Wie würde das denn an der Hertensteinstrasse aussehen?

Kollisionsgefahr auf der Flaniermeile

Stellen Sie sich nun einmal vor, Sie wollen gemütlich an einem Samstag durch die Altstadt und somit durch die Hertensteinstrasse schlendern; ein Besuch im Laden dort, ein Blick in das Schaufenster da und plötzlich: Vorsicht – Fahrrad!

Etwas irritiert schauen Sie um sich und dann sagt jemand: «Wissen Sie, das ist eben in der Flanier- und Shoppingzone der Stadt Luzern jetzt auch erlaubt, freie Bahn für Velofahrer ganztags und beidseitig.»

Genau diesen Satz will ich weder hören noch selbst einer Luzernerin oder einem Touristen von nah oder fern sagen müssen. Die Hertensteinstrasse ist und soll auch zukünftig eine beliebte Einkaufs- und Fussgängerzone bleiben, denn irgendwo haben doch die Fussgänger, die Familien mit Kinderwagen, die älteren Menschen und unsere Gäste von nah und fern die Berechtigung, in Ruhe durch die Innenstadt zu gehen und einzukaufen.

Friedliche Koexistenz könnte illusorisch sein

Ich sehe das Argument der Velofahrer, dass die Alpenstrasse und der Schweizerhofquai gefährlich sind. Ich fahre da selbst mit dem Velo gar nicht gerne durch. Somit ja, wir müssen uns für diese Strecke – eigentlich auch für weitere Strecken in der Stadt – sicherere Lösungen überlegen, doch das darf jetzt nicht auf Kosten der Fussgängerinnen gehen.

Wenn ich mir die Reaktionen in diversen Leserbriefen in den Lokalzeitungen und in den Sozialen Medien anschaue, dann bin ich mit meiner Meinung wohl gar nicht so allein. Rücksichtsvolle Koexistenz? Ob wir die immer so haben, da bin ich mir unsicher.

Wer weiss …  vielleicht müssten wir doch – zum Wohle aller – über ein generelles Fahrverbot nachdenken? Denn, wenn sie mich fragen, der Fahrtwind auf dem Velo kann doch auf anderen Strassen in unserer schönen Stadt besser und gemütlicher genossen werden!

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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