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Hohe Nutztierbestände im Kanton Luzern

Luzerner Bauern produzieren zu viel Gülle

Fast ein Drittel aller Schweizer Schweine werden im Kanton Luzern gehalten. (Bild: Kurt Eichenberger, WWF Luzern)

Luzerner Seen, Wälder und Moore leiden unter Emissionen aus der Landwirtschaft. Besonders die hohe Zahl an Nutztieren sorgt für ökologische Probleme.

Die Landwirtschaft im Kanton Luzern ist sehr stark von der Tierhaltung geprägt. Nirgendwo sonst in der Schweiz gibt es so viele Nutztiere pro Fläche wie bei uns. Fast ein Drittel aller Schweizer Schweine werden in unserem Kanton gehalten. Insgesamt sind das rund 425’000 Tiere – pro Einwohner mehr als eines.

Dazu kommen fast 150’000 Rinder und gut 1,2 Millionen Hühner. Bei den Schweinen und beim Rindvieh haben die Bestände in den letzten 20 Jahren leicht zugenommen; bei den Hühnern gab es in diesem Zeitraum fast eine Verdoppelung.

Besonders eindrücklich sind die Zahlen in zwei Gemeinden im Seetal: In Hohenrain treffen auf jeden Einwohner fünf Schweine, in Beromünster fast vier. Dazu kommen in Hohenrain 20 Hühner und eineinhalb Rinder. In Beromünster sind es 15 Hühner und (fast) ein Rind.

Phosphor belastet die Mittellandseen

Diese hohe Dichte an Nutztieren bleibt leider nicht ohne Folgen. Beispiel Phosphor: Die Böden sind überversorgt – zum Teil als Altlasten. Mit jedem stärkeren Regen werden Teile davon ausgeschwemmt und gelangen so in die Mittellandseen. Die hohen Phosphoreinträge belasten den Sempachersee, den Baldeggersee und den Hallwilersee seit Jahrzehnten.

Algenwachstum, Sauerstoffmangel und Fischsterben sind die Folgen. Die Seen müssen deshalb seit bald 40 Jahren künstlich beatmet werden. Finanziert wird dies mit Steuergeldern. Obwohl die Phosphoreinträge in den letzten Jahrzehnten deutlich reduziert wurden, ist der Gehalt in den Seen immer noch doppelt so hoch wie angestrebt. Ohne rasche zusätzliche Massnahmen können die Seen nicht gesunden.

Ammoniak bedroht sensible Ökosysteme

Viel zu hoch sind auch die Emissionen von Ammoniak. Sie stammen im Kanton Luzern zu 97 Prozent aus der Landwirtschaft. Ammoniak wird über die Luft grossflächig verteilt und überdüngt so Wälder, Moore und andere ökologisch wertvolle Lebensräume. Es ist damit mitverantwortlich für den Rückgang der Biodiversität. Zudem ist Ammoniak stark beteiligt an der Bildung von Feinstaub und kann somit Asthma und andere Lungenkrankheiten auslösen.

Treibhausgase aus Kuhmägen

Die Tierhaltung verursacht ausserdem beträchtliche Mengen an Treibhausgasen. Aus Ammoniak wird vielfach Lachgas – ein Treibhausgas, das 300-mal klimaschädlicher ist als CO2. In der Schweiz stammen 80 Prozent dieser Emissionen aus der Landwirtschaft.

Die Nutztierhaltung – insbesondere von Rindern – ist für ebenfalls etwa 80 Prozent der Gesamtemissionen von Methan in der Schweiz verantwortlich. Dieses Gas entsteht in grossen Mengen bei der Verdauung von Wiederkäuern. Methan ist rund 25-mal klimaschädlicher als CO2.

Was tun?

Der Handlungsbedarf ist gross. Weitermachen wie bisher ist aus ökologischer Sicht nicht zu verantworten. Was tun?

Eine sehr deutliche Reduktion der Tierbestände, vor allem der Schweine und Rinder, ist unausweichlich. Erfahrungen in Dänemark zeigen zwar, dass technische Vorschriften einiges an Emissionen reduzieren können.

Ähnliche Massnahmen würden in der Schweiz die Ammoniakemissionen um etwa 20 Prozent verringern – so eine Schätzung von Expertinnen. Das betrifft aber hauptsächlich das Problem Ammoniak. Zudem genügt eine Reduktion um 20 oder auch 30 Prozent bei Weitem noch nicht.

Wenn wir die Ammoniak- und Phosphoremissionen der Landwirtschaft auf ein umweltverträgliches Mass verringern wollen, bleibt wahrscheinlich nur der Abbau der Tierbestände.

Bauern, Behörden, Konsumentinnen sind gefordert

Diese Forderung löst aber – verständlicherweise – bei den Bauern Widerstände und Ängste aus. Weil sich die Natur aber langfristig nicht überlisten lässt, müssen sich wohl alle Beteiligten ernsthafte Gedanken machen. Die Landwirtinnen sollten ernsthaft Alternativen suchen und ausprobieren; die Behörden müssen Vorschriften endlich durchsetzen und Anreizsysteme anpassen.

Und nicht zu vergessen: Auch wir Konsumenten sind stark gefordert. Eine Studie im Auftrag des WWF hat kürzlich gezeigt, in welchem Ausmass auch wir betroffen sind: Um eine «gesunde Ernährung für die Menschen zu gewährleisten», müssten wir in der Schweiz den Konsum von rotem Fleisch drastisch einschränken – auf etwa 100 Gramm pro Woche! Zudem müssten wir auf etwa zwei Drittel der aktuell verzehrten Milchprodukte verzichten. Und wir könnten mit etwas höheren Preisen für unsere Lebensmittel konfrontiert werden.

Da stehen wir wohl alle vor grösseren Aufgaben. Packen wir sie an!

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Steve Mallet
    Steve Mallet, 13.11.2020, 09:18 Uhr

    Das ist eine uralte Erkenntnis…

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