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Noch viel Arbeit in Luzern

Liebe ist liberal — behandeln wir sie endlich auch so!

Ein wichtiger Schritt zur gesetzlichen Gleichstellung von homo- und bisexuellen Menschen. (Bild: Symbolbild: pexels)

Damit wir in Luzern und der ganzen Schweiz endlich Gleichstellung erreichen, braucht es unbedingt ein Ja zur Ehe für alle. Jedoch gibt es auch nach der Abstimmung noch Handlungsbedarf. Wo genau er diesen sieht, zeigt FDP-Fraktionschef Marco Baumann in seinem Politblog auf.

Am 26. September stimmen wir über die «Ehe für alle» ab. Mit der Öffnung der zivilrechtlichen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare kann endlich jeder den Menschen heiraten, den er liebt. Damit stellt die Vorlage einen wichtigen weiteren Schritt zur gesetzlichen Gleichstellung von homo- und bisexuellen Menschen in der Schweiz dar.

Wenn das Abstimmungscouvert dann so vor einem liegt, stellt man sich als Heterosexueller vielleicht die Frage: Inwiefern betrifft das mich? Und die Antwort ist ganz einfach: Es betrifft dich gar nicht! Für heterosexuelle Menschen ändert sich mit dieser Vorlage nämlich nichts. Weder wird damit jemandem etwas weggenommen, noch verliert die eigene Ehe an Wert. Sie bietet aber vor allem gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kindern die rechtliche Absicherung, die ihnen heute verwehrt bleibt. Und solche vielfältigen Familienmodelle sind in unserer Gesellschaft schon lange Realität.

Kindeswohl stärken

Mit dem Zugang zum strengen Adoptionsverfahren und zur kontrollierten Samenspende werden mit der Ehe für alle weitere Diskriminierungen abgebaut, die heute bestehen. Denn wissenschaftliche Langzeitstudien zeigen klar, dass gleichgeschlechtliche Paare genauso gute Eltern wie heterosexuelle Paare sein können. Kinder brauchen vor allem stabile und liebevolle Bezugspersonen, unabhängig von deren Geschlecht oder sexueller Orientierung, weshalb sie auch bei zwei Frauen oder zwei Männern glücklich aufwachsen können.

Das sehen Vertreter aus konservativen Kreisen leider anders. Sie gehen in ihrer Argumentation sogar so weit, dass ein Kind besser nicht gezeugt werden soll, als dass es bei zwei Müttern aufwächst. Hier wird der Begriff vom Kindeswohl klar missbraucht. Denn für das Wohl des Kindes ist es wichtig, dass es in einem stabilen Umfeld aufwachsen kann. Das wird mit der Ehe für alle gefördert, da die Kinder aus Regenbogenfamilien mit ihr rechtlich besser abgesichert werden können.

Weitere Ungleichbehandlungen beseitigen

Die Ehe für alle schafft zwar grössere Ungleichbehandlungen ab, jedoch werden homo- und bisexuelle Menschen auch nach der Abstimmung in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich behandelt. So gibt es aktuell ein Blutspendeverbot für Männer, die sexuellen Kontakt mit Männern haben. Wobei dieses insofern gelockert wurde, als solche Männer nun zum Blutspenden zugelassen sind, wenn sie 12 Monate keinen Sex hatten. Ob sich dadurch mehr Blutspender finden, darf sicher bezweifelt werden. Dieses Quasi-Verbot ist nicht zu rechtfertigen und muss dringend abgeschafft werden.

Dagegen sind in der Schweiz nach wie vor Konversionstherapien erlaubt, obwohl sie nachweislich grossen Schaden anrichten. Mit solchen «Umpolungstherapien» versuchen vor allem Freikirchen, homo- und bisexuelle Menschen «von ihrer Homosexualität zu heilen». Und das, obwohl die eigene sexuelle Orientierung keine Entscheidung ist. Betroffene leiden massiv unter diesen Therapien, was häufig zu tiefen Krisen oder sogar zum Suizid führt. Hierauf muss der Bundesrat und das Parlament endlich reagieren und diese verbieten.

LGBTIQ-Menschen im Kanton Luzern gleichstellen

Im Kanton Luzern hat der Regierungsrat die Hochschule Luzern damit beauftragt, einen Grundlagenbericht über die Gleichstellung zu erarbeiten. Dieser widmet sich auch der Gleichstellung von LGBTIQ-Menschen. Im Planungsbericht der Regierung werden Massnahmen vorgeschlagen, welche die Gleichstellung fördern sollen. So soll vor allem bei der Information und Sensibilisierung von Fachpersonen angesetzt werden. Eine Motion, welche diese Sensibilisierung von Polizistinnen und Polizisten forderte, wurde jedoch vom Kantonsrat abgelehnt.

Zum Autor
Marco Baumann ist Fraktionschef der FDP und sitzt im Grossstadtrat der Stadt Luzern. Er ist Vizepräsident der Geschäftsprüfungskommission und Mitglied der Verkehrskommission. Der Betriebsökonom arbeitet als Berater öffentlicher Verwaltungen und NPO. Baumann ist Präsident der FDP Radigal sowie Vorstandsmitglied von Pink Cross Schweiz.

Eine wichtige weitere Erkenntnis aus dem Bericht ist, dass der Gewalt, sogenanntem «hate crime», mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Heute werden solche Gewalttaten nicht als Gewalt gegenüber LGBTIQ-Menschen erfasst. Deshalb fehlen wertvolle Daten, um den Handlungsbedarf einschätzen zu können. Mit der Begründung, dass die Polizei dann möglicherweise die Intimsphäre des Opfers betreffende Fragen stellen müsste, wurde auch dieses wichtige Anliegen bisher von der Regierung und dem Kantonsrat abgelehnt. Im Planungsbericht sind sie nun enthalten. Hoffentlich erkennt nun auch der Kantonsrat diesen Handlungsbedarf.

Stadt Luzern in Regenbogenfarben hüllen?

Auch in der Stadt Luzern haben wir noch Arbeit vor uns, obwohl wir erste wichtige Schritte aufgleisen konnten. So strebt die Stadtverwaltung nun das LGBTIQ-Label an, welches Diskriminierung am Arbeitsplatz verhindern soll und Inklusion schafft. Zudem wird mit der Schule der Vielfalt gefordert, dass an der Volksschule Akzeptanz und Toleranz für LGBTIQ-Menschen gefördert werden. Denn mit Aufklärung und Prävention erreichen wir in meinen Augen mehr als mit Symbolpolitik.

So nützen eine Beflaggung mit Regenbogenfahnen oder ein «Rainbow-Veloweg» herzlich wenig, wenn die Gesellschaft nicht hinter dieser Politik steht. Es gibt also noch genug Arbeit, um in Luzern wahre Gleichstellung von homo- und bisexuellen Menschen zu erreichen. Am 26. September können wir einen grossen Schritt in die richtige Richtung machen. Nutzen wir diese!

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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8 Kommentare
  • Profilfoto von Hans Hafen
    Hans Hafen, 09.09.2021, 16:12 Uhr

    «Zum Autor» sollte es Gründen der Transparenz heissen: Herr Baumann ist Senior Berater bei der BDO Visura mit Schwerpunkt «Beratung» öffentlicher Verwaltungen. Sprich: hier berät die Privatwirtschaft mit sehr konkreten Interessen die öffentliche Verwaltung (dort wo die grossen Töpfe stets und ohne Unterbruch bestens und unablässig mit Steuergeld gefüllt sind). Diese Information kann man übrigens der offiziellen Seite der Stadt Luzern Sparte Grossstadtrat entnehmen.

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    • Profilfoto von Marc Wieser
      Marc Wieser, 09.09.2021, 21:40 Uhr

      Könnten Sie dem geneigten Leser bitte erklären, warum Sie den Berater-Status von Herrn Baumann hier hervorheben? Darf ein Berater keine Meinung zur Initiative „Ehe für alle haben“? Was für einen Beruf müsste ein Befürworter der Initiative haben? Oder ist einem Angestellten der BDO eine eigene Meinung nicht erlaubt? Was hat ein Berater der Stadt Luzern für „versteckte“ Interessen, wenn er für die „Ehe für alle“ ist? Ich bin gespannt.

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  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 09.09.2021, 15:20 Uhr

    Ich habe schon sehr viele sehr sehr dumme Sätze gehört in meinem Leben. Noch nie gehört habe ich „Liebe ist liberal.“

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    • Profilfoto von Marc Wieser
      Marc Wieser, 09.09.2021, 21:47 Uhr

      Verzeihen Sie meinen Einwand Herr Bitterli, aber ich habe von Ihnen schon viel Dümmeres als das Statement „Liebe ist liberal gelesen“. Praktisch in jedem Ihrer Posts. Und das ist nicht übertrieben.

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  • Profilfoto von Sandra Müller
    Sandra Müller, 09.09.2021, 13:59 Uhr

    Ich denke ein JA betrifft sehr wohl alle Bürger der Schweiz.
    Schliesslich werden wir alle die von der Natur nicht gewollten Kinderwünsche von Erwachsenen mitfinanzieren. Dafür sind die Krankenkassengelder ganz sich nicht gedacht.
    Auch mit unserem Gewissen werden wir Alle mitverantworten müssen, dass wir Mensch dachten Kinder wären einfach eine Ware, die wir nach eigenem Gutdünken «produzieren» dürfen. Ist es nicht gerade an uns Erwachsenen, diese kleinsten zu Schützen, dass sie nur mit einer halben Identität aufwachsen?

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    • Profilfoto von Ein Wirt
      Ein Wirt, 09.09.2021, 19:34 Uhr

      Also, zusammengefasst, nur Naturprodukt-Kinder zwei halben Identitäten …

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    • Profilfoto von Marc Wieser
      Marc Wieser, 09.09.2021, 21:43 Uhr

      Was meinen Sie mit „halbe Identität“? Glauben Sie, dass die Entwicklung der Identität eines Kindes vom Geschlecht der Eltern abhängt? Und wie verhält es sich dann mit der Identität der Kinder bei Alleinerziehenden?

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      • Profilfoto von B Suter
        B Suter, 12.09.2021, 14:32 Uhr

        Gut, verbieten wir jede Kinderwunsch Klinik, jegliche Kinderwunsch behandlung, Samenspende, Eizellspende und selbstverständlich Künstliche Befruchtung für Heteros. Dann ist Ihr gewissen vieleicht wieder etwas reiner.

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