Literatur
Blog
Pablo Haller

Zu Prometheus

(Bild: zvg)

Er brachte den Menschen das Feuer und begründete damit die Zivilisation. Zur Strafe liess ihn Göttervater Zeus an das Kaukasusgebirge ketten, wo ein Adler regelmässig seine Leber frisst, die sich immer wieder erneuert. Die beiden Texte «Läberli» und «Füür» setzten sich mit dieser Thematik auseinander.

Die kursiven Teile sind Leberreime, eine bis ins 16. Jahrhundert zurückreichende Form improvisierter Scherzgedichte. Sie wurden an passenden Stellen in den Textkörper implantiert.

läberli

mönsche mache, chatze bache, verbrönnti ärde henterloh

äsche esch ned nor zom dönge guet

& sowiter & so fort

& läberli

 

s bistro hed höt fröschi läberli

no e fläsche, heidi!

& si nemmt  e wi!

& läberli …

zwöi vo dene wonderbare  läberli!

 

—–

 

prometheus, er hangt ede wand

kene chräit noch ehm

wie ne esel ede wand

e scharfe schnabel hackt is fleisch

weisch, weisch, weisch, wa isch!?

 

—–

 

ede härd em tal e wüeschti gluet

e hässige föhn, wo schüür um schüür

dorf om dorf abtreit

d buebe & d meitschi send em chlee

wo de früehlig es welds ärdbeernäscht baut hed

är suecht chriesi em nasse vollmondliecht

 

& läberli, eis vo dene wonderbare, haarige läberli

& cervilasalat, chässchnette, bluetworscht

& läberli

 

so e nöi läbere esch wie es nöis läbe

 

wele alki träumt ned devo

jede tag e neui läbere z becho?

steck, steck, steck, steck

steck dini fädere i d läbere

schrib d stories wo de soff chotzt

 

em wissrum ghört dech kene schreie

e landschaft gspreizt bes brösmelet

überem damm esch em arsch

läbe ofre falltör

plomps & klo & sowieso

& läberli, zwöi vo dene wonderbare, blutverschwetzte läberli

 

d nacht muess doch no öppis härgah

«lieber nüt z nacht / als z nacht nüt»

mer strited üs wie chend om spelzüg

ech & das opfer vom ne morge

 

«Die Leber ist von einer Kuh und nicht von einer Ziege.

Ich sage lieber nichts dazu, in welchem Bett ich liege.»

 

de tag brecht a

die erschte zirrhosene zirrid

die erschte hepatype fahred zor arbet

prometheus, er hangt ede wand

kene chräit noch ehm

er muess ned go schaffe

flögelschläg fächered loft zue

 

es mormeli pfifft e gruess

verschwendt i bau

es dröhne, wie ne gschwolscht

lüter, lüter …

schnabel, schnabel!

zwöi kilo läbe

gierig, gierig!

wele alki träumt ned devo

jede tag e neui läbere z becho?

 

zvell drom, zwenig drenn

i wend & wolke, flöss & sonne

esch all so onglaublech glich

wie chasch vorusdänke wenn zroggluege muesch

zwösche zwöi flögelschläg setzts härz us

2.7 sekonde

ohni ässe, trenke, schlaf

ohni sonnebrille, greme, huet, onterhaltigsprogramm

 

& läberli

emmer weder

ohni läberli

 

zwöi vo dene wonderbare läberli!

& läberli!

& si e wi!

no e fläsche, heidi!

em bistro gets höt fröschi …

 

& läberli!

& so witer & so fort

äsche esch ned nor zom dönge guet

mönsche mache, chatze bache, verbrönnti ärde henterloh

 

füür

s füür chonnt zrogg of d ärde

us heitrem hemmel

ede nacht

 

s füür chonnd zrogg id stadt

– am morge früeh

zuefälligi hirechtige –

ziel wählt mer sech ned us

sie dränget sech eim uf

 

dörlöcherets bläch

schärbe, uswis

& paar körper

wo do leggid

tot & schön

 

wie mer so seid

de fall erledigt

quid pro quo & sowieso

 

—-

 

chrieg esch vor allem warte

seid eine wos muess wösse

lang passiert nüt

denn ganz schnell öppis

denn weder lang nüt

 

zerfrässni gsechter

vercholti stömpf

äsche esch ned nor zom dönge guet

tod & schön

of dampfende ächer

si wärdet zroggcho eines tages

si chömid als blueme zrogg

 

«send me dead flowers in the morning»

 

mer macht plän

plän för de chrieg

plän för de frede

verhandlet

 

wär fohd a

wär ged uf

wäm nötzts?

 

de zöis haltet en red

er weiss no ned

dasser abgsetzt esch

 

de zöis redt us färnsehs

ade langstross, in thai-take-aways

zöis redt us färnses

zor allgemeine lag

alles lachet ede beize

dihei of de couch

em kreissaal vo de gägewart

 

«Die Leber ist von einem Hecht und nicht von einem Reiher.

Dem Staate geht es ziemlich schlecht, es kreisen schon die Geier.»

 

en herrscher ohni macht

wie nes baby blott & helflos

 

send me dead flowers with the news

 

er malt met chride en chreis

zit wird no jede fäls abträge

s füür chonnt vom hemmel zrogg of d ärde

 

es ged nüt me z frässe

aber es god au so

wenn hesch z letchmol fährnse gseh?

es god au so

es git keh tribschtoff me!

aber es gad au so

 

d armee reglet vercher ufre lääre chrüzig

bevölkerung wird unter d ärde verleit

 

jünglinge warted bibbernd uf de feind

sie seiched sech id hose und schreid noch em mami

mami! mami! mami!

mueter, werom hesch du mech verloh!

herr, i dini händ legg esch min schoss …

eine vergiftet sini familie während de listz mondscheinsonate spilt

en premier-minischter lütet vom flughafe a isch niemmer do

wo ihn abholt

niemmer, niemmer wit & breit

em lazarett operiert ein betrukne arzt arzt in frauechleider en blinddarm use

mitre konsärvebüchsdeckel und auf de falsche site

 

und wenn das d höll isch seid eine, denn musses irgendwo no en himmel gäh

ned umgekehrt

 

en schwarzi witwe lohd sech id loft

wäeret emne rockkonzärt

was send das für auge

henter däm schleyer

was send das för gfühl, was för gedanke

henter dene auge

 

e lääri nato kasärne

wird gstörmt vom mob

e tunnel fresst sech döre bärg

die einzig verbendig

zom muetterland

bärge send au nor mure

mure, wo mönd gheie

harekrishnas tanzed singend dur druine

thai mönche in ss-uniforme

sind ines hotel gflohe

i de nöchi vo nürnberg

es ruhiget

ömu

 

«Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Verwegenheit. Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt –den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten …» (Filippo Tommaso Marinetti: Manifest des Futurismus, erschienen in: Le Figaro, Paris, 20. Februar 1909)

 

chomm met! chomm met!

chomm!

chomm scho!

chomm met! chomm met!

chomm doch!

chomm!

 

was  han ech do verlore

– gang elei

 

alli spilid nor no um verloreni zit

& eine tuuschet bimne strube dealer rum gäge zit i & zit gäge rum

was eim ächt düre chopf gahd wenner ade wand staht?

 

dieser junge mann hat einen pass abgegeben uuund schuss – die kugel zerfetzt den kopf des keepers. ist das zu glauben? Sehen sie die vorbereitungen für diese spektakuläre aktion. ist das nicht herrlich? 

 

propagandakopfschuss

körper tribet em floss

bleich & ufdunse

 

niemmer wott ergendöppis gseh ha

keine wott ergendöppis ghört ha

keine wott ergendöppis säge

 

die intervention

ade gränze vor legaliät

zwöimal gälb isch rot

und jetzt flangge

rächts usse

do gits kes offside

nur on- & off-chnöpf

– wie fühlt sich das wohl a

wemmer usgschalte wird?

 

e drockwälle

s füür chonnt zrogg

als energie

 

warms bluet gorglet em rache

e hand wo sech drenn wäscht

dörs muul im rache

 

s füür chonnd zrogg of d ärde

usem hemmel

am morge früeh

Themen
Literatur
Blog
Ob Kurzgeschichten, Kolumnen, Lyrik oder Romanauszüge: In diesem Blog bieten wir Zentralschweizer Literaten eine Plattform, ihre Texte zu teilen und den aktiven Austausch zu suchen. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon