«der verrückte und geniale dichter stirbt im alter von 65 jahren … » der tod des leopoldo maria panero
peter punk ist die liebe
& belle seine prinzessin
sie sucht im himmel
das geheimnis des nichts
all die verlorenen kinder
peter punk ist die liebe
& belle seine prinzessin
sie sucht im himmel
das geheimnis des nichts
all die verlorenen kinder
peter punk ist die liebe
& belle seine prinzessin
wo ist da der haken?
leopoldo maria panero – peter punk
1
yo en la vida siempre he vivido en el infierno
ich im leben habe immer gelebt in der hölle
psychiatrische klinik juan carlos I, las palmas, gran canaria
5. märz 2014
fifteen men over the dead man’s chest
fifteen men over the dead man’s chest
yahoo! and a bottle of rum!
ich bin peter punk
ich bin tinkerbell
ich bin schrank
& büchergestell
ledergilet, nietengürtel
stuck inside durchgangswelt
zug um zug
im offenvollzug
sweets & pepsi
zug um zug
kaum da schon weg
alles muss lösen
von körper
& was zu sein scheint
wie abziehbildchen
das irrenhaus des inglot
das kabinett des caligari
der wahn von moreau
dem dr. nazi
madness / pretending
on / of
push!
ein dichter muss ein mörder sein
um leben zu retten
wie sagte fierro?
fünf minuten mit dir leo
& alle meine dämonen sind wach
2
geh an den rand aller gefühle
dort findest du meine zeilen
wie sie purzeln über die klippen
grausame zärtlichkeit
wie ein fluch
des teufels kleiner bruder
in der arena liegt ein toter
es ist derselbe
der zwischen den worten liegt
das feuer kommt zurück auf die erde
vom himmel
in der nacht
das feuer kommt zurück in die stadt
frühmorgens
zufällige hinrichtungen
ziele wählt man nicht
sie drängen sich auf
nein – nein – nein – nein
nein – nein – nein – nein
nein – nein – nein – nein
nein – nein – nein – nein
was sind das für augen
hinter diesem schleyer?
was sind das für gedanken
hinter diesen augen?
wie kann man vorausdenken
wenn man zurückschauen muss?
zwischen zwei flügelschlägen
setzt das herz aus
2.7 sekunden
der tag bricht
die ersten zirrhosene zirren
in der arena liegt ein toter
es ist derselbe
der zwischen den worten liegt
3
aber schau doch
dort!
dort ist leben versteckt
ein funken
der an seinen qualen wächst
wie ein aschenbrödelprinz
wie eine dreckige blume
die auf den strich geht
ich kann immer nochauf den strich gehen
meinen tod feilbieten
meinen körper
als letztes gedicht
gott des lebens
gott des selbstmords
ich war der paria
der humpty dumpty
unter den engeln
der kleine bruder
des teufels
von dem der stürzte
wie ein komet
gott des lebens
gott des selbstmords
lichter leuchten
automotoren
eine fähre legt ab
psychiatrische klinik juan carlos I, las palmas, gran canaria
juan carlos brachte seinen bruder um
kain und abel und franco
4
& den frühling haben wir gedacht
& der frühling haben wir gedacht
der bleibt
in seinem violetten poloshirt
auf der grossen windinsel
bleibt der frühling
wir kommen & gehen
dichten gegen wahnsinn
der eine gegen den anderen
bin ich zwei oder mehr?
oder bloss der kleine bruder
des teufels?
ein heiliger?
ein loch ness monster?
(besonders mit den frauen)
bin peter punk
wersuchte meine liebe zu erklären
am leeren strand
wo sonnenschirme
und plastikliegestühle mit badetüchern drauf
auf touristen warten
unter dem sand
silencio
ich hörte zu saufen & huren auf
als meine mutter starb
es gibt tod der freimacht
es gibt tod der verkrampft
5
tastete mich stets durch träume
den traum den ich lebte
das leben das ich träumte
der süsse vogel der jugend
der ich war hinter masken
diabolischen, hilflosen, geistigen
verstiegen ins scheitern
weil scheitern schön ist
mein hirn ist eine rose
im blaulicht
ein letztes sirenenintervall
dann fort
ins loch
wahnsinn überkommt mich
sachen werden klarer
dann tranquillizer
elektroschocks
INSULIN! INSULIN!
ihr saht mich stets bloss als den verfluchten
den poet maudit
den lustigen kleinen
bruder vom teufel
genommen
rosette ist eine blutige faltenblume
in der arena liegt ein toter
es ist derselbe
der zwischen den worten liegt
ich töte mit meinen augen
ein dichter muss ein mörder sein
um das leben zu retten
ich schau sie an
sie denken nach
& bringen sich um
INSULIN! INSULIN!
«der verrückte und geniale dichter stirbt im alter von 65 jahren … »
der tod des leopoldo maria panero
yo en la vida siempre he vivido en el infierno<
ich im leben habe immer gelebt in der hölle
psychiatrische klinik juan carlos I, las palmas, gran canaria
5. märz 2014
literatur ist das einzige das mich rettet
literatur & geld
wellen schaben den strand sauber
in paris wollten sie mich töten
mit einem flammenwerfer
aber meine aura
schmetterte den angriff ab
kein haar verkohlte
ich werde nicht sterben
auch wenn sie mich erschiessen
wellen schaben den strand sauber
ist der wahnsinn bloss ne scheibe
wo ich hindurchschau in die welt
oder wo die welt reinguckt
zu mir?
bloss ne scheibe
die uns trennt?
alles schreiben ist sauerei
literatur & geld
SAVES
keine inspiration
keine muse
kein nichts
gedichte werden
aus gedichten geboren
entra! entra!
wahnsinn heisst wegsein
rauch ist alles was bleibt
von mir auf einer seite
die nicht da ist
bin peter punk
versuchte die liebe zu erklären
am leeren strand
& belle erwachte im gerichtssaal
ein einem roten kleid
rot
sie war beigott nie rot
in ihrem leben
die nacht der konspiratöre …
entra! entra!
«der verrückte und geniale dichter stirbt im alter von 65 jahren … »
als wäre das leben aus ihm rausgerollt
alle die tanzten
verstanden tag & zeit
warum war es mehr als gerechtfertigt
dieses immense menschliche leiden?
an jeder tür war ein tänzer
in dieser nacht
in weiss mit maske
& mit einem stück stoff an jedem ellenbogen
ich bin weggelaufen
als er bein für bein vertanzte
auge für auge
er, der bloss ein schwarzes stoffstück an einem ellenbogen hatte
wir gingen durch den tempel
wo sie jungfrauen häuteten
BELL … TINKER
HELL
der kleine bruder
& wir rubbelten den garten auf
wo die alten sterbenden sangen
es regnete
& dämmerte
& nach dieser nacht
war die erde nicht mehr
als kadaver & regen
& stimmen von alten frauen
die durch schatten flüsterten
yo en la vida siempre he vivido en el infierno
psychiatrische klinik juan carlos I, las palmas, gran canaria
5. märz 2014
Leopoldo María Panero (* Madrid, 16. Juni 1948, † Las Palmas de Gran Canaria, 5. März 2014) war ein spanischer Dichter, der dem Novísimos zuzuordnen ist. Er hat den Grossteil seines Lebens in psychiatrischen Anstalten verbracht und taucht unter immer wieder anderen Namen in den Büchern Roberto Bolaños auf. Die kursiven Stellen im Text sind Aussagen / Zeilen von Panero in der Übersetzung von Pablo Haller. |