Ausbeutung unter dem Deckmantel der Digitalisierung
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Die Digitalisierung verlangt Eigenverantwortung und damit Verantwortung den Mitmenschen gegenüber. Aber es braucht auch staatliche Institutionen, die ihre Möglichkeiten nutzen, um dem Missbrauch entgegenzutreten und den Volkswillen durchzusetzen.
Seit wenigen Wochen kann man Uber auch in Luzern nutzen (zentralplus berichtete). Schweizweit stehen die Rechten Spalier für diese ausbeuterische Arbeitsform und selbst ein grüner Grosstadtrat postet auf Facebook, dass man für nur gerade von 60 Franken von Entlebuch nach Luzern fahren könne (in einer früheren Version stand, dass der Grossstadtrat die Fahrt auch tätigte. Nach eigenen Angaben habe er das aber nur zum Spass auf Facebook gepostet).
Firmen wie Uber oder Airbnb sind teilweise innovativ in der Entwicklung von Dienstleistungen. Aber marktfähig sind sie nur, weil sie Sinn und Geist unserer Gesetze mehr oder weniger kreativ umgehen. Dass sie trotzdem den Zuspruch der Rechten erhalten, hat einen Grund: Sie erhoffen sich, dass aus der Umgehung die Regel wird.
60 statt 120 Franken
Die erwähnte Fahrt von Entlebuch nach Luzern würde nur 60 Franken kosten, während sie bei einem Kalkulator eines regulären Taxianbieters das Doppelte kosten würde (zu einer Uhrzeit übrigens, zu der auch der öffentliche Verkehr bestens ausgebaut wäre). Wie ist das möglich?
Denn bereits herkömmliche Taxifahrer sind sehr schlecht bezahlt. Dies weil der Fahrpreis zu tief ist und die grossen Anbieter zu viel des Profits für sich behalten, statt anständige Löhne zu bezahlen. Dass Uber noch einmal günstiger ist, hat einen Grund: Im Preis sind weder Sozialversicherungsbeiträge noch Versicherungskosten enthalten.
Dafür wird später die Gesellschaft aufkommen müssen, wenn diese Personen aufgrund fehlender Beiträge in die Arbeitslosenkasse direkt in der Sozialversicherung landen, oder im Alter Ergänzungsleistungen beziehen, weil sie wenig in die AHV einbezahlt haben und keine Pensionskassenvermögen aufbauten.
Leicht erzielte Gewinne
Wer komplette Wohnungen ganzjährig im Stadtzentrum auf Airbnb anbietet, verhält sich asozial gegenüber seinen Mitbürgern. Denn es ist ein Leichtes, hier riesige Gewinne zu erzielen (zentralplus berichtete). Man muss nur unverfroren genug sein, seine Stadt an den Meistbietenden zu verkaufen. Es ist derzeit absolut legal, wenn auch nicht im Sinn und Geist der Stadtbevölkerung, die mehrmals den Stadtrat aufgefordert hat, mehr für bezahlbaren Wohnraum zu unternehmen.
David Roth ist seit 2011 im Luzerner Kantonsrat und präsidiert die SP Kanton Luzern seit 2015. Zuvor war er Luzerner Grossstadtrat, präsidierte die JUSO Schweiz (2011 bis 2014) und amtete als Vizepräsident der SP Schweiz (2011 bis 2015). Ausserdem ist er Zentralsekretär bei syndicom, der Gewerkschaft für Medien und Kommunikation.
Der Luzerner Stadtrat hat sich selbst zum Ziel gesetzt, dass jedes Jahr 100 zusätzliche Wohnungen von gemeinnützigen Wohnbauträgern angeboten werden. Das gelingt ihm bislang nicht. Aber etwa in dieser Dimension verschwinden jährlich Wohnungen vom regulären Wohnungsmarkt durch die Angebote von kurzfristigen Vermietungsplattformen.
In beiden Fällen ist das aber nicht deren Schuld, sondern ein Versagen der Politik. Wir können nicht zulassen, dass unter dem Deckmantel von technologischer Innovation die Regeln unserer Gesellschaft missachtet werden.
Kalifornien machts Luzern vor
Der Stadtrat lässt sich schon jahrelang Zeit mit der Eindämmung von Airbnb. Dabei könnte er an jeder seiner mittwochs stattfindenden Stadtratssitzung via Sonderbauzone sämtliche Airbnb-Vermietungen als unzulässig deklarieren. Was ihm dazu fehlt, ist einzig das Problembewusstsein und der Wille.
Dass es auch anders geht, haben schon diverse Staaten und Städte bewiesen – allen voran Kalifornien. Die Wiege der Digitalisierung hat angekündigt, die Scheinselbständigkeit von Uber nicht mehr länger zu tolerieren. Genf hat Airbnb verboten und Bern hat die Innenstadt von professionellen Airbnb-Anbietern bereits befreit. Es kann nicht sein, dass uns Firmen die sich asozial verhalten oder asozialen Angeboten eine Plattform bieten, auf der Nase rumtanzen.