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Martina Clavadetscher

Schwimmbad Dramolette

(Bild: Emanuel Ammon/ Aura)

Martina Clavadetscher – Acht Kinder halten sich an den Schultern und spazieren unter den laufenden Duschen hindurch…

1. Bei den Duschen

Acht Kinder halten sich an den Schultern und spazieren unter den laufenden Duschen hindurch.
Ganz vorne die Schwimmlehrerin, eine Frau in Badeanzug.

 

FRAU

Die Lokomotive läuft läuft läuft
durchs Duschenland,
tschu tschu tschu tschu – halt.
So, bevor ihr rausgeht, tut ihr noch die Füsse desinfizieren.

Ein Gedrängel vor dem Desinfektionsspray an der Wand.

 

JUNGE

Frau Langenegger, der Joel hat sich die Füsse nicht «infisiert».
FRAUDesinfiziert.
JUNGEEr ist schon rausgegangen ins Wasser.
FRAUJa, das ist nicht so gut.
JUNGE

Er kriegt einen Pilz.

FRAU

 

Nein nein, Gian.
So, jetzt setzen sich alle an den Beckenrand und beginnen mit den Füssen zu stampfen, stampfen, Wasser marsch!

JUNGEDas ist verboten. Das gibt Pilz. Das steht auf dem Schild.
FRAU

Gian, jetzt fang bitte nicht wieder damit an.
Komm, Wasser stampfen.

JUNGE

 

Und das Schild da sagt, es ist verboten einen Kopfsprung zu machen.
Und da drüben dürfen die Kinder nicht rein.

FRAUGian, setz dich doch auf die Bank.
  

2. In der Umkleidekabine

 

Bei der Haartrocknestation.
Es wird geföhnt, zwei Frauen stehen vor dem Spielgel.

 
FRAU 1Entschuldigung, darf ich Sie etwas fragen?
 Ja sicher.
FRAU 1Diese Haarbürste, woher haben Sie die? Die finde ich so schön.

Im Mittelpunkt ist jetzt die Haarbürste: eine Bürste, deren Hinterseite ein silberner Engelsflügel darstellt.

 

FRAU 2

 

Ja, die ist toll. Die hab ich von einer Freundin, die ist Coiffeuse.
Wenn ich meiner Tochter damit die Haare bürste, dann jammert die nicht ein einziges Mal. Moment, da steht keine Marke drauf, aber sie hat auch so eine.

Die Frau zeigt auf eine dritte Frau, die auf der Bank sitzt.
Die Frau streckt den beiden sofort ihre Engelsflügel-Bürste entgegen.

 

FRAU 3

Ja. Ich hab sie auch aus einem Friseurgeschäft. Die kriegt man in den normalen Läden nicht. Hier steht eine Marke. «GoldenHair».

Die drei Frauen schauen auf die Bürste.
Eine vierte Frau kommt zur Föhnstation.
Die vierte Frau föhnt hastig ihr Haar und durchkämmt es behelfsmässig mit den Fingern.
Dann geht sie entspannt zurück zu den Schliessfächern.
Alle schweigen.



 

3. Bei den Schliessfächern

Eine angezogene Mutter hilft ihrem Kind beim Anziehen.
Dicht neben ihr steht eine ältere Frau – splitternackt.

 

ÄLTERE FRAU 

Das war gewaltig am Wochenende, finden Sie nicht auch. Diese Wärme.

MUTTER

Ja wunderbar, wir waren oben in Rickenbach und da hatte es sogar schon Schneeglocken.
ÄLTERE FRAU  gespielt erstauntIst nicht wahr…
KINDDoch. Weisse.
ÄLTERE FRAU Das ist doch nicht wahr.
MUTTERDoch. Wir dachten auch: Ja, da schau her.

Die ältere Frau steht immer noch splitternackt da.
Sie schüttelt lachend den Kopf und stützt ihre Hände in die Hüfte.

 
ÄLTERE FRAUUnglaublich, ich hab dem Hans auch gesagt, das stimmt doch nicht, weil letztens kam der zurück und hat gesagt, du, oben hat es schon  Schneeglocken. Ich hab’s ihm nicht geglaubt, doch dann war ich gestern selber oben und tatsächlich. Im Februar!
MUTTERJaja.
ÄLTERE FRAUAber das ist doch der Wahnsinn. Nicht? Das ist doch nicht normal.
MUTTERJaja.
Die Frau steht immer noch nackt da und schüttelt den Kopf. Sie lächelt dem Kind zu. 
MUTTERSo, komm Noemi, wir müssen vorwärts machen.
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