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Roland Fischer zur Rolle der Schweiz in Europa

Die Schweiz gehört zu Europa – ohne Wenn und Aber!

Die Schweiz sollte sich zu Europa bekennen. (Bild: Symbolbild: Pexels / Christian Wasserfallen)

Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine stellt die seit dem Zweiten Weltkrieg massivste Verletzung des Völkerrechts und der Unabhängigkeit eines europäischen Staates dar. Die Invasion bedroht nicht nur die Souveränität der Ukraine, sondern Frieden, Freiheit und Demokratie in ganz Europa und somit auch in der Schweiz. Doch der Bundesrat tut sich schwer mit der Rolle der Schweiz in Europa.

Dies zeigt sich exemplarisch darin, dass der Bundesrat erst durch massiven Druck aus der Bevölkerung und dem Parlament gewillt ist, die Sanktionen der EU gegen Russland vollständig zu übernehmen. Statt eines klaren Bekenntnisses zur Solidarität mit der Ukraine und Europa verstrickte er sich zuerst in rechtliche Details und verwies auf die guten Dienste der Schweiz bei möglichen Friedensverhandlungen, welche er durch die Übernahme der Sanktionen nicht gefährden wolle. Doch das eine schliesst das andere nicht aus, im Gegenteil. Ein neutraler Staat wie die Schweiz kann und soll ihre guten Dienste anbieten.

Dies kann die Schweiz aber nur, wenn sie gegenüber der Staatengemeinschaft solidarisch und glaubwürdig bleibt und die Sanktionen mitträgt. Sie sind die Antwort auf eine gravierende Verletzung des Völkerrechts, die auch ein neutraler Staat nicht tolerieren kann. Ein Abseitsstehen würde zudem die Wirksamkeit der Sanktionen gefährden und somit Putin und seinem Regime in die Hände spielen. Zumal gerade die Schweiz mit ihrem Finanzplatz und als Standort von zahlreichen Rohstoffhandelsfirmen eine besondere Verantwortung hat.

Auch in der Europapolitik zaudert der Bundesrat

Letzte Woche hat der Bundesrat seine Stossrichtung zur Sicherung und Weiterentwicklung der bilateralen Marktintegrationsabkommen mit der EU präsentiert. Nach dem folgenschweren Fehlentscheid im letzten Juni, die Verhandlungen mit der EU für ein institutionelles Rahmenabkommen abzubrechen, erwartet die EU bekanntlich konkrete Vorschläge der Schweiz für das weitere Vorgehen.

Das Konzept des Bundesrats ist alles andere als überzeugend. Statt in einem Rahmenabkommen sollen die institutionellen Fragen, das heisst also die dynamische Rechtsübernahme, die Mitwirkung der Schweiz bei der Weiterentwicklung des Binnenmarktes und die Streitbeilegung, in jedem bilateralen Abkommen einzeln ausgehandelt und geregelt werden. Das ergibt inhaltlich keinen Sinn, es sei denn, der Bundesrat möchte bei einzelnen Abkommen für die Schweiz Ausnahmen von den gemeinsamen Binnenmarktregeln vereinbaren. Zum Beispiel bei der Personenfreizügigkeit.

Ausnahmen widersprechen jedoch der Logik eines Binnenmarktes, in welchem für alle die gleichen Regeln gelten sollten. Es ist deshalb fraglich, ob der Bundesrat mit diesem Vorschlag bei der EU auf offene Türen stösst. Denn in der Vergangenheit hat die EU eine solche sektorielle Lösung für die institutionellen Fragen stets abgelehnt.

Die europäische Integration ist im Interesse der Schweiz

Die Schweiz gehört zu denjenigen Staaten, die am meisten vom EU-Binnenmarkt profitieren. Die Integration in den europäischen Binnenmarkt ist deshalb zentral für die wirtschaftliche Entwicklung und die Standortattraktivität der Schweiz. Die bilateralen Verträge sind in der Schweiz breit akzeptiert.

Es ist deshalb unverständlich, dass der Bundesrat mit seinem Konzept eine sehr zögerliche Vorgehensweise wählt. Und, einmal mehr, einen europäischen Sonderweg der Schweiz in Europa anstrebt. Zudem ist sein Konzept ein deutlicher Rückschritt gegenüber einem Rahmenabkommen. Dabei gäbe es auch Alternativen in die Richtung einer stärkeren Integration der Schweiz in Europa, wie z. B. ein Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR oder der Beitritt zur EU.

Eine EWR-Mitgliedschaft würde der Schweiz mehr aussenwirtschaftliche Stabilität und Rechtssicherheit bringen und wäre aufgrund der vollständigen Integration in den EU-Binnenmarkt aus wirtschaftspolitischer Sicht vorteilhaft. Der EWR dehnt den EU-Binnenmarkt und damit seine vier Freiheiten (freier Waren-, Personen-, Dienstleitungs- und Kapitalverkehr) auf die am EWR beteiligten Nicht-EU-Mitglieder (Norwegen, Island, Liechtenstein) aus. Mit eingeschlossen wäre auch der Zugang zu den Kooperationsabkommen der EU, wie zum Beispiel das für die Forschung zentrale Horizon-Paket.

Mit der EU teilen wir unsere Grundwerte

Das Bekenntnis zu Europa darf sich jedoch nicht nur auf die wirtschaftlichen Beziehungen beschränken. Die Schweiz ist keine Insel, sondern Teil des europäischen Kulturraums und der europäischen Wertegemeinschaft. Wir setzen uns seit jeher für die Sicherung von Frieden, Menschenrechten und der liberalen Demokratie ein.

Aber auch Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Solidarität und der Schutz von Minderheiten repräsentiert die Schweiz. Damit vertreten wir die gleichen Grundwerte wie die EU. Der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen, dass diese Grundwerte nicht selbstverständlich sind. Wir müssen deshalb noch stärker als je zuvor für sie kämpfen, nicht alleine, sondern gemeinsam mit der europäischen Staatengemeinschaft.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Hugo
    Hugo, 03.03.2022, 21:11 Uhr

    Hat noch einige Politiker/innen aus dieser Partei die lieber grosse Weltpolitik in Brüssel machen würden. In der CH sind sie unterfordert.

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  • Profilfoto von Erich Bühler
    Erich Bühler, 03.03.2022, 21:02 Uhr

    Bitte ned. Alles andere als das.
    Dito. I allne Pünkt fasch anderer Meinig als de Autor.

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    • Profilfoto von Alex F.
      Alex F., 03.03.2022, 23:01 Uhr

      Wow. Dieser Kommentar hat ja fast schon Blick Niveau, gratuliere. In fast allen Punkten: in welchen genau? Begründen? Wozu auch! Argumente? Braucht es nicht. Ich habe ja eine Meinung.

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  • Profilfoto von Andreas Bründler, Kriens - Bleiche
    Andreas Bründler, Kriens - Bleiche, 03.03.2022, 19:45 Uhr

    Es gibt sicher Leute, auch im Kanton Luzern, die gerne viel höhere Steuern zahlen wollen, damit in Brüssel 10’000 Übersetzer einen hohen Beamtenlohn beziehen können. Ich gehöre nicht dazu. Ich will weiter selber bestimmen, was in meiner Umgebung passiert. Dazu stimme und wähle ich jeweils auch ab. Ich will nicht, dass Leute im fernen Brüssel bestimmen, was in meiner Gemeinde passiert und was die Vorschriften sind, an die ich mich halten muss. Aber ich verstehe voll und ganz, dass Vollzeit-Politiker wie Herr Fischer sehr gerne einen EU-Posten mit dem dazugehörigen Lohn und Nebenleistungen haben möchten. Ich glaube es gibt noch genügend Wähler in diesem Land, die diese Taktik durchschauen und sich weiterhin einer Annäherung der Schweiz an die uns dann bestimmende EU entgegenstemmen. Für die einfachen Bürger und Arbeiter steht auch deren Lohngarantie auf der Linie. Was machen wir mit einem Heer von Schweizer Arbeitslosen, weil unser Arbeitsmarkt von Massen von billigen Arbeitskräften aus der EU überrannt wird? Da hat kein Politiker eine Antwort darauf. Wir haben die ausländischen Vögte abgeschafft. Wir sollten sie jetzt nicht kopflos wieder einführen.

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  • Profilfoto von Paul Bründler
    Paul Bründler, 03.03.2022, 12:49 Uhr

    Ich bin so ziemlich in jedem Punkt gegenteiliger Ansicht.
    GLP: Der gesammelte Unsinn von FPD und Grünen.

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