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Christine Weber

Fischfutter in Siem Reap

Fisch-Fussmassage in Siem Reap, Cambodia. (Bild: Fotolia/ Mark Higgins)

Christine Weber – Ein Fisch klebt am Aquarium, sein Maul drückt sich ans Glas, der Schwanz zuckelt in schnellen Bewegungen hin und her. Der Fisch dreht sich um, schwimmt zurück zum Schwarm, gesellt sich zu den anderen, einige Tausende müssen es sein.

Ein Fisch klebt am Aquarium, sein Maul drückt sich ans Glas, der Schwanz zuckelt in schnellen Bewegungen hin und her. Der Fisch dreht sich um, schwimmt zurück zum Schwarm, gesellt sich zu den anderen, einige Tausende müssen es sein. Sie knabbern am Fleisch, das Touristen in Form ihrer Füsse ins Becken hängen lassen. Die Fischchen schnappen nach kleinen Hautfetzchen, wedeln hurtig herum. Die Frau lacht ob dem Kitzeln und zieht mit einem spitzen Schrei den Fuss aus dem Bassin. Dabei rutscht der Träger ihres Shirts zur Seite, weiches Fleisch quillt unter ihrem Oberarm hervor. Sie wirft den Kopf zurück und sagt etwas zu ihrem Begleiter, dessen Füsse noch inmitten der Fische baumeln, die fleissig lutschen und saugen.

Winzige Stückchen weisser Haut sinken in Zeitlupe zu Boden, Würmchen europäischer Eitelkeit sammeln sich auf dem Grund des Beckens. Der Mann schaut auf seinen grossen Zeh, nimmt einen Schluck Bier und wendet dann den Blick vom Becken weg zum Strassenrand, wo sich langsam ein Gefährt in seine Reichweite heranbewegt hat und jetzt genau vor ihm stehen bleibt.
Es ist eine Art Motorrad, ohne Motor, aber mit Rädern und einer Plattform aus Holz, die als Sitzplatz dient.  Am Lenker ist eine blau angestrichene Fahrradkette befestigt, die senkrecht nach unten verläuft und sich von Hand ankurbeln lässt, so dass sich das Gefährt antreiben lässt.

Auf der Plattform sitzt ein Mann ohne Beine in kurzen Hosen und zeigt seine Beinstümpfe. Er streckt eine Büchse mit Münzen hin zu den beiden Touristen, die auf dem Beckenrand sitzen, und lacht sie mit einem Mund mit zwei schwarzen Zähnen breit an. Der Mann auf dem Beckenrand schaut weg und wackelt mit dem Zeh im Wasser, die Fische knabbern. Die Frau kichert, zieht sich den Träger über die Schultern und lässt ihre Füsse wieder ins Wasser gleiten. Der Mann ohne Beine rasselt noch einmal mit der Büchse, dann fährt er mit seinem improvisierten Gefährt davon.

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