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Wir sind noch (ein bisschen) Jäger und Sammler

Herbstlicher Genuss mit kaum bekannten Wildfrüchten

Bei einem Spaziergang durch den herbstlichen Wald lässt sich so einiges sammeln. (Bild: Pixabay)

Ein Spaziergang in der Natur, offene Augen und ein paar grundlegende Kenntnisse über wildwachsende Pflanzen – schon kann's losgehen. Der Herbst hat angerichtet und bietet dem aufmerksamen Wanderer leckere Wildfrüchte an. Beeren, Nüsse, Pilze. Einsammeln, verarbeiten und geniessen. Einen besonderen Genuss bieten dabei weniger bekannte Früchte wie die Kornelkirsche, Schwarzdorn oder Buchennüsschen.

Auch wenn der Weg zum Ziel manchmal steinig, ja oft auch frustrierend sein kann, es lohnt sich trotzdem. Wurmstichige Beeren, faule Wildbirnen oder zu Pulver zerfressene Nüsse gehören einfach dazu. Aber wer den manchmal erheblichen Aufwand nicht scheut, erntet vielleicht nicht nur feine Früchte, sondern auch grosse Zufriedenheit.

Womöglich liegt es uns im Blut? Jäger und Sammler waren wir vor vielen Tausend Jahren, bevor wir die Vorteile der Sesshaftigkeit erkannten. Was früher überlebenswichtig war, ist heute vielleicht eine Freizeitbeschäftigung mit angenehmem Nebeneffekt.

Unsere Beziehung zu Nahrungsmitteln ändert sich, wenn wir für ein paar Gläser Wildfrüchte-Konfi mehrere Stunden aufgewendet haben. Und nicht zuletzt führt es uns eindrücklich vor Augen, wie uns Kultursorten, über Jahrtausende aus wildwachsenden Urformen gezüchtet, das Leben vereinfacht haben.

Auf in den Wald

Das Pilzesammeln überlassen wir vorerst den ambitionierten Pilzlern, birgt doch der Verzehr eines unbekömmlichen Pilzes ein erhebliches Gesundheitsrisiko. Wer es trotzdem wagt, dem sei die kostenlose Pilzkontrolle empfohlen (von August bis Oktober, jeweils Montags ausserhalb der Schonzeit im Naturmuseum Luzern).

Das Sammeln von Beeren und Nüssen hingegen ist weniger problematisch. Ein paar wenige Wildfrüchte sind giftig und sollten nicht gesammelt werden. Dazu gehören Liguster, Wilder Wein oder Eibe. Einige Wildfrüchte sind in rohem Zustand giftig (beispielsweise die Vogelbeere), verlieren aber ihre giftige Wirkung durchs Erhitzen. Die nachfolgend vorgestellten Wildfrüchte gehören zu meinen Lieblingen und können zum Teil jetzt noch gesammelt werden.

Die saure Rote

Bereits im zeitigen Frühling macht die Kornelkirsche durch gelbe, zart duftende Blüten auf sich aufmerksam. Der Tierlibaum, wie dieser einheimische Wildstrauch auch genannt wird, ist eine wichtige Nahrungspflanze für Insekten und Vögel.

Der Strauch eignet sich nicht nur für Hecken und Waldränder, sondern macht auch im Privatgarten eine gute Figur, etwa als Biodiversität-fördernde Alternative zu den (leider) verbreiteten, ebenfalls früh blühenden, aber «wertlosen» Forsythien.

Die Kornelkirsche ist keine Unbekannte. Ansammlungen von Kernen aus der Pfahlbauzeit belegen die frühe Nutzung. Der Wildstrauch wurde bereits vor Hunderten von Jahren auch in Gärten und Parks gepflanzt, wo er zu stattlichen Bäumen heranwuchs. Heute finden sich auch in der Schweiz wieder vermehrt flächige Kulturen, wo Früchte für die Edelbrand- und Konfiproduktion angebaut werden.

Im Spätsommer und Herbst erfreuen uns dann die Früchte. Diese sind glänzend rot, länglich und etwa zwei Zentimeter lang, enthalten rotes Fruchtfleisch und einen länglichen Steinkern. Für die Herstellung der schmackhaften Konfitüre kocht man die möglichst reifen, also dunkelroten Früchte, mit dem Stein weich. Danach presst man sie durch ein grobmaschiges Sieb, sortiert die Steine aus, um das Mus anschliessend mit Zucker einzukochen.

Kornelkirsche (Bild: Wikimedia Commons)

Die herbe Blaue

Sie sehen aus wie kleine Zwetschgen und sind zumindest in den noch belaubten Sträuchern nicht so einfach zu entdecken: die Früchte des Schwarzdorns, auch Schlehe genannt. Der Schwarzdorn wächst oft als Strauch, in hohem Alter auch baumähnlich. Typisch (und gefürchtet) sind die langen Dornen, die eigentlich umgewandelte Seitentriebe sind.

Besser bekannt als die herbstliche Beerenpracht sind die auffällig weissen Blüten, die bereits im März und April sonnige Waldränder und Hecken schmücken. Die frühe Blüte und die zahlreichen Früchte machen Schwarzdorn für Tiere zu einem der wertvollsten Wildsträucher. Die blauschwarz, leicht bereifte Frucht, reift im Sommer und Herbst heran und ist oft erst im Oktober oder November geniessbar.

Die Früchte bleiben den Winter über am Strauch. Das Fruchtfleisch ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach dem ersten Frost wird es schmackhafter. Durch den Frost werden die reichlich vorhandenen Gerbstoffe teilweise abgebaut. Diesen Prozess kann man (zum Glück) auch künstlich herbeiführen, indem man die Früchte vor der Verarbeitung einige Tage oder Wochen in den Tiefkühler legt. Aus den Früchten lässt sich danach eine feine Konfitüre herstellen.

Schwarzdorn. (Bild: Wikimedia Commons)

Die aromatische Braune

Besonders in sogenannten Mastjahren, in welchen die Buchen besonders viele Früchte tragen, ist das Sammeln der Buchennüsschen eine Freude. Die dreikantigen, länglichen, etwa ein Zentimeter großen Nüsschen sitzen zu zweit in einem kurz gestielten Fruchtbecher und fallen im September zu Boden. Im 19. Jahrhundert wurde aus den Nüsschen Lampen- und Speiseöl gepresst. Und wie Eicheln dienten die Früchte auch als Kaffeeersatz.

Die braun glänzende Schale ist zwar zäh, lässt sich aber mit etwas Übung leicht entfernen. Da die Nüsschen im rohen Zustand leicht giftig sind, müssen sie vor dem Verzehr geröstet werden. Das innenliegende Häutchen fällt beim Rösten oft ab, kann aber problemlos gegessen werden. Durchs Rösten werden die Bucheckern oder Bucheln, wie sie auch genannt werden, nicht nur geniessbar, sondern entfalten auch ein ganz feines Aroma.

Als Topping auf einem herbstlichen Salat sind sie eine nicht alltägliche Delikatesse. Und was nicht auf unseren Tellern landet, findet früher oder später Platz, in einem Mäuse- oder Vogelbauch. So sind die winterlichen Masseneinflüge von nordischen Bergfinken, mit Millionen nahrungssuchender Tiere, auf die in diesen Jahren oft massenhaft vorhandenen Buchenfrüchte zurückzuführen.

Buchennüsschen. (Bild: Wikimedia Commons)

Sammeln zu allen Jahreszeiten

Die Palette an kulinarisch interessanten Pflanzen ist gross. Ein paar Wochen nach dem letzten Schnee erscheinen die zartgrünen Blätter des Bärlauchs, Grundlage für einen herrlichen Pesto. Mit steigenden Temperaturen beginnt da und dort der Schwarze Holunder zu blühen. Aus den weissen Blüten lässt sich mit wenigen Handgriffen ein Holunderblütensirup herstellen.

Der Sommer geizt natürlich nicht mit Wildfrüchten: Walderdbeeren, Him- und Brombeeren und in höheren Lagen Heidel- und Preiselbeeren. Beliebt sind auch die Suppe aus Brennnesseln und die Würze zahlloser Kräuter wie z.B. wilder Thymian. Der Herbst ist die Zeit der Nüsse und weiterer Beeren: Baum- und Haselnüsse, Buchennüsschen, Sanddorn, Hagebutte, Kornelkirsche, Mispel oder Speierling. Schwarzdorn-Beeren schliesslich lassen sich weit in den Winter hinein finden.

Sammeln ja, aber richtig

  • Rücksicht nehmen auf Eigentum. Kein Sammeln in Privatgärten und in Schutzgebieten.
  • Nur Früchte sammeln, die man kennt. Im Zweifel ein gutes Bestimmungsbuch oder noch besser eine Fachperson um Rat fragen.
  • Früchte nur sammeln, wenn sie ohne Beschädigung der Sträucher oder Bäume erreichbar sind
  • Früchte zu ihrem optimalen Reifezeitpunkt und in bestmöglicher Qualität sammeln. Was generell für Früchte gilt, gilt ganz besonders für Wildfrüchte. Je besser das Rohmaterial, desto besser das Endprodukt.
  • Wurmstichige, faule oder schimmlige Früchte sollten bereits vor Ort aussortiert werden, da schlechte Früchte auch die noch intakten Früchte infizieren können
  • Wer sich bereits im Frühling die Standorte für die herbstliche Ernte merkt, muss im Herbst nicht lange suchen
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Ina
    Ina, 20.11.2020, 12:36 Uhr

    Danke für diesen Beitrag und die tolle Aufzählung der essbaren Früchte aus unseren Wäldern.

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