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Damian Müller über das Geldspielgesetz

Eintausend Millionen Franken in Gefahr

«Eintausend Millionen, bezahlt von Menschen, die auf das Glück im Spiel hoffen.»

(Bild: pixabay)

Das Geldspielgesetz sieht unter anderem vor, dass Schweizer Casinos auch im Internet Geldspiele anbieten können (zentralplus berichtete). Dafür sollen ausländische Angebote gesperrt werden. Ständerat Damian Müller sieht bei einer Ablehnung die 26 Millionen Franken gefährdet, die vorletztes Jahr im Kanton Luzern an insgesamt 1’814 Projekte flossen.

Treiben Sie Sport? Kicken Sie im Fussball-Dorf- oder Quartierverein? Oder vielleicht Ihre Söhne und Töchter? Spielen Sie im Laientheater Ihres Dorfs? Oder gehen Sie zu den Aufführungen? Dann dürfte es Sie interessieren, wie die Abstimmung über das Geldspielgesetz im nächsten Juni ausgeht. Denn dann sind Sie ganz direkt vom Abstimmungsausgang betroffen.

Fast 26 Millionen Franken hat 2016 allein der Luzerner Lotteriefonds an insgesamt 1’814 gemeinnützige Projekte in den Bereichen Sport, Kultur und Soziales ausbezahlt. So haben beispielsweise die Bogenschützen Kriens 1’357 Franken erhalten, der FC Horw wurde mit 8’487 Franken entschädigt und die Schützengesellschaft Gettnau mit 2’900 Franken.

Die Macher des historischen Films «Dagmerseller Film 3» erhielten 10’000 Franken, die Organisatoren des Seetaler Poesiesommers wurden mit 8’000 Franken unterstützt, an den Weiherbau Mettlenmoos in Eschenbach wurden 10’451 Franken entrichtet und für die Naturschutztafeln in Gisikon 1’086 Franken. Und 21 Schwinger wurden für ihre Leistungen am Kantonalen in Escholzmatt vor zwei Jahren mit je 100 Franken belohnt. Und der Jodelclub Heimelig hat für seine Aufwendungen beim Tanzanlass «Luzern tanzt» 500 Franken erhalten.

Wer um Geld spielt, finanziert die Gemeinschaft

Und woher kommt all das Geld? Zu zwei Dritteln stammt es aus den Einnahmen der Lotteriegesellschaften der Kantone, von «Swisslos» und der «Loterie Romande», zu einem Drittel kommt es von den 21 konzessionierten Spielbanken der Schweiz. Das Casino Luzern beispielsweise hat 16 Millionen beigetragen. Schweizweit ist auf diese Weise im letzten Jahr rund eine Milliarde Franken zusammengekommen. Eintausend Millionen, bezahlt von Menschen, die auf das Glück im Spiel hoffen – meist in der Form des Lotto-Jackpots oder mit etwas grösseren Einsätzen im Casino. Eintausend Millionen Franken – ohne, dass ein Mensch steuerlich belastet werden müsste.

Diese eintausend Millionen Franken sind nun gefährdet. Zumindest zu einem grossen Teil. Denn würde das neue Geldspielgesetz abgelehnt, hätte das zwangsläufig zur Folge, dass ein Grossteil dieses Geldes ins Ausland abwandern würde mit der Konsequenz, dass nicht nur zahlreiche Sportveranstaltungen und Dutzende von Sportvereinen in unserem Land existenziell bedroht wären, sondern auch Hunderte von kulturellen und sozialen Projekten. Darunter auch ein Grossteil der 1’814 Projekte, die der Kanton Luzern unterstützt hat. Auch die Abgaben an die AHV würden weiter schmelzen wie der Schnee an der Frühlingssonne.

Internet ist grenzenlos, aber nicht rechtsfrei

Ist das Panikmacherei? Böswilliges Schüren von Ängsten? Abstimmungskampfrhetorik? Leider nein. Bereits heute fliessen jedes Jahr rund 250 Millionen Franken an Online-Geldspielanbieter aus Offshore-Staaten wie Malta und Gibraltar, Tendenz steigend. Dabei ist «die telekommunikationsgestützte Durchführung von Glücksspielen, insbesondere mittels Internet» verboten, wie es in Artikel 5 des Spielbankengesetzes von 1998 etwas «beamtendeutsch» heisst.

«Der Vertrieb von Black Jack, Roulette und Sportwetten über das Internet ist ausdrücklich zugelassen.»

Aber das Verbot greift nicht, da die betreffenden Anbieter von Malta, Gibraltar und anderen Offshore-Standorten aus operieren. Es braucht eine Möglichkeit, den Zugang zu illegalen ausländischen Online-Geldspielanbietern sperren zu können, um die Erträge aus dem Geldspiel in der Schweiz zu behalten. Genau dies schafft das neue Geldspielgesetz.

Achtung: Keine Zensur

Nun laufen gewisse Kreise Sturm gegen das neue Gesetz; der Schlachtruf heisst «Achtung: Zensur!». Ich meine: Entweder wissen diese Leute, die von Zensur reden, nicht, was Zensur wirklich bedeutet, oder sie verharmlosen einen Zustand, in dem keiner von uns leben möchte. Dabei ist Zensur ein ganz klarer und eindeutiger Begriff. Er beschreibt nichts anderes als den Versuch, Informationen und Kommunikation zu kontrollieren und zu unterdrücken.

Es hat nichts, aber auch gar nichts mit Zensur zu tun, wenn ein Gesetz Regeln für wirtschaftliche Aktivitäten mit grossem Schadenpotenzial (Spielsucht und Geldwäscherei) auf dem Internet definiert. Genau so wenig wie es Zensur ist, wenn der Betrieb im Casino Luzern detailliert geregelt wird, um diesen Gefahren zu begegnen. Die freie Meinungsäusserung ist nicht betroffen.

Es wäre ja noch schöner, wenn jemand, der bei einer Razzia in einem Hinterzimmer als Organisator von illegalen Sportwetten erwischt wird, von Zensur schreien würde. Da wird im Gegenteil erwartet, dass dies strafrechtliche Konsequenzen hat. Dabei verbietet das Geldspielgesetz Online-Geldspiele gar nicht – im Gegenteil: der Vertrieb von Black Jack, Roulette und Sportwetten über das Internet ist ausdrücklich zugelassen. Unter einer Bedingung allerdings, und die heisst: Sie müssen von in der Schweiz zugelassenen, kontrollierten Casinos bzw. Lotteriegesellschaften angeboten werden.

Einladung ausländischer Anbieter

Es ist auch für ausländische Anbieter möglich, in der Schweiz tätig zu sein. Ein Teil der Casinos in der Schweiz wird von französischen und österreichischen Gesellschaften betrieben. Wer in der Schweiz Geldspiele anbieten will, muss bereit sein, die Schweizer Gesetze einzuhalten. Das können grundsätzlich auch spezialisierte Online-Geldspielanbieter sein. Sie benötigen dazu bis 2024 eines der 21 Casinos als Partner.

«Ein Nein zum Geldspielgesetz würde den Geldabfluss weiter erhöhen.»

Bei der 2024 anstehenden Konzessionierungsrunde können es andere Partner sein – das Konzessionsgesuch muss dann ein Spielbankenprojekt beinhalten, welches einen landbasierten und einen Online-Vertrieb von Casinospielen umfasst. Das garantiert, dass die Abgaben auf Casinoerträgen auch künftig in der Schweiz bleiben.

Ein Nein zum Geldspielgesetz wäre geradezu eine Einladung für ausländische Anbieter aus Malta, Gibraltar etc.: Es würden noch mehr unbewilligte und unkontrollierte Online-Geldspielangebote auf den Schweizer Markt drängen und sowohl Casinospiele als auch Lotterien und Sportwetten anbieten. Das würde den Geldabfluss in verstärktem Ausmass weiter erhöhen.

Ein klares Ja zum Geldspielgesetz

Ich bin ein digitaler Ureinwohner. Oder wie man neudeutsch sagt: ein «digital native». Ich bin mit der neuen Technologie aufgewachsen und nütze sie für meine gesamte Kommunikation. Die Freiheit, die durch diese neue Technologie entstanden ist, halte ich für überaus wertvoll. Gerade als junger Liberaler ist für mich die Freiheit des Internets ein grosses und wichtiges Gut. Aber es ist kein absolutes Gut. Auch im Netz hört die Freiheit dort auf, wo sie ins Leben – die Freiheit oder auch die gesundheitliche Integrität – der andern eingreift. Auch im Netz braucht es deshalb Beschränkungen. Beim Geldspiel ist das der Fall. Zum Schutz von Menschen, die suchtgefährdet sind, und zum Wohl von Tausenden von Menschen, die allein in unserem Kanton von den 1’814 Projekten profitieren, die durch Lotterieerträge finanziert werden.

Diese tiefe und ehrliche Überzeugung ist für mich in diesem Falle wichtiger als die Abstimmungsempfehlung meiner Partei. Ich sage deshalb mit meinem ganzen liberalen Gewissen Ja zum neuen Geldspielgesetz.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Mistermarch
    Mistermarch, 14.05.2018, 20:38 Uhr

    Ungläubig las ich die Aussagen von Damian Müller zum Glückspielgesetz und dachte mir, hat unser Ständerat vielleicht die Parteizugehörigkeit gewechselt? Für eine liberale Partei für Netzsperren zu argumentieren und dies im World Wide Web, ist schon sehr bemerkenswert. Vor allem weil diese Netzsperren für einen normal interessierten User sehr einfach umgegangen werden können. Liberal in diesem Zusammenhäng wäre doch eher, als Staat Lizenzen mit gewissen Vorgaben – auch zum Schutze vor Spielsucht – zu definieren und diese für nationale und internationale Anbieter auszuschreiben.

    Noch bemerkenswerter fand ich die Aussage von Ständerat Müller zu den abfliessenden Millionen in Off-Shore-Gesellschaften. Ist dies ein Hauch von Selbstkritik an der Parteidoktrin. Noch vor wenigen Jahren war doch das Bankgeheimnis und seine vielen schwarzen Löcher für die FDP kein Problem. Es scheint eine Trendwende einzusetzen. Grundsätzlich ist diese zu begrüssen, wobei mich die Argumente von Damian Müller in diesem Kontext nicht überzeugen. Vor allem nicht mit Blick auf sein Parteibuch. Ich werde das Geldspielgesetz ablehnen, weil es einem falschen Grenzschutz für nationale Casinos gleichkommt.

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