Wohlfühlklima für Wildbienen in meinem Luzerner Garten
Letzten Frühling sass ich im Garten und realisierte: Grün ist nicht gleich grün. In gewissen Ecken herrscht Hochbetrieb und grosses Gesumme, Wildbienen fliegen von Blüte zu Blüte. An anderen Orten ist es zwar grün, aber dennoch still. Diese Beobachtung hat meine Aufmerksamkeit von den Pflanzen auf die Insektenwelt gelenkt.
Der Teil des Gartens, in dem im Frühling so viele Insekten leben, ist mit einer Salweide und einem Schwarzdorn bewachsen. Im anderen Teil wuchsen letztes Jahr noch mehrheitlich Forsythien, Kirschlorbeer, falsches Johanniskraut und Zwergmispeln. Für das Auge sind das schöne Pflanzen, jedoch werden diese Pflanzen zum Beispiel von den Wildbienen gemieden.
Insekten nerven ... aber nicht nur
Dies kann mehrere Gründe haben. Einerseits sind durch die Zucht bei einigen Sorten von gärtnerisch verwendeten Zierpflanzen kein Nektar und keine Pollen mehr vorhanden. Andererseits ist die einheimische Insektenwelt nicht an diese Pflanzen und deren Blütenformen angepasst und somit sind Nektar und Pollen nicht immer erreichbar.
Doch gibt es auch Möglichkeiten, einen schönen Garten fürs Auge zu haben, der aber auch Lebensraum für die Insektenwelt bietet? Und warum genau sind diese Insekten alle so wichtig für uns Menschen? Die ganzen Fliegen, Ameisen, Mücken und andere können ja auch ziemlich nerven. Daher haben die Insekten als Gruppe einen schlechten Ruf.
Schön fürs Auge und nützt den Insekten
Alle diese Fragen habe ich meinem Nachbarn, Manuel Steinmann, gestellt. Er ist Umweltingenieur und Wildbienenexperte. Von ihm will ich wissen, welche Insekten es in meinem Garten hat und welches ihre wichtigsten Funktionen sind.
«Jedes Insekt hat seinen Platz und seine Aufgabe. Die Wildbienen und Honigbienen bestäuben die Pflanzen. Insekten stellen für Vögel eine wichtige Nahrungsquelle dar. Zudem ist die Bestäubungsleistung der Insekten wichtig für die Produktion von Samen und Beeren, welche wiederum den Vögeln als Nahrung dienen.» Wir brauchen also die Insekten auch, um Obst wie Erdbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren, Birnen, Äpfel und Pfirsiche ernten zu können. Gewisse Gemüsesorten, wie zum Beispiel Gurken, Kürbis, Erbsen und Bohnen, werden sogar nur von Bienen bestäubt.
Insektensterben
Generell sind in der Schweiz gemäss der Roten Listen 60 Prozent der Insektenarten gefährdet. Der Insektenrückgang kann gravierende Konsequenzen haben: weniger Bestäubung (der Ertrag und die Qualität von mehr als 75 Prozent der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen hängen mindestens teilweise von Insekten ab), mehr Schädlinge, schlechtere Böden und weniger Nahrung für Vögel, Fische und andere Insektenfresser. Seit 1990 brachen denn auch die Bestände von insektenfressenden Vögeln im Kulturland um 60 Prozent ein.
Was kann ich also tun in meinem Garten?
Ich habe es ausprobiert und viele exotischen Pflanzen durch einheimische Wildsträucher (Wildrosen, Holunder, Pfaffenhütchen, Faulbaum, Kornelkirsche etc.) und Wildstauden (rote Waldnelken, Schafsgarbe, Glockenblumen, Wegwarte und Malven etc.) ersetzt. In einem Teil des Gartens haben wir nun hohe Asthaufen aufgeschichtet.
Wir führen fast kein Material mehr aus dem Garten heraus, sondern bauen damit Kleinstrukturen und Nistplätze für Tiere. In der Brenn- und Taubnesselecke haben letztes Jahr ganz viele Schmetterlinge ihre Eier gelegt. Wir lassen nun auch auf den Kiesflächen das «Unkraut» spriessen. Das wirkt zugegeben auf den ersten Blick etwas unordentlich, aber wenn die Bisammalven und die Akelei blühen, freuen sich dann doch alle, und natürlich auch die Wildbienen.
Wildbienen und Honigbienen: Konkurrenz um knappe Ressourcen
Die Wildbienen haben gegenüber den Honigbienen einen grossen Nachteil: Sie leben wild. Die Honigbienen leben bei ihrer Imkerin. Manuel Steinmann zeigt mir im Garten einige Plätze, die gute Nistplätze für Wildbienen sind: sandige Plätze, Totholz und verdorrte Pflanzenstängel (zentralplus berichtete). Davon haben wir noch nicht so viele in unserem Garten. Das sei auch ihr grosses Problem, erklärt mir Manuel.
Die Wildbienen finden teilweise kaum Lebensraum. Auf intensiv genutzten und stark gedüngten Wiesen und versiegelten Böden finden sie weder Nahrung noch Nistmöglichkeiten. Die Nahrungskonkurrenz zwischen der Honigbiene und den verschiedenen Wildbienenarten hat in den letzten Jahren zugenommen, weil in der Stadt mehr Honigbienen gehalten werden.
Die Vorteile der Honigbienen
Die Honigbienen haben gegenüber den Wildbienen Vorteile. Sie sind Generalisten, das heisst, sie sind nicht auf bestimmte Pflanzenfamilien beziehungsweise Arten für die Pollensuche angewiesen. Mein Nachbar hat für mich da einen einfachen Tipp: Mehr Blütenpflanzen in meinem Garten ansähen und darauf achten, dass immer etwas blüht. Dies ist nun die Herausforderung für dieses Jahr.
Was ich letztes Jahr schon gemerkt habe: Die Luzerner Gärtnereien haben nicht alle ein grosses Angebot an einheimischen Pflanzen und auch am Wochenmarkt in Luzern wird man nicht immer fündig. Nicht alles, was «Bienen-freundlich» ist, ist auch «Wildbienen-freundlich». Falls eine Leserin oder ein Leser mitmachen will, hier ein paar Wildbienen-freundliche Pflanzen in Blüh-Reihenfolge:
Schneeglöckchen, Kornelkirsche, Osterglocken, Löwenzahn, Fenchel, Mauerpfeffer, Ringelblumen, Mohn, Kamille, Brennnessel.
- Informationen Naturgarten Umweltberatung Luzern
- Medienmitteilung «scnat» zum Insektenschwund
- Website Stadtwildbienen Luzern