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Reportage über eine besondere Volkszählung

Wasservögel beobachten: So wird spazieren zum Erlebnis

Kolbenenten bei der Trottlibucht. (Bild: cim)

Spaziergänge am See entlang sind in jeder Jahreszeit sehr reizvoll. Im Winter lassen sich besonders viele Wasservögel in der Schweiz beobachten. Ein Augenzeugenbericht.

Wenn die Wasservögel in der kalten Jahreszeit keine Nahrung mehr finden, ziehen sie gegen Süden. Die einen Arten legen dazu grosse Strecken zurück. Andere begnügen sich mit kürzeren Distanzen und überwintern beispielsweise auf Schweizer Gewässern.

Gäste aus Nord- und Osteuropa

Im Schnitt überwintern eine halbe Million Wasservögel auf Schweizer Flüssen und Seen. Sie kommen vorwiegend aus Nord- und Osteuropa zu uns. Besonders der Bodensee, der Genfersee und der Neuenburgersee sind viel besuchte Gewässer. Sie beherbergen zusammen rund 70 Prozent aller in der Schweiz überwinternden Gäste. Der Vierwaldstättersee bringt es mit 21'500 Tieren auf 4 Prozent.

Jährliche Zählung der Vogelwarte

Seit 1967 wird in ganz Europa und in angrenzenden Regionen jeweils Mitte Januar auf ausgewählten Gewässern die Vogelschar gezählt. In der Schweiz organisiert die Vogelwarte Sempach den reibungslosen Ablauf der Beobachtungen.

Mit dieser alljährlichen internationalen Zählung können die Entwicklung des Bestands und die Verbreitung der Wasservögel in der Schweiz überwacht werden. Sie liefern wichtige Daten, um bedeutende Wasservogelgebiete zu eruieren und damit unter anderem den speziellen Schutz zu begründen. In der Schweiz dienen die Zahlen beispielsweise auch als Grundlage für den Vollzug des eidgenössischen Jagdgesetzes. Das heisst, dass gewisse Arten dann nicht geschossen werden dürfen, weil der Bestand gefährdet ist.

Ein Augenzeugenbericht

Für die Zählung sind die Gewässer in mehrere Teilstrecken unterteilt, die in einem halben Tag bearbeitet werden können. Unser Abschnitt erstreckt sich zwischen Matthof Gemeindegrenze bis St. Niklausen Schiffssteg.

Warm eingepackt und mit einem leistungsfähigen Feldstecher ausgerüstet machen wir uns auf den Weg und nehmen den ersten Standort unter die Lupe. Das Wetter ist nahezu perfekt: Weder Wellen noch Niederschläge behindern die Sicht. Kleine Nebelschwaden sind weit entfernt vom Ufer sichtbar. Die Wasservögel befinden sich aber näher und sind gut zu erkennen.

Ein Kormoran fliegt knapp über dem Wasserspiegel an uns vorbei. Es zeigen sich ein paar Blässhühner. Weiter weg vom Ufer tummeln sich zwei Haubentaucher. Zwei genervte Schwäne schwimmen in unsere Richtung. Die entdeckten Arten und die Anzahl werden auf einer Liste eingetragen.

Das Team bei der Arbeit
Das Team bei der Arbeit. (Bild: cim)

Keine Wasservögel in Sicht

Wir sind ein wenig enttäuscht, andere Jahre waren hier die Tiere zahlreicher. Vielleicht gibt es an den anderen Standorten mehr zu zählen. So ziehen wir weiter. Doch auch an der nächsten Stelle machen sich die Wasservögel rar. Ein Trupp Schwarzhalstaucher schwimmt wie an einer Schnur gezogen zielstrebig gegen Norden und taucht jeweils nahezu gleichzeitig unter und wieder auf. Eine Mittelmeermöwe ruht sich auf einem Pfahl aus. Ein paar wenige Blässhühner, ein Stockentenpaar, das ist die ganze Ausbeute.

Bei einem weiteren Zielort zählen wir keinen einzigen Wasservogel. Auch bei den nächsten Beobachtungsstationen entdecken wir weniger Tiere als in anderen Jahren. Nun denn, unsere Liste der beobachteten Wasservögel, die wir der Vogelwarte Sempach abgeben, ist dieses Mal nicht sehr lang.

Kein Wasservogel in Sicht.
Kein Wasservogel in Sicht. (Bild: cim)

Wasservögel in der Schweiz – durchzogene Bilanz

Seit den 1990er-Jahren nimmt gesamtschweizerisch die Anzahl einiger Arten von überwinternden Wasservögel in der Schweiz ab. Strenge Winter gibt es immer seltener. Da im Schnitt die Luft- und Wassertemperaturen gestiegen sind, finden Wasservögel aus Nord- oder Osteuropa ihre Winterquartiere näher bei ihren Brutgebieten. Andere Arten allerdings kommen häufiger vor als früher. Der bessere Schutz und das veränderte Nahrungsangebot können die Gründe dafür sein.

Die Wandermuschel beispielsweise wurde in den 1960er-Jahren vermutlich durch Boote eingeschleppt und vermehrt sich seither auf vielen Schweizer Seen. Es ist die Leibspeise der Reiherente. So hat sich die Anzahl dieser Art stark erhöht. Vor 1970 war sie in der Schweiz nur selten zu sehen. Heute ist sie eine der häufigeren Arten, die auch auf dem Vierwaldstättersee beobachtet werden kann. Auf unserem Streckenabschnitt haben wir dieses Jahr jedoch keine einzige Reiherente entdeckt.

Schlafende Reiherenten bei der Kapellbrücke
Schlafende Reiherenten bei der Kapellbrücke. (Bild: cim)

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Sch. Natter
    Sch. Natter, 02.02.2022, 13:28 Uhr

    «Schlafende Reiherenten bei der Kapellbrücke. (Bild: cim)»: diese Bild wird nicht angezeigt. LG

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    • Profilfoto von Redaktion zentralplus
      Redaktion zentralplus, 02.02.2022, 13:43 Uhr

      Besten Dank für Ihren Hinweis. Wir haben das Problem behoben, nun sollte das Bild angezeigt werden.

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