Nachhaltigkeits
Blog
Danach siehst du Schnittblumen mit anderen Augen

Vom Samen zum Strauss – so viel Arbeit steckt dahinter

In einem lokalen Blumenstrauss steckt sehr viel Arbeit. (Bild: Barbara Lantschner)

Wer einen Blumenstrauss kauft, ahnt vermutlich nicht, wie viel Zeit und Arbeit in diesem steckt. Die Herausforderungen können dabei ziemlich ungewöhnlich sein – etwa in Form eines wütenden Dachses.

Wir alle kennen sie, die Blumenfelder entlang von Strassen und an Autobahnausfahrten. So mancherorts in der Region trifft man nun auf bunt blühende Felder mit Sonnenblumen, Dahlien, Gladiolen und vielen anderen Sommerblumen zum Selberschneiden.

Und auch in den Blumenläden und auf dem Luzerner Wochenmarkt wird es sommerlich farbig. Doch welche Arbeit steckt eigentlich hinter einem Sommerstrauss voller Blumen aus der Region? Als Farmerfloristin kenne ich die Herausforderungen des saisonalen Blumenanbaus und möchte euch hier einige Anekdoten aus dem Blumenjahr näherbringen.

Der Beginn ist ein Samenkorn

Viele vor allem kleinere Blumenbäuerinnen und -bauern ziehen ihre Setzlinge selbst, so auch ich. Bereits jetzt im Juli fange ich an, mir Gedanken zum nächsten Blumenjahr zu machen. Verrückt, ist doch gerade jetzt der Garten in voller Blüte. Doch damit im zeitigen Frühjahr die ersten Blumen blühen, muss bereits im Herbst ausgesät und die Blumenzwiebeln gepflanzt werden.

Das richtige Timing und eine gute Planung sind ausschlaggebend, damit die Blumen dann blühen, wenn die Kunden Blumen möchten. Jede Pflanze hat ihren eigenen Rhythmus und braucht ihre Zeit zur Blühreife. So dauert es beispielsweise bei den Kosmeen von der Aussaat bis zur Blüte zirka drei Monate.

Stadtblüte Luzern.
Pflanzpläne und lange Listen mit den gewünschten Sorten. (Bild: Barbara Lantschner)

Auf der Suche nach Saatgut kann man Tage damit verbringen, in Katalogen und im Internet nach geeigneten Sorten zu stöbern. Die Auswahl ist riesig. Heutzutage gibt es so viele grossartige Züchtungen und Farben, am liebsten würde ich jeweils alle bestellen.

Die grösste Auswahl an Blumensaatgut gibt es in Amerika. Und auch in England ist das Angebot an Saatgut für Schnittblumen gross. Doch leider ist es schwieriger geworden, an dieses Saatgut zu kommen. Seit 2020 kann man in Amerika nicht mehr ohne ein sogenanntes Phytosanitary Certificate bestellen, das sehr kostspielig ist. Und aufgrund des Brexits ist es derzeit nicht möglich, in England zu bestellen.

In der Schweiz und auf dem europäischen Markt gibt es jedoch ein wachsendes Sortiment, das hoffentlich bald auch in Bio-Qualität erhältlich ist. Hier hinken die Saatgutproduzentinnen noch hinterher.

Der Kampf um die Setzlinge

Innerhalb weniger Wochen wachsen aus dem Saatgut hunderte kleine Pflänzchen heran, die nun im Freien ausgepflanzt werden. Sind die Setzlinge im Boden, beginnt die Zeit der Pflege und der Verteidigung. Denn oft genug kommt man am Morgen in den Garten und trifft auf angefressene Pflänzchen. Die über Wochen gehegten und gepflegten Pflänzchen werden innerhalb einer Nacht von Schnecken verschlungen.

Doch nicht nur Schnecken machen uns die Pflanzen streitig. Während ich pflanze und pflege, kann es schon mal vorkommen, dass neben mir eine kleine Wühlmaus in haarsträubender Geschwindigkeit ganze Glockenblumenstängel in den Untiefen der Mäusegänge verschwinden lässt.

Das braucht starke Nerven und ein gutes Schädlingsmanagement. Seit kurzem trage ich ausserdem eine Fehde mit einem Dachs aus: Auf einem neuen Beet hatte ich in diesem Spätfrühling Dahlien gepflanzt. Zwei Tage später musste ich auf meinem Kontrollgang feststellen, dass fast alle Dahlien ausgegraben auf dem Beet lagen. Wer das wohl war?

Es stellte sich heraus, dass ich mein Beet vermutlich genau auf der Route eines Dachses angelegt hatte. Seither streiten wir uns um den Platz. Ich grabe alle Pflanzen wieder ein, mache das Beet wieder schön, am nächsten Morgen liegt alles wieder kreuz und quer und obendrauf noch ein Häufchen Kot. Das soll wohl sein Revier markieren. Er war vorher da, das kann ich ihm auch nicht verübeln.

Die Ernte

Die Blumen sind gesät, gewachsen und haben alle Schädlinge und Wetterkapriolen überstanden – sie blühen. Nun kann endlich geerntet werden.

Damit die Blumen in der Vase auch lange halten, gilt es bei der Ernte einiges zu beachten. Jede Blume hat ihren eigenen richtigen Schnittzeitpunkt. Die einen Blüten müssen beim Schnitt noch knospig sein, die anderen bereits geöffnet. Manche müssen nach dem Schnitt in heisses Wasser getaucht werden, andere möchten nur in wenig Wasser stehen. Das erfordert ein grosses Wissen rund um die verschiedenen Blumenarten.

Hygiene und Sauberkeit sind im Schnittblumenanbau unerlässlich. Bakterien im Wasser lassen die Blumen schneller welken.

Stadtblüte Luzern.
Das richtige Werkzeug, das einen sauberen Schnitt macht, gehört zur Grundausstattung einer jeden Flowerfarmerin. (Bild: Barbara Lantschner)

Auch die Tageszeit, an der die Blumen geerntet werden, ist entscheidend. Frühmorgens ist der beste Zeitpunkt, dann sind sie hydriert und prall. Sind die Blumen lokal angebaut, können sie so bereits am Nachmittag im Verkauf stehen. Im Vergleich dazu ist eine aus Kenia importierte Rose bereits sechs Tage lang unterwegs, bis sie bei uns verkauft wird.

Der lokale Anbau bringt auch den Vorteil mit sich, dass eine grössere Vielfalt an Blumen möglich ist. Denn manche Blumen können nicht lange gelagert werden oder sind für den Transport in Flugzeug und Lastwagen schlicht zu filigran und sensibel. Zwar sind dann nicht rund ums Jahr Rosen erhältlich, dafür kann ich aber an den saisonalen Blumen den Rhythmus der Natur und die Jahreszeiten beobachten.

Viele verschiedene Arbeitsschritte und ganz viel Wissen stecken hinter einem Strauss voller Sommerblumen.

Damit immer etwas blüht und die Kundschaft jederzeit einen bunten Strauss bestellen kann, muss dementsprechend geplant und gepflanzt werden. Durch gutes Beobachten lernen wir ständig dazu und schaffen es, mit der Natur zu arbeiten. Die Belohnung sind bunte Blumen und strahlende Gesichter.

Nachhaltigkeits
Blog
Ob in der Wirtschaft & Energie, Natur & Tiere in der Stadt, Abfalltrennung & Recycling, bewussteres Essen, faire Mode, Accessoires & Möbel – das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt heute Jung und Alt.
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon