«Entlastungsprogramm grenzt an Verhöhnung»
Sparen wollen, aber dennoch gegen das Zuger Entlastungsprogramm sein? Für Bloggerin Marie-Isabelle Bill kein Widerspruch. Vielmehr handle es sich beim Sparpaket um eine Verhöhnung bereits Benachteiligter, während man das Grossvieh in aller Ruhe weiterfressen lasse.
«Uiih, da widerspricht sie sich ja selber!», wird jetzt manch einer sagen, der sich an meinen Blogpost vom vergangenen April erinnert: Ja sagen zum Sparen im Kanton Zug. Und nun schreibe ausgerechnet ich: Nein zum Entlastungsprogramm.
Für mich ist das kein Widerspruch – denn ich habe von Solidarität geschrieben und nicht etwa einen Kahlschlag befürwortet. Zugegeben, wenn die Sparmassnahme einen selber trifft, dann wehrt man ja erst mal reflexartig ab. Bei den anderen sollte man doch mal anfangen.
Ich bin diesmal (sozusagen) nicht direkt betroffen. Aber mein Solidaritätsgedanke gilt, gerade in einem reichen Kanton wie Zug, den Mitbürgern und Einwohnern, die nicht auf Rosen gebettet sind. Den Menschen, die eine Ausbildung vor sich haben oder stellenlos sind, die den Fünfer vier und fünf Mal drehen; die alt werden oder IV-Bezüger sind. Von diesen Menschen gibt es genug, auch im Kanton Zug.
Falscher Denkansatz
Jeder muss beim Sparen mithelfen. Aber ist die Staubsaugermethode als Pendant zum Giesskannenprinzip nicht übertrieben und der falsche Denkansatz? Einfach mal überall den Rotstift ansetzen? Es stellt sich mit Recht die Frage, ob hier nicht «sparen, koste es, was es wolle» angewendet wurde. Gerade, wenn es um soziale Errungenschaften geht. Einmal aufgehoben, werden diese nach einer überwundenen Finanzschieflage nicht so schnell wieder eingeführt.
«Weshalb haben wir nicht den Mut, die Unternehmenssteuern anzuheben?»
Einfach mal beim Kleinvieh sparen, das produziert ja auch etwas. Das Grossvieh, das lässt man in aller Ruhe weiterfressen. Oder deutsch und deutlich: Weshalb haben wir nicht den Mut und heben, ganz unpopulär, die Unternehmenssteuern an?
Schmerzhaftes Sparen
Sehr viele Massnahmen im Entlastungsprogramm sind zweckmässig, machen mit wenig Aufwand viel Sinn und Geld. Aber schmerzhaftes Sparen bei Menschen mit Behinderungen, bei Kranken, Arbeitslosen, Alten und Armen, das ist schlicht falsch.
Es grenzt an Verhöhnung, wenn deren Bedürfnisse mit denjenigen von Kantonalbanken, Nutzern von Privatschulen, Eigentümern von Schiffen und Menschen, die ihr Ego mit einer tiefen Kontrollschildnummer aufpolieren wollen, gleichgestellt werden.
Den Gürtel enger schnallen
Ich bin hier im Kanton Zug zuhause, lebe und arbeite hier. Der kleine Kanton ist mir und meiner Familie zur neuen Heimat geworden und ans Herz gewachsen. Als Heimweh-Solothurnerin bezeichne ich mich inzwischen nicht mehr.
Aber an einen Solothurner denke ich immer gerne zurück: Bundesrat Willi Ritschard, Sozialdemokrat und erster Arbeiter im Bundesrat (1974–1983). Ein SP-Mann, der von den Bürgerlichen nach Bern geholt wurde. Der einfache, grosse Mann meinte als Finanzminister einmal: «Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen! – Das sagen immer diejenigen zuerst, die Hosenträger tragen…»