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Franz Grüter: «Energiekrise ist primär Führungskrise»

Alles tun für eine sichere und bezahlbare Stromversorgung

Ein «Strom-General» muss her: Revisionsarbeiten an einer Trafostation bei Hünenberg. (Bild: Themenbild Andreas Busslinger)

Schon in diesem Winter könnte in der Schweiz der Strom ausgehen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) richtet bereits Sparappelle an die Bevölkerung. Auch die Industriebetriebe – und damit Hunderttausende Arbeitsplätze – können nicht mehr von einer ausreichenden Stromversorgung ausgehen, schreibt der Luzerner Nationalrat Franz Grüter (SVP) im Politblog.

Der Elcom-Präsident und ehemalige Mitte-Ständerat Werner Luginbühl ruft die Bevölkerung auf, sich mit Kerzen und Holz einzudecken. Ausgerechnet der Chef jener Behörde, die gemäss ihrem Auftrag für die Versorgungssicherheit mit Strom verantwortlich ist …

Was ist passiert? Noch nie, nicht einmal in den beiden Weltkriegen, ging der Schweiz der Strom aus. Auch die Ölkrise in den 1970er-Jahren betraf unser Land nur am Rande: Dank einer eigenständigen, sicheren und sauberen Stromproduktion, hauptsächlich aus Wasserkraft und aus Kernkraftwerken.

Was ist also passiert?

2014 trat die damalige Bundesrätin Doris Leuthard (CVP/Mitte) an, die Stromproduktion in unserem Land komplett umzukrempeln. Diese «Energiestrategie 2050» zielte in erster Linie darauf ab, den Atomausstieg voranzutreiben. Zusätzlich sollten die Leute auf Elektroautos umsteigen und ihre Ölheizungen ersetzen.

Man muss nicht viel von Physik verstehen, um zu erkennen: Die Elektrifizierung beim Heizen und der Mobilität bedeutet einen massiven Anstieg des Strombedarfs. Jede zusätzliche Wärmepumpe braucht zusätzlich Strom. Wer gleichzeitig die AKW abstellen will und damit den grössten und stabilsten Stromlieferanten stilllegt, muss sich nicht wundern, wenn wir in eine Stromkrise schlittern.

Die SVP hatte als einzige Partei die wirklichkeitsfremde «Energiestrategie 2050» bekämpft. Genau aus diesen Gründen: Wir warnten davor, dass die Kosten viel höher sind – Bundesrätin Leuthard sprach von lediglich 40 Franken pro Haushalt. Vor allem aber warnten wir davor, dass die Ziele unrealistisch sind.

Woher kommt der Strom, wenn die Sonne nicht scheint?

Damit es keine Missverständnisse gibt: Niemand hat etwas gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Aber Fotovoltaik und Windkraftwerke sind keine verlässlichen Stromlieferanten. Ich kenne dies aus eigener Erfahrung. Woher kommt der Strom, wenn es nicht windet und die Sonne nicht scheint? Hinzu kommt das grundsätzliche Problem der Wintermonate. Dort brauchen wir am meisten Energie und genau dann fehlt es an Sonne und Wind.

Zusammengefasst lässt sich sagen: So lange sich Elektrizität nicht im grossen Stil und bezahlbar speichern lässt, können wir nicht einfach auf die Kernkraft oder fossile Brennstoffe verzichten. Auf dieser Grundlage sollten wir Entscheidungen treffen und nicht auf der Basis von Ökoträumereien. Oder, wie es André Dosé, Präsident von Swissgas, sagte: «Diese Krise in der Schweiz ist zu einem grossen Teil selbst verschuldet. Die Energiestrategie 2050 ist auf Sand gebaut.»

Die Politik tut sich schwer, falsche Weichenstellungen einzugestehen. Man hat die Bevölkerung bei der Energiewende mit schönen Versprechungen geködert. In der Nationalratsdebatte 2014 beruhigte Bundesrätin Doris Leuthard die Zweifler: «Erstens ist die Versorgungssicherheit nicht infrage gestellt.» Jetzt stellen wir fest, dass die Schweiz bereits diesen Winter in eine Strommangel-Lage geraten könnte.

Die Energiekrise ist vor allem eine Führungskrise

Der Bundesrat setzt auf Importe. Nochmals Bundesrätin Leuthard im Jahr 2014: «Unsicherheit gibt es insofern nicht, als man in allen europäischen Staaten in den nächsten zwanzig Jahren eine genügende Stromproduktion haben wird.» Was nicht stimmt. Trotzdem verfolgt Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) diesen Weg weiter und spricht von «Solidaritätsabkommen» mit der EU. Die europäischen Staaten haben jedoch selber ein Versorgungsproblem und reden schon von Rationierung. Es ist sehr naiv zu glauben, dass Deutschland oder ein anderer Staat Strom in die Schweiz liefert, wenn er selber zu wenig Energie hat.

Was ist zu tun? Die Energiekrise ist vor allem auch eine Führungskrise. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben. Zwischen den Departementen, zwischen Bund und Kantonen, zwischen den Stromproduzenten und den Behörden.

«Strom-General» ohne Ideologien

Die SVP hat deshalb schon im Januar die UVEK-Vorsteherin aufgefordert, einen «Strom-General» einzusetzen. Eine unabhängige Person mit einem klaren Auftrag: Sie soll Lösungsvarianten für eine sichere, unabhängige und kostengünstige Stromversorgung ausarbeiten. Mit allen Vor- und Nachteilen. Und dann müssen alle politischen Akteure über ihren Schatten springen und alles dafür tun, dass die Schweiz wieder eine sichere und bezahlbare Stromversorgung bekommt. Ideologien sollten dabei abgelegt werden!

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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8 Kommentare
  • Profilfoto von oliver.heeb
    oliver.heeb, 21.08.2022, 10:48 Uhr

    Ein wichtiger Vorbehalt: es war neben den anderen bürgerlichen Parteien auch die SVP, welche die erneuerbaren Enegieträger über Jahrzehnte zuerst belächelt, dann bekämpft und schliesslich als Bestandteil des Energiemix akzeptiert hat. Dabei ist wertvolle Zeit mit unnötigen ideologischen Grabenkämpfen verplempert worden. Wobei es bei den Bürgerlichen mehr auch um das kurzfrististige Geld und einträgliche VR-Mandate gegangen ist. Auch mit der Atomenergie ist und bleibt die Schweiz hochgradig vom Ausland abhängig. Nicht nur bei der Gewinnung und Herstellung des Brennstoffes (Uran, Urananreicherung, Brennstäbe), sondern auch beim hochkomplexen Entsorgungsprozess. Nicht zu sprechen davon, wie diese Anlagen denn gekühlt werden wollen, wenn das Wasser unserer Flüsse zu warm wird, und/oder nicht mehr in genügender Menge vorhanden ist. In Ökologie/Systemtheorie spricht man von negativen Rückkoppelungen. Darin sind wir nun gefangen. Ob ideologisch verbohrt oder von der Energiewirtschaft gekauft; die politischen Entscheidungsträger jeglicher Couleur täten gut daran nun endlich wahren Gemeinsinn an den Tag zu legen und am gleichen Strick zu ziehen.

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    Hugo, 19.08.2022, 12:16 Uhr

    Neue AKW ‹ S sind die einzige Lösung

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    Albisser Cyrill, 19.08.2022, 09:51 Uhr

    Werter Herr Grüter und Zentralplus.

    Vielen Dank für diesen sehr fundierten und ehrlichen Beitrag. Weiter so…

    Herr Grüter. Was kann die Politik respektive das schweizer Volk tun, damit dieser Fehler eingestanden und die Weichen neu gestellt werden können?

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    Albus, 18.08.2022, 18:06 Uhr

    “Vor allem eine Führungskrise” – und Ich dachte es fehlt Politikern und insbesondere dieser Partei an Selbsterkenntnis.

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    Der Obernauer, 18.08.2022, 13:25 Uhr

    Als ehemaliger Fachmann im Energiesektor, muss ich Herrn Grüter voll und ganz Zustimmen. Die Lage wurde von der Politik und den Eigeninteressen der Stromerzeuger, aus finanziellen Eigeninteressen soweit gebracht, dass nun die Notlage droht. Die Lücke in der Produktion der Schweiz ist gering, wenn man sich selber versorgen würde. Man ist jedoch ein Teil eines riesigen Verbundes und macht da gute Gewinne. Der Ausbau der eigenen Versorgung, als Reserve, wurde vernachlässigt und gebremst.
    Die Politik hat im Sektor Stromversorgung kläglich versagt und ein Macher gehört nun an die Spitze der ELCOM ..

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    Kasimir Pfyffer, 18.08.2022, 12:46 Uhr

    «Ideologie» ist gut. Keine andere Partei hat dermassen blindwütig und hysterisch gegen die Energieträger Sonne, Wind oder Geothermie lobbyiert wie die SVP. 30 Jahre lang verhindert, gezwängt, gebremst und schlechtgeredet, eine himmeltraurige Vorstellung. Die Gugus-Idee mit dem «Stromgeneral» soll davon ablenken, dass die SVP von der Öllobby ge… äh …. unterstützt wird und deren Interessen seit jeher willfährig durchsetzt. Motto: Lieber das Dreck-Öl aus Russland oder Saudiarabien als die einheimische Sonne. Deshalb: Wir brauchen keinen «Stromgeneral», sondern fähige Leute im Parlament. Nein, Herr Grüter, FÄHIGE Leute …

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    • Profilfoto von Ari
      Ari, 18.08.2022, 22:34 Uhr

      Sie haben wohl nicht Physik studiert. Die Sonne hilft uns leider zu wenig im Winter, wenn es dunkel und kalt ist. Das scheinen immer noch gewisse Leute nicht zu verstehen. Aber das Links/Grüne Narrativ wird jetzt langsam aber sicher an der Realität zerbrechen.

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 19.08.2022, 10:13 Uhr

      Sie können mit mir gerne über Physik reden, aber dann reden wir auch darüber, wer die Erkenntnisse dieser Physik leugnet. Welche «Volks»partei hat in fast jedem Kanton das Referendum gegen das Energiegesetz ergriffen, das genau diese Probleme (Winterstromlücke mangels genügender Eigenproduktion und viel zu grosser Abhängigkeit von Öl/Gas) lindern soll? Welche Partei war gegen die ES 2050? Welche Partei war gegen das CO2-Gesetz, mit dem die Fossilen ein Mü marktgerechter bepreist worden wären? Welche Partei will Projekte abschiessen, mit welchen Tiefengeothermie, Power to Gas, alpine PV oder Nahwärmeverbünde besser erforscht werden? Welche Partei geifert ständig gegen «Akademiker» (da gehören auch Physiker dazu) und gebärdet sich gleichzeitig als allwissend?

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