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So gelingt die lokale Schmetterlingswiese

Ärger im Surseer Schmetterlingsparadies

Die erwachsenen Schachbrettfalter saugen praktisch nur an violetten Blüten wie Disteln und Flockenblumen. (Bild: O. Seitz)

Schnell eine Saatgutmischung im Garten verstreuen, Blumen wachsen lassen und sich über die bunten Schmetterlinge freuen. So einfach ist dies leider nicht, denn wo «Schmetterlingsparadies» draufsteht, steckt dies nicht unbedingt drin. Ein Fall in Sursee sorgte bei einer Betroffenen für viel Ärger.

Eine Bekannte aus Sursee wollte eine Fläche in ihrem Garten als Schmetterlingswiese ansäen und kaufte sich dafür eine Mischung in einem Luzerner Supermarkt. Es kursieren Namen wie «Schmetterlingstreffpunkt», «Schmetterlingsparadies» oder «Schmetterlingswiese». Auf der Saatguttüte fand ich jedoch eine Menge exotischer Zierblumen: Was soll das den einheimischen Faltern nützen? Leider erzählte mir meine Surseer Bekannte erst nach der Ansaat davon und so nahm das Debakel seinen Lauf.

Wirrwarr mit den Begriffen

Wenn auf einer Packung «Schmetterlingswiese» steht, denken die meisten Menschen, dass die Saatmischung die einheimischen Schmetterlinge fördert und daraus eine Wiese entsteht. Dies ist zwar bei einzelnen Mischungen der Fall, bei anderen handelt es sich leider nur um schlecht gemachtes Greenwashing. Für Nicht-Fachleute ist das schwierig zu erkennen und es herrscht im wahrsten Sinne Wildwuchs. Ich versuche daher, das Durcheinander ein bisschen zu entwirren.

Keine Wiese ohne Gräser

Eine Wiese ist bei uns in Mitteleuropa eine Fläche mit Gräsern und Blumen. Sie wird gemäht und dient üblicherweise der Heugewinnung. Die Wiesen, die wir aus der Landwirtschaft kennen, sind durch den menschlichen Einfluss entstanden. Einjährige Wiesen gibt es nicht. Komisch also, wenn auf einer Packung «Schmetterlingswiese (einjährig)» steht. Ausserdem gibt es hierzulande keine Wiesen ohne Gräser: Wenn in der Mischung keine Gräser sind, ist es folglich auch kein Wiesensaatgut. Wer hingegen nur für eine Saison Blütenpracht will, wählt dafür eine einheimische, einjährige Wildblumenmischung. Hier ist Beratung wertvoll, weil es viel Unsinniges auf dem Markt gibt. Fehlen Angaben zu den enthaltenen Pflanzenarten, sollte man gleich die Finger von der Mischung lassen.

Sieht hübsch aus, hat aber nichts mit Schmetterlingsschutz zu tun – eine bunte Mischung mit exotischen Gartenblumen.
Sieht hübsch aus, hat aber nichts mit Schmetterlingsschutz zu tun – eine bunte Mischung mit exotischen Gartenblumen. (Bild: Pixabay)

Schmetterlinge entstehen nicht aus dem Nichts – ohne Raupen gibt es keine Falter

Tagfalter haben einen speziellen Lebenszyklus – viele kennen das noch aus der Schule: Die Weibchen legen Eier, daraus schlüpfen Raupen und diese verpuppen sich. Aus der Puppe schlüpft ein erwachsener Falter, der sich paart und wieder Eier ablegen kann. Der Kreis schliesst sich. Die Schweiz ist ein besonderer Tagfalterhotspot: hierzulande leben über 200 Arten und damit über 40 Prozent aller in Europa bekannten Tagfalterarten!

Jede dieser Arten hat ihren eigenen «Lebensentwurf» mit Vorlieben für Lebensräume, Raupenfutter- und Nektarpflanzen. Hinzu kommt, dass die Raupen oft andere Pflanzen als die erwachsenen Falter brauchen. Klar ist: ohne Raupen keine Falter! Wenn wir also Schmetterlinge im Garten wollen, sollten wir genug Futter für Raupen und auch für fliegende Falter anbieten.

Exoten sind für Schmetterlinge wertlos

Wenn ich nun die Packungen mit den exotischen Zierblümchen anschaue, kann ich nur den Kopf schütteln. Diese Blumen sehen zwar schön aus, dienen aber nicht als Raupenfutter. Die erwachsenen Falter finden hier allenfalls etwas Nektar – aber wo sollen diese denn ohne vorherige Raupengeneration herkommen? Einheimische Falter haben sich über eine lange Zeit zusammen mit den einheimischen Pflanzen entwickelt und bevorzugen daher ganz bestimmte Blüten. Beliebt sind etwa violette oder gelbe Korbblütler und Kleearten. Wertvoll sind auch früh oder spät blühende Arten wie Wiesenschaumkraut oder Wasserdost, weil zu diesen Zeiten Nektar rar ist.

Schmetterlingswiese ohne Reinfall: So geht’s!

Für die Ansaat einer Wiese empfehle ich eine Beratung. Das Saatgut muss zum Standort passen und soll nur einheimische Arten aus regionaler Herkunft enthalten. Wichtig ist die sorgfältige Bodenvorbereitung: Die Erde mit einer Maschine fräsen oder umstechen und vier Wochen setzen lassen. Essenziell ist auch der richtige Saatzeitpunkt von April bis Mitte Juni. Die Saat gut andrücken. Die Mahd muss ebenfalls für die Tagfalter passen: zweimal jährlich im Juni und August – im ersten Jahr abweichend.

Etwa ein Viertel der Fläche lässt man bei jedem Schnitt stehen. Das alte Gras beim nächsten Schnitt wieder mähen und an anderer Stelle etwas stehen lassen. Aber was soll das bringen? Altgras ist die Kinderstube vieler Schmetterlinge – Eier, Raupen und Puppen verbringen hier den Winter. Wenn wir alles sauber abschneiden und entfernen, fehlt der Nachwuchs und im nächsten Jahr findet das bunte Flattern nicht statt.

Wenn man grad keine Walze zum Andrücken der Saat hat helfen zwei mit Klebeband befestigte Brettchen an den Schuhen – und die Zuschauenden haben auch noch etwas zum Lachen!
Wenn man gerade keine Walze zum Andrücken der Saat hat, helfen zwei mit Klebeband befestigte Brettchen an den Schuhen – und die Zuschauenden haben auch noch etwas zum Lachen! (Bild: M. Kieffer)

Schmetterlingsschutz ist Lebensraumschutz

Im eigenen Garten und Haushalt kann ich viel für die farbigen Insekten machen: giftfrei und ohne exotische Problempflanzen gärtnern sowie mit dem Einkauf eine umweltfreundliche Landwirtschaft unterstützen. Zusätzlich kann ich mich lokal und regional für mehr naturnahe Flächen einsetzen, etwa in einer Naturschutzgruppe. Schliesslich sollten wir uns auf allen Ebenen für intakte Landschaften starkmachen. Dies ist nämlich keineswegs selbstverständlich – die langen roten Listen mit gefährdeten Arten zeigen ein düsteres Bild.

Am Ende war der Ärger gross

Meine Bekannte aus Sursee hatte ihre Fläche mit viel Arbeit hergerichtet für die Saat mit einer banalen Zierpflanzenmischung. Und wirklich, sie blühte im Sommer farbenfroh. Zu Besuch kamen vor allem Weisslinge und andere häufige Falter – allerdings nicht allzu viele. Im Herbst prägten dürre Stängel und vergilbte Blätter das Bild. Die Überraschung kam dann im nächsten Frühjahr: Zwischen den schönen Blumen hatten sich unbemerkt Winden, Hahnenfuss, und Blacken angesiedelt und wucherten nun fröhlich vor sich hin. Fluchend machte sich meine Bekannte daran, wiederum mit viel Handarbeit den Boden für eine Neuansaat herzurichten.

Sie fand das stundenlange Ausgraben der Wurzeln gar nicht lustig und schimpfte über «Etikettenschwindel» und «Kundentäuschung». Sie würde nie wieder eine solche Mischung kaufen! Schliesslich hatte sie keine Lust, jedes Jahr wieder neue Samen zu bezahlen und die ganze Arbeit von vorne zu beginnen. Und dass das Ganze den Schmetterlingen gar nichts brachte, ärgerte sie noch viel mehr. Den gleichen Unsinn findet man leider auch bei den Wildbienen – die sind momentan auch grade in Mode und werden kommerziell ausgeschlachtet.

Also: Echten Schmetterlingsschutz findet man selten im Supermarkt. Übrigens: Wir haben dann zusammen noch eine richtige Blumenwiese in Sursee angesät und diese macht bis heute Freude. Es fliegen Aurorafalter, Hauhechel-Bläuling, Schwalbenschwanz, C-Falter und noch viele weitere Arten zur Wiese.

Wer gerne ein echtes «Schmetterlingsparadies» sehen möchte, kann einmal in Luzern über die Allmend oder durch den Landschaftspark Friedental spazieren, dort gibt es tolle angesäte Wiesen zu entdecken. Schöne, schmetterlingstaugliche Wiesen gibt es zudem bei den Kantonsschulen Sursee und Beromünster.

Wer mehr über Biodiversität im Garten wissen möchte, wendet sich an die Umweltberatung Luzern. Wir informieren auf unserer Webseite und beraten die Bevölkerung des Kantons Luzern kostenlos zu verschiedensten Umwelt- und Energiethemen.

Eine angesäte Wiese – sie bietet Schmetterlingen langfristig einen Lebensraum.
Eine angesäte Wiese – sie bietet Schmetterlingen langfristig einen Lebensraum (Bild: M. Kieffer)
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